Bankenverband regelt Clearingpflicht im Rahmenvertrag zu außerbörslichen Finanztermingeschäften

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Der Derivatehandel im Grauen Kapitalmarkt ist seit der Finanzmarktkrise weltweit ein beliebtes Ziel für Regulierer.

In Europa verfolgt die EMIR (European Market Infrastructure Regulation) das Ziel, den außerbörslichen Handel mit Derivaten durch umfassende Meldepflichten und die Pflicht zum Clearing sicherer und transparenter zu machen (wir berichteten). Ihre Vorgaben verpflichtet finanzielle und nicht finanzielle Gegenparteien, die eine bestimmte Schwelle überschreiten, zum Clearing. Die Pflicht besteht zwar grundsätzlich nur, wenn beide Parteien clearingpflichtig sind. Wie die Praxis dies handhaben wird, ist allerdings ungewiss. Denn wann genau und für welche Produkte die Clearingpflicht kommt, ist noch offen. Fest steht jedoch, dass bestehende Verträge angepasst werden müssen.

Der Bundesverband deutscher Banken hat hierbei erste Maßstäbe gesetzt. Sie hält einen Rahmenvertrag vor, den Vertragsparteien als Grundlage für alle Arten außerbörslicher Finanztermingeschäfte verwenden können. Dieser so genannte „Deutsche Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte“ (DRV) wird von Banken zur Dokumentation der Geschäfte mit Kunden verwendet; ein Abschluss zwischen Marktteilnehmern ohne Bankstatus ist – mit entsprechenden vertraglichen Anpassungen – möglich und kommt immer häufiger vor. Energiehändler nutzen den DRV vor allem für reine Handelsaktivitäten, das heißt für Derivatekontrakte, die nicht physisch erfüllt werden. Beliebt ist der Vertrag aber auch im Verhältnis zu ausländischen Banken, hier vor allem unter Verwendung des Anhanges für Emissionsrechte.

Dieser Rahmenvertrag ist jetzt um zwei neue Anhänge ergänzt, die die Vorgaben der EMIR erfüllen sollen. Der erste trägt den sperrigen Titel „Anhang für über zentrale Gegenparteien abzuwickelnde Finanztermingeschäfte zum Rahmenvertrag über Finanztermingeschäfte“. Gegenstand des sehr kurz gehaltenen Anhanges ist das Clearing der Einzelverträge über eine zentrale Gegenpartei. Parteien, die sich zum Abschluss des Anhangs entschließen, müssen nicht jeden Einzelvertrag clearen. Der Anhang greift vielmehr nur, wenn die Parteien ausdrücklich vereinbart haben, einen Einzelvertrag über eine zentrale Gegenpartei abzuwickeln. Abwicklung bedeutet in diesem Zusammenhang die Verbuchung einschließlich der laufenden Bewertung des Kontrakts sowie die Verrechnung der Ansprüche der Parteien (so genanntes Netting). Für die Abwicklung gelten die Vorschriften, Geschäftsbedingungen und Gepflogenheiten des jeweiligen Clearing-Hauses. Das gewählte Clearing-Haus muss nach der EMIR als zentrale Gegenpartei genehmigt und beaufsichtigt werden. Der zweite Anhang ist schlicht „EMIR-Anhang zum oben genannten Rahmenvertrag“ betitelt. Dieser beinhaltet die Anforderungen an nicht clearingpflichtige Geschäfte und regelt insbesondere die Vorgaben hinsichtlich der Risikominderungstechniken. Hierzu gehören die Klassifizierung / Feststellung des Clearingstatus, die Meldepflicht, die rechtzeitige Bestätigung, der Portfolioabgleich, die Streitbeilegung sowie die Zusicherung des Clearingstatus.

Dieser Schritt des Bankenverbandes ist zu begrüßen. Für Parteien, die ohnehin schon einen DRV abgeschlossen haben, ist es unkompliziert und ohne großen zusätzlichen Aufwand möglich, die Anhänge einzubeziehen. Dadurch können die Parteien den bestehenden Vertrag einfach und schnell an die Clearingpflicht bzw. die Risikominderungstechniken der EMIR anpassen. Der Anhang zum Clearing dürfte auch für nichtfinanzielle Gegenparteien von Interesse sein, die die Clearingschwelle der EMIR nicht überschreiten, die jedoch für einige Verträge die Sicherheit, die die Abwicklung über ein Clearing-Haus bietet, nutzen möchten.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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