Das Chaos trägt jetzt einen Namen: TelDaFax

D
Download PDF

750.000 Gläubiger, 240.000 ungelesene Briefe in der Firmenzentrale in Troisdorf: Allein diese Zahlen belegen das gigantische Chaos, welches der insolvente Billigstrom-Anbieter TelDaFax der Nachwelt hinterlassen hat. Betrachtet man nur die Anzahl der Gläubiger, dürfte der Fall TelDaFax die größte Pleite in der deutschen Wirtschaftsgeschichte sein. Am vergangenen Donnerstag, den 1. September 2011, hat das Amtsgericht Bonn nunmehr das Insolvenzverfahren eröffnet. Wie geht es aber nun für die Gläubiger weiter?

Gläubigerversammlung am 8. November 2011

Am 8. November 2011 wird der sog. Berichtstermin in Köln stattfinden. An diesem Termin können die Gläubiger teilnehmen, eine Verpflichtung hierzu besteht nicht.

Der Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Dr. Biner Bähr wird über die Lage des Unternehmens berichten und den bisherigen Verlauf des Insolvenzverfahrens darstellen. Die Gläubiger werden sodann u.a. über den weiteren Verlauf des Verfahrens beschließen (etwa Verkauf des Unternehmens, Liquidation). Der Berichtstermin dient allerdings nicht dazu, von etwaig anwesenden Mitgliedern der TelDaFax-Geschäftsleitung Rechenschaft einzufordern.

Ob die eigene Teilnahme am Berichtstermin (wirtschaftlich) sinnvoll ist, hängt im Wesentlichen von der Höhe der Forderung des jeweiligen Gläubigers ab. Da die Gläubigerversammlung im Berichtstermin grundlegende Entscheidung darüber treffen muss, ob das Unternehmen der Schuldnerin stillgelegt wird, fortgeführt oder veräußert werden soll und die Erstellung eines Insolvenzplans verlangen kann, ist Gläubigern mit hohen Forderungen eine Teilnahme grundsätzlich zu empfehlen. Eine Vertretung – auch mehrerer Gläubiger – etwa durch einen Rechtsanwalt ist möglich und kann zur Bündelung gleichgerichteter Gläubigerinteressen durchaus sinnvoll sein.

Wer am Berichtstermin nicht teilnimmt, hat zu einem späteren Zeitpunkt die Möglichkeit, eine schriftliche Zusammenfassung des Berichts des Insolvenzverwalters im Internet einzusehen. Rechtsanwalt Dr. Bähr wird hierzu ein Gläubigerinformationssystem auf seiner Homepage installieren.

Forderungsanmeldung bis zum 31. Januar 2012

Bis zum 31. Januar 2012 können Insolvenzforderungen, d.h. Forderungen, welche vor Eröffnung des Verfahrens (1. September 2011) begründet worden sind (z.B. offene Forderungen aus Netznutzung), beim Insolvenzverwalter angemeldet werden. Eine Forderungsanmeldung gegenüber dem Insolvenzgericht wäre nicht wirksam. Die Anmeldung hat schriftlich zu erfolgen. Der Anmeldung sollten neben einer Forderungsaufstellung all diejenigen Urkunden beigefügt werden, aus denen sich die jeweilige Forderung ergibt.

Für die Forderungsanmeldung sollten übrigens die vom Insolvenzverwalter zur Verfügung gestellten Vordrucke verwendet werden. Herr Dr. Bähr weist allerdings darauf hin, dass angesichts der Größe des Insolvenzverfahrens einige Wochen ins Land ziehen können, bis jeder Gläubiger angeschrieben ist.

Prüfung der angemeldeten Forderungen bis zum 29. Juni 2012

Eine spezielle Gläubigerversammlung, in der die angemeldeten Forderungen geprüft werden (Prüfungstermin), findet vorerst nicht statt. Die Forderungen werden bis zum 29. Juni 2012 im schriftlichen Verfahren geprüft.

Jeder Gläubiger, dessen Forderung geprüft ist, wird den Angaben des Insolvenzverwalters zufolge automatisch und ohne Nachfrage einen Tabellenauszug erhalten. Aufgrund der erwarteten großen Menge von Forderungsanmeldungen wird der Versand auch hier eine gewisse Zeitspanne in Anspruch nehmen.

Gefahr der Insolvenzanfechtung

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht nunmehr die Gefahr von Insolvenzanfechtungen. Diese sind für Gläubiger stets ein ernstzunehmendes Risiko und können dazu führen, dass sicher geglaubte Vorteile oder Rechtspositionen vollständig verloren gehen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Insolvenzverwalter Rechtshandlungen, die TelDaFax vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat, beanstanden, wenn diese zu einer Gläubigerbenachteiligung führten. Im schlechtesten Falle sind dann längst verbuchte Zahlungen nebst Zinsen an die Insolvenzmasse zurückzugewähren.

Wie das Beispiel des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen zeigt, können derartige Anfechtungsansprüche in die Millionen gehen. Dem Werksclub steht angeblich ein Rückzahlungsverlangen in Höhe von 16 Millionen Euro ins Haus. Bayer wird nämlich vorgeworfen, lange vor der Insolvenz des Trikotsponsors Teldafax von der Finanznot des Stromanbieters gewusst zu haben. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, könnte der Insolvenzverwalter sämtliche Sponsoringgelder der vergangenen Jahre zurückfordern.

Wegen der großen Bandbreite möglicher Anfechtungskonstellationen ist eine pauschale Aussage zum (Nicht)bestehen eines derartigen Anfechtungsrechtes im Vorfeld leider nicht möglich. Die Rechtslage ist bei Insolvenzanfechtungen stets schwierig und die Gerichte stehen – leider – prinzipiell auf der Seite der Insolvenzverwalter. Für den Fall der Fälle ist die Einholung sachkundigen juristischen Rates zu empfehlen.

Ansprechpartner: Dr. Christian de Wyl/Dr. Christian Jung/Markus Ladenburger

Folgen Sie uns auf Twitter

Kategorien

Archive

BBH Almanach

Materialien für Praktiker im
Energie-, Infrastruktur- und öffentlichem Sektor aus Wirtschaft, Recht und Steuern

Veranstaltungskalender