Compliance: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und was Unternehmen von EU-Seite erwartet

Sind Sie vorbereitet und wurden die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in Ihrem Unternehmen vollumfänglich umgesetzt? Wurde eine Grundsatzerklärung durch die Unternehmensleitung erklärt und haben Sie die geforderten Risikoanalysen durchgeführt? Diese und viele weiteren Pflichten fordert das zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Danach sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Bei Nichtbeachtung drohen erhebliche Sanktionen.

Sie meinen, Sie haben alles Notwendige getan oder Ihr Unternehmen fällt aufgrund der Beschäftigtenzahl von unter 1.000 Arbeitnehmer*innen nicht in den Anwendungsbereich des LkSG? Dann ist das bislang richtig, allerdings muss das nicht mehr lange so sein. Schließlich steht auch die europäische Gesetzgebungsmaschinerie nicht still.

Sorgfaltspflicht: Entwurf zur EU-Richtlinie

Bereits vor einem Jahr hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) veröffentlicht. Im Dezember 2022 wurde der Entwurf vom Europäischen Rat verabschiedet. Das EU-Parlament wird sich wahrscheinlich im Mai damit befassen.

Der Entwurf verfolgt das Ziel, europäische Unternehmen zur Achtung der Menschenrechte und der Umwelt in ihrer eigenen Geschäftstätigkeit und entlang ihrer Wertschöpfungsketten zu fördern. Er verpflichtet die Unternehmen zum sorgfältigen Umgang mit den sozialen und ökologischen Auswirkungen ihres Handelns, inklusive direkten und indirekten Lieferanten, eigenen Geschäftstätigkeiten, sowie Produkten und Dienstleistungen.

Wie auch im nationalen LkSG müssen nach dem europäischen Entwurf Unternehmen die durch ihre Tätigkeit verursachten negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt ermitteln, verhindern, mindern, dafür Rechenschaft ablegen und über angemessene Unternehmensführungs- und Managementsysteme sowie Maßnahmen zur Erfüllung dieses Zwecks verfügen.

Unterschied zum nationalen LkSG

Von dem europäischen Entwurf sind Unternehmen mit 500 Beschäftigten und einem Mindestumsatz von 150 Millionen Euro umfasst, sowie Unternehmen ab 250 Beschäftigten und einem Mindestumsatz von 40 Millionen Euro, sofern davon 50 Prozent oder mehr in besonderen Branchen z.B. der Textilindustrie oder mit der Gewinnung mineralischer Ressourcen, erwirtschaftet wurden. Die Schwellenwerte bzgl. der Beschäftigten sind damit deutlich niedriger als im LkSG. Jedoch sieht das LkSG keine Umsatzschwellen vor. Weiterhin sind nach dem europäischen Entwurf die gesamte Lieferkette sowie Nutzer*innen und Entsorger von Produkten zu betrachten. Nach dem LkSG sind nur die direkten Zulieferer zu bewerten. Mittelbare Zulieferer erst, wenn tatsächliche Anhaltspunkte und damit überprüfbare und ernst zu nehmende Informationen bestehen, dass Menschenrechte oder Umweltbelange verletzt wurden. Ein entscheidender Unterschied liegt darin, dass der EU-Entwurf eine Haftung der Unternehmen bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten vorsieht, wenn diese zu einem Schaden führen. Das LkSG sieht eine solche Haftung nicht vor.

Nächste Schritte zur Sorgfaltspflicht in der EU

Nachdem sich das EU-Parlament mit dem Entwurf befasst, muss es von diesem und dem Rat verabschiedet werden. Anschließend haben die EU-Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationale Gesetze zu überführen. Das LkSG – obwohl selbst noch jung – müsste dann wohl angepasst und verschärft werden.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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