BNetzA macht ernst bei der Marktkommunikation – Zwangsgelder werden festgesetzt!
Der Langmut hat ein Ende: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) will erzwingen, dass die Energieversorger nicht länger außenstehende Strom- und Gaslieferanten beim Austausch der Kundendaten anlässlich eines Lieferantenwechsels abweichend von der internen Kommunikation zum assoziierten Vertrieb behandeln. Zwangsgelder zwischen 5.000 und 2,5 Mio. € wurden angedroht oder sogar schon festgesetzt.
Die BNetzA hat 2006 in einem Beschluss die Geschäftsprozesse und Datenformate bei der Belieferung von Kunden mit Strom und Gas vereinheitlicht. Damit wollte sie einen elektronischen Datenaustausch ermöglichen, um den Wechsel des Lieferanten leichter zu machen (GPKE und GeLi Gas).
Seit 1.10.2010 müssen sich auch Energieversorger, die ein integriertes IT-System für die Marktrollen Netz und Vertrieb nutzen, grundsätzlich diesen Vorgaben beugen. GPKE und GeLi Gas fordern vollständige Prozessidentität zwischen externer Marktkommunikation und interner Kommunikation zwischen Netz und Vertrieb. Wer bis zum 1.10.2010 keine System- oder Mandantentrennung vorgenommen hat und auch keine geeignete Alternative nach den Ausnahmeregelungen in den Festlegungen parat hat, verstößt gegen rechtliche Vorgaben. Die Antwort der BNetzA: Vollstreckung der Festlegungen durch Zwangsgelder.
Wer mitten im Projekt der System- oder Mandantentrennung steckt und den rechtzeitigen Abschluss bis zum 1.10.2010 nicht geschafft hat – unabhängig davon, ob durch eigenes Verschulden oder durch Verschulden des beauftragten IT-Dienstleisters – und zudem keine Alternativlösung anbietet, steht schlecht da.
Die Versorger, die durch die Selbstanzeige ihre nicht fristgerechte Umsetzung der Mandantentrennung bei der BNetzA angezeigt haben, kassierten schon jetzt eine Zwangsgeldandrohung. Wo die BNetzA keine gesicherte Erkenntnis über den Verstoß hatte, jedoch vom intern abweichenden Datenaustausch durch die Anzeige zum diskriminierungsfreien Verhalten nach Tenor 6 GPKE (bzw. Tenor 4 GeLi Gas) wusste, wurde der Umsetzungsstand abgefragt.
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Um die festgelegten Geschäftsprozesse und Datenformate auch intern umzusetzen, bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Entweder man löst den gemeinsam von Netz und Vertrieb genutzten Datenbestand auf und setzt eine System- oder Mandantentrennung um. Eine alternative Möglichkeit eröffnen die Ausnahmeregelungen nach Tenor 5 GPKE und Tenor 3 GeLi Gas: Sie erlauben, eine freiwillige bilaterale Vereinbarung zu abweichenden Geschäftsprozessen und Datenformaten allen Lieferanten diskriminierungsfrei anzubieten.
Bei der Umsetzung der Alternativlösung bestehen je nach eingesetztem IT-System verschiedene Möglichkeiten: das sog. „Portalmodell“ oder das „Abrechnungsmodell“.
Das Portalmodell ermöglicht allen interessierten Energielieferanten, auf die Stamm- und Zählerdaten ihrer Kunden synchron und in Echtzeit über ein Internetportal/eine VPN-Verbindung zuzugreifen. Voraussetzung ist, dass in den übrigen Prozessen keine Abweichungen bestehen.
Beim Abrechnungsmodell bietet der Netzbetreiber, den Verbrauch der Kunden des Lieferanten unter Nutzung seines IT-Systems in seinem Netzgebiet als Dienstleistung abzurechnen. Beide Modelle wurden im Grundsatz von der BNetzA als dauerhafte und geeignete Umsetzung der Festlegungen und somit als Alternative zur Mandantentrennung anerkannt.
Auf dem Gebiet der automatisierten Marktkommunikation bleibt es weiter spannend: Zum 1.10.2011 wird die Festlegung Wechselprozesse im Messwesen (WiM) scharf geschaltet. Auch hier gibt die BNetzA Geschäftsprozesse und Datenformate beim Wechsel des Messstellenbetreibers/Messdienstleisters vor und bezieht diese neuen Marktrollen durch die Änderung von GPKE und GeLi Gas in die Lieferantenwechselprozesse mit ein.
Die Herausforderungen für integrierte Versorgungsunternehmen und IT-Dienstleister werden also nicht weniger: Zum einen sind die neuen Prozesse und Nachrichtentypen der WiM in das bestehende IT-System zu integrieren. Zum anderen wird für diejenigen Versorger, die auch über den 1.10.2011 an einem Portal- oder Abrechnungsmodell als Alternativlösung festhalten wollen, eine Anpassung dieser Lösungen notwendig.
Ansprechpartner: Dr. Christian de Wyl/Dr. Jost Eder/Dr. Thies Christian Hartmann