Grunderwerbsteuer: einmal nicht aufgepasst, zweimal gezahlt

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Die Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes wirken neben den weiteren Änderungen aus dem Jahressteuergesetz 2022 beinahe unscheinbar. Allerdings können sie sich unangenehm auswirken: Wird bei einer Veräußerung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft (Share Deal) den grunderwerbsteuerlichen Pflichten nicht mit Sorgfalt nachgekommen, droht neben den üblichen Sanktionen auch eine Doppelbesteuerung.

Doppelbesteuerung – das Problem

Ursprung des Problems sind die unterschiedlichen Möglichkeiten, die das Gesetz für die Entstehung von Grunderwerbsteuer vorsieht: Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein Grundstück und werden innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 Prozent der Anteile an dieser Kapitalgesellschaft übertragen, wird dieser Vorgang wie der Erwerb eines Grundstücks durch eine neue Kapitalgesellschaft behandelt. Auch mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand werden dabei anteilig berücksichtigt. Nach § 1 Abs. 2b GrEStG ist maßgeblicher Umstand für die Entstehung der Steuer also der Übergang von Gesellschaftsanteilen.

Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 3 GrEStG löst aber auch der Abschluss der entsprechenden Verpflichtungsgeschäfte Grunderwerbsteuer aus. Die Steuer entsteht also bereits bei Abschluss der Verträge, die den Anspruch auf Übertragung von mind. 90 Prozent der Anteile oder den Anspruch auf Übertragung von Anteilen begründen, mithilfe derer ein Erwerber die Beteiligungsgrenze von 90 Prozent überschreitet.

Absatz 3 gilt jedoch nur untergeordnet und kommt nicht zur Anwendung, wenn die zunächst beschriebene Besteuerung nach Absatz 2b in Betracht kommt. Dieser Anwendungsvorrang greift nach Auslegung der Finanzverwaltung dann nicht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2b (Übergang der Anteile) zum Stichtag des Abschlusses des Vertrages nicht vorliegen. Fallen der Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags (sog. Signing) und der Zeitpunkt des Übergangs der Anteile (sog. Closing) – wie so oft – auseinander, würde dies grundsätzlich zu einer Doppelbesteuerung führen.

Was müssen Steuerpflichtige tun?

Diese Doppelbesteuerung soll der neue § 16 Abs. 4a GrEStG verhindern. Der auf Basis des Vertragsabschlusses erlassene Steuerbescheid kann hiernach aufgehoben oder geändert werden, wenn aufgrund dieses Vertragsabschlusses später Anteile übergehen und hierdurch erneut Grunderwerbsteuer ausgelöst wird. Dies geschieht jedoch nicht automatisch, sondern muss vom Steuerpflichtigen beantragt werden.

Die Möglichkeit der Aufhebung der ersten Steuerfestsetzung auf Antrag besteht jedoch nur, wenn beide Vorgänge, also Vertragsabschluss und Übergang der Anteile, fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt wurden. Insbesondere bei mittelbaren Anteilsübertragungen kann es jedoch schon eine Herausforderung darstellen, die Anzeigepflicht selbst zu erkennen. Neben umfangreichen Angaben zu Veräußerer und Erwerber sowie zu Grundstück und Erwerbsvorgang müssen bei der Veräußerung von Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft auch Angaben zur Gesellschaft selbst, den betroffenen Anteilen sowie zu den Beteiligungsverhältnissen gemacht werden. Die Anzeige ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Vertragsschluss bzw. Anteilsübergang an das zuständige Finanzamt zu richten.

Doppelte Grunderwerbssteuer – ein teurer Fehler

Unterläuft bei der Anzeige einer der beiden Vorgänge ein Fehler, besteht keine Möglichkeit, den doppelten Anfall von Grunderwerbsteuer aus der Welt zu schaffen. Und damit nicht genug: Eine unterlassene, verspätete oder fehlerhafte Anzeige kann gegebenenfalls zur Einleitung eines Bußgeld- oder Strafverfahrens sowie zur Festsetzung eines Verspätungszuschlages führen. Dieser beträgt pro angefangenem Monat Verspätung 0,25 Prozent der festzusetzenden Grunderwerbsteuer. Die Begrenzung der Höhe des Verspätungszuschlags auf max. 25.000 Euro gilt darüber hinaus bei der Grunderwerbsteuer nicht.

Die Grunderwerbsteuer selbst beträgt je nach Bundesland bis zu 6,5 Prozent des vereinbarten Kaufpreises. Insbesondere bei hohen Kaufpreisen ist es daher unerlässlich, die grunderwerbsteuerlichen Anzeigen (nicht nur bei Share Deals) gründlich und rechtzeitig vorzubereiten, also i.d.R. vor Abschluss des Vertrages.

Ansprechpartner*innen: Rudolf Böck/Sophia von Hake/Jakob Heise

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