Wie die Berechnung der Erbschaftsteuer und der Schenkungsteuer über den Verkehrswert bei der Unternehmensnachfolge entscheidet

Die Frage nach der Unternehmensnachfolge ist durch den demographischen Wandel eines der aktuellsten Themen für den Mittelstand. Laut einer KFW-Studie steigt die Zahl der Unternehmen mit älteren Inhabern stetig an und bereits die Hälfte hat dabei ein Alter erreicht, in dem Erwerbstätige über ihren Ruhestand nachdenken. Kommt es bei der Unternehmensnachfolge zu einer Erbschaft oder Schenkung eines Unternehmens oder Unternehmensanteils, stellt sich die Frage, mit welchem Verkehrswert dieses anzusetzen ist. Neben steuerlichen Punkten, die sich durch die Erbschaftsteuerreform 2016 veränderten, spielen dabei auch bewertungsbezogene und rechtliche Aspekte eine entscheidende Rolle. Fachgerechte Beratung ist daher unabdingbar.

Wie wird der Verkehrswert bei der Unternehmensnachfolge ermittelt?

Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer werden Unternehmen und Anteile mit dem Verkehrswert, auch bekannt als gemeiner Wert, angesetzt. Die Wertfindung folgt einer festgelegten Struktur, um den Verkehrswert zu berechnen: Lässt sich der Unternehmenswert nicht aus Börsenkursen oder Verkäufen unter fremden Dritten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, ermitteln, dann ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder einer anderen üblichen Methode zu bestimmen. In der Praxis hat sich neben dem vereinfachten Ertragswertverfahren vor allem das Ertragswertverfahren bei Unternehmen nach IDW S 1 etabliert, um den Verkehrswert zu ermitteln.

Das BFH-Urteil (Az. II R 5/19) vom 2.12.2020 führt dabei an, dass allein der Steuerpflichtige die Wahl zwischen den beiden letzteren Verfahren hat und keine gesonderte Erklärung über die Methodenwahl darzulegen hat. Ein Ausschluss der Wertermittlung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren, wenn dies nach gutachterlicher Einschätzung zu unzutreffenden Ergebnissen führt, besteht demnach nicht mehr. Diese Entscheidung öffnet Handlungsspielraum, um bestimmte Kriterien der erbschaftsteuerlichen Verschonungsregeln zu erfüllen. Abhängig von der künftigen Ertragserwartung oder der Ergebnissituation in der Vergangenheit führen diese Bewertungsmethoden zu unterschiedlichen Unternehmenswerten. Dadurch können die Voraussetzungen für den Verschonungstatbestand erfüllt werden, die die Berechnung bei der Schenkung- oder Erbschaftsteuer beeinflussen. Das kann je nach Einzelfall bis zu einer vollständigen Befreiung der Erbschaft- oder Schenkungssteuer führen.

Steuerliche Berechnung bei der Unternehmensnachfolge

Ein zentraler Punkt der Erbschaftsteuerreform ist die Neuregelung des begünstigten Vermögens. Die Voraussetzungen für verschiedene Vermögensarten variieren dabei je nach Rechtsform des übertragenen Unternehmens(-anteils). Entsprechend dem aktuell geltenden Recht beträgt die grundsätzliche Regelverschonung auf das begünstigte Vermögen 85 Prozent und erlaubt zusätzlich einen Abzugsbetrag von 150.000 Euro. Für bestimmte Familienunternehmen kann sogar wertmindernd ein zusätzlicher Abschlag gewährt werden. Neben der Regelverschonung kann der Steuerpflichtige auch unwiderruflich zu einer Steuerbefreiung optieren. Voraussetzung ist, dass das begünstigte Vermögen nicht zu mehr als 20 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht. Die Höhe des Verwaltungsvermögens führt regelmäßig zur Versagung der Verschonung. Die frühzeitige Steuerung und Optimierung des Verwaltungsvermögens beeinflussen die steuerliche Berechnung und die Fragen der Unternehmensnachfolge und sind daher tragender Bestandteil einer nachhaltigen Steuerstrategie. Verpflichtend für beide Optionen ist ferner die Einhaltung der Mindestlohnsummenregelung innerhalb einer festgesetzten Haltefrist. Übersteigt der Wert des erworbenen begünstigten Betriebsvermögens den Wert von 26 Mio. Euro, dann kann der Steuerpflichtige zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung und einem Abschmelzmodell wählen. Je nach Bewertungsergebnis haben beide Vorzüge.

Der Verkehrswert bei Unternehmensbewertung und die Frage nach den Konsequenzen unterschiedlicher Bewertungsmethoden werden zukünftig also weiter an Bedeutung gewinnen. Pauschal lässt sich nicht sagen, welchem Verfahren der Vorzug zu geben ist, da hierzu die zentralen wertbeeinflussenden Parameter zu identifizieren und zu analysieren sind. Zur optimalen Bewertungsmethode, die unter Berücksichtigung bewertungsbezogener Besonderheiten die mögliche erbschaftsteuerliche und schenkungssteuerliche Berechnung zu den jeweiligen individuellen Vorteilen auslegt, bedarf es der Einschätzung von Finanzexperten.

Ansprechpartner*innen: Manfred Ettinger/Thomas Straßer/Tobias Sengenberger/David Klee

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