Finanz- und Liquiditätsplanung: Ein sinnvolles Instrument, das bald verpflichtend sein könnte

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Um langfristige unternehmerische Ziele umzusetzen, müssen die finanziellen Ressourcen den jeweiligen Erfordernissen entsprechen. Erreichen lässt sich dies mit dem Instrument der Finanz- und Liquiditätsplanung. Noch besteht keine allgemeine Planungspflicht, allerdings könnte sich dies bald ändern. Unternehmen sind aber dennoch gut beraten, dieses Instrument schon jetzt zu nutzen oder gegebenenfalls zu optimieren.

Risiken rechtzeitig erkennen

Mit der Finanz- und Liquiditätsplanung lässt sich die Entwicklung der Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens kurz-, mittel- und langfristig prognostizieren. Dies geschieht mittels Prognosemethoden und unter Berücksichtigung aktueller Marktgeschehnisse bei einem Großteil der Unternehmen (z.B. Stadtwerke) im November für das Folgejahr. Der Detailgrad variiert grundsätzlich mit dem Planungshorizont: Während die Liquiditätsplanung für die ersten beiden Jahre noch sehr detailliert sein kann (Basis ist meistens die jüngere Vergangenheit), entwickelt sie sich in den drei bis fünf Folgegeschäftsjahren zu einer weniger detaillierten Unternehmensplanung. Dieses Instrument gewinnt gerade im aktuellen, sehr herausfordernden Marktumfeld noch mehr an Bedeutung, da es nicht nur als Basis für unternehmerische Entscheidungen dient, sondern entscheidend ist, um Krisen früh zu erkennen.

In der Planung können dabei aktuelle Marktentwicklungen unterschiedlich integriert werden. Beispielsweise finden aufgrund der akuten COVID-19-Pandemie insbesondere die nach ihrer grafischen Darstellung so bezeichneten „V-, L- und U-Szenarien“ Berücksichtigung, die von unterschiedlichen gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie ausgehen. Das Risiko existenzbedrohender Finanzierungslücken, Zahlungsunfähigkeit oder drohender Überschuldung – wovon während der COVID-19-Pandemie viele mittelständische Unternehmen überraschend betroffen sind – kann rechtzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen können eingeleitet werden. So können Unternehmen notwendige Investitions- und Finanzierungsbedürfnisse besser einschätzen und mögliche Handlungsempfehlungen ableiten (Steuerungsfunktion). Die Planung dient zudem oftmals als Grundlage für die Kommunikation mit den Kapitalgebern, wie z.B. den Banken (Kommunikationsfunktion).

Kommt bald die Planungspflicht?

Die zunehmende Bedeutung der Finanz- und Liquiditätsplanung geht sogar so weit, dass die Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) laut Presseinformation 12/2020 eine „Planungspflicht“ für Unternehmen gefordert hat. Die Kodifizierung der Planungspflicht würde zudem die Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts ergänzen, die das Parlament derzeit diskutiert.

Neben der Steuerungs- und Kommunikationsfunktion können die Geschäftsführer außerdem mögliche Haftungsrisiken begrenzen, indem sie durch Unternehmensplanungen dokumentieren, ihre unternehmerischen Entscheidungen auf Basis „angemessener Informationen“ i.S. aktienrechtlicher Sorgfaltspflichten (sog. Business Judgement Rule, vgl. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) getroffen zu haben. Dieser unternehmerische Ermessenspielraum der Judgement Rule gilt auch für die Rechtsformen GmbH und die GmbH & Co. KG, welche in der Stadtwerkewelt am häufigsten vertreten sind.

Gerade in diesen sehr volatilen Zeiten ist die belastbare Finanz- und Liquiditätsplanung die Basis für den Erfolg des unternehmerischen Handelns geworden. Daher empfiehlt es sich für die Unternehmen sehr, darüber nachzudenken, dieses Instrument zu implementieren oder zu optimieren, zumal derzeit ohnehin eine allgemeine Planungspflicht diskutiert wird.

Ansprechpartner: Thomas Straßer/Tobias Sengenberger/David Klee

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