Gas ja, Wärme nein? Zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz
Die Gaskunden rechnen damit, ab 1.10.2022 mit zwei neuen Gasumlagen belastet zu werden: mit der Gasbeschaffungsumlage und mit der Gasspeicherumlage. Auf beide Umlagen würde im Einklang mit Art. 78 MwStSystRL die Umsatzsteuer anfallen.
Senkung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen – Wer profitiert?
Dies klärt sich bis zu einem gewissen Grad mit dem Entwurf eines Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz (BT-Drs. 20/3530). Dieses Gesetz bezweckt,
„die Endpreise für Gas jedenfalls hinsichtlich der Mehrbelastung durch die Umsatzsteuer… einschließlich der Gasumlage signifikant“ zu senken und „die Belastung der Bürgerinnen und Bürger“
abzufedern. Nach dem Entwurf soll § 28 UStG, welcher die zeitlich begrenzten Fassungen einzelner Gesetzesvorschriften regelt, um einen Absatz erweitert werden, wonach der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent vom 1.10.2022 bis 31.3.2024 „auch für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz“ gelten soll. Das Gesetz soll am 1.10.2022 in Kraft treten.
Offenbar sollen alle Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Selbständige sonstige Leistungen wie Gastransport, Gasspeicherung, Erdgasnetznutzung etc., die nicht Preisbestandteil einer Gaslieferung sind, sollen dagegen ungeachtet der geplanten Steuersatzsenkung für Erdgaslieferungen weiterhin mit 19 Prozent besteuert werden. Was die Lieferung von Fernwärme oder Fernkälte betrifft, so sieht der Gesetzesentwurf keine Herabsetzung des Steuersatzes vor.
Von der temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes werden in der Regel nur Nichtunternehmer profitieren. Für vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer spielt es keine Rolle, welchem Umsatzsteuersatz die Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz unterliegen.
Der Gesetzesentwurf in der Fassung der Formulierungshilfe greift unseres Erachtens zu kurz. Hat ein Eigentümer oder Vermieter, der seine Wohnung mit Erdgas beheizt, einen gewerblichen Wärmelieferanten beauftragt, seine Heizung zu betreiben, wird das Erdgas beim gewerblichen Wärmelieferanten verbraucht und die damit erzeugte Wärme an den Endkunden geliefert. Hier würde der reduzierte Umsatzsteuersatz nicht gelten.
Gemäß Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL darf ein ermäßigter Steuersatz nur auf die in Anhang III aufgeführten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen angewandt werden. Anhang III zum Art. 98 MwStSystRL erlaubt gemäß Nr. 22 befristet bis zum 1.1.2030, auf Lieferungen von Erdgas den ermäßigten Steuersatz anzuwenden, und insbesondere auch Lieferungen von Fernwärme einem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen.
Gas- und Wärmelieferungen ungleich zu behandeln ist verfassungsrechtlich nicht unproblematisch. Die Preissteigerungen betreffen Gaskunden genauso wie Wärmekunden, die Wärme aus gasbetriebenen Anlagen beziehen. Es wäre zu wünschen, dass im laufenden Gesetzgebungsverfahren der Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes auf Lieferungen von Fernwärme ausgeweitet wird.
Ansprechpartner*innen: Rudolf Böck/Dmitriy Levitskiy
PS: Sie interessieren sich für dieses Thema? Informationen dazu gibt es bei unserem Webinar Umsatzsteuerabsenkung auf Gas am 27.9.2022 und 4.10.2022.