Der generelle sektorale Produktivitätsfaktor auf gerichtlichem Prüfstand
Ein Kernelement der Regulierungsformel stellt der generelle sektorale Produktivitätsfaktor (GSP) dar. Seine Höhe hat ganz erhebliche Auswirkungen auf die Erlösobergrenze der Strom- und Gasnetze. Doch wie wird dieser Wert ermittelt? Das ist eine Frage, die derzeit auch die Gerichte beschäftigt.
Auf dem Stand der Wissenschaft?
Der GSP geht negativ in die Erlösobergrenze ein. Dies bedeutet, dass mit zunehmender Höhe des GSP die Erlösobergrenze abnimmt, die einem Netzbetreiber zusteht. Für Netzbetreiber ist der GSP deshalb so relevant, weil eine Änderung des GSP in Höhe von 0,5 Prozent-Punkten Auswirkungen i.H.v. ca. 800 Mio. Euro (Strom) bzw. 400 Mio. Euro (Gas) auf die Erlösobergrenze pro Regulierungsperiode hat.
In den ersten beiden Regulierungsperioden (RP) hat der Gesetzgeber die Höhe des GSP fest vorgegeben (1,25 Prozent für die 1. RP, 1,50 Prozent für die 2. RP), für die 3. RP ist der GSP hingegen nach wissenschaftlichen Methoden von der Bundesnetzagentur (BNetzA) zu ermitteln. Die BNetzA hat die Höhe des GSP daraufhin auf 0,9 Prozent (Strom) bzw. 0,49 Prozent (Gas) festgelegt. Ob diese Werte tatsächlich auf Methoden beruhen, die dem Stand der Wissenschaft entsprechen, ist eine sehr komplexe Frage, die derzeit auch vor den Gerichten diskutiert wird. Den Beschluss der BNetzA für den GSP im Bereich Gas hat das OLG Düsseldorf bereits aufgehoben und in nächster Instanz wird der BGH entscheiden. Auch im Bereich Strom ist bereits ein Verfahren vor dem OLG Düsseldorf anhängig, zu dem aktuell Beschwerdebegründungen eingereicht wurden.
Der GSP als Anpassungsfaktor
Unabhängig von der Komplexität der einzelnen Methoden zur Bestimmung des GSP sollte bedacht werden, dass der GSP „lediglich“ einen Anpassungsfaktor der Netzwirtschaft zur Gesamtwirtschaft darstellt. Daher muss man hinterfragen, ob nach mehr als 10 Jahren Anreizregulierung Produktivitätsfortschritte gegenüber der Gesamtwirtschaft überhaupt möglich sind.
Vor diesem Hintergrund bleibt es spannend, wie die Gerichte entscheiden und ob dann in der kommenden 4. RP wieder der Gesetzgeber die Höhe des GSP fest vorschreibt.
Ansprechpartner: Stefan Missling/Rudolf Böck/Sabine Gauggel