Die Mieter an der Energiewende beteiligen: Bundesregierung beschließt Entwurf des Mieterstromgesetzes

(c) BBH

Seit drei Jahren bleibt der Zubau neuer Solaranlagen hinter den vom Gesetzgeber angestrebten Zielen zurück. Jetzt soll ein neues Gesetz Abhilfe schaffen, das Vermietern von Wohngebäuden einen Zuschlag in Aussicht stellt, wenn sie Solaranlagen auf ihren Dächern installieren und den Strom daraus an ihre Mieter liefern. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung dazu (Mieterstromgesetz) liegt seit dem 26.4.2017 vor.

Neben den in § 19 EEG 2017 genannten Ansprüchen auf Zahlung der Marktprämie und der Einspeisevergütung soll es künftig einen Anspruch auf Zahlung eines Mieterstromzuschlags geben. Dieser Zahlungsanspruch besteht für Strom aus neu errichteten Solaranlagen mit einer installierten Leistung von insgesamt bis zu 100 kW, die auf, an oder in einem Wohngebäude (mindestens 40 Prozent der Fläche des Gebäudes dient dem Wohnen) installiert sind, soweit er innerhalb dieses Gebäudes an Letztverbraucher geliefert und im Gebäude verbraucht worden ist. Dabei ist das Erfordernis, dass Mieterstrom in dem Gebäude verbraucht werden soll, problematisch, denn je nach Art des Gebäudes kann es sinnvoll und üblich sein, Strom auch außerhalb des Gebäudes zu verbrauchen zum Beispiel für Außenbeleuchtungen, Garagentore, Gartenpflege, Elektrofahrzeuge, die im Hof geladen werden usw.

Wie hoch der Mieterstromzuschlag ausfällt, hängt von den anzulegenden Werten der jeweiligen Solaranlage ab, abzüglich eines Festbetrages von 8,5 Ct/kWh. Hierbei ist zu beachten, dass die anzulegenden Werte einer Degression unterliegen: die Abzugsgröße zur Bestimmung des Mieterzuschlags bleibt, nach dem derzeitigen Entwurf, jedoch fix.

Problematisch am Vorschlag ist, dass Photovoltaik-Module auf verschiedenen Wohngebäuden für die Berechnung der Höhe der EEG-Zahlungen nicht zusammengefasst werden. Denn bei einer Wohnanlage, die aus mehreren Gebäuden besteht, kann es durchaus sinnvoll sein, Solaranlagen nur auf einem der Gebäude zu installieren (z.B. weil die Sonneneinstrahlung bei manchen der Gebäude ungünstig ist oder weil es technisch und wirtschaftlich sinnvoller ist, die Solaranlagen an einem Ort zu konzentrieren). Alternativ zum Gebäudebegriff sollte daher auf den im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) definierten Begriff der Kundenanlage (§ 3 Nr. 24a EnWG) abgestellt werden. Im Sinne der Energiewende wäre auch zu empfehlen, den Anwendungsbereich auch auf innovative KWK-Systeme (wir berichteten) und sonstige Anlagen mit Erneuerbaren Energien zu erweitern.

Der Zahlungsanspruch für den Mieterstromzuschlag ist aber im Einzelfall an die weitere Voraussetzung geknüpft, dass die installierte Gesamtleistung der Mietersolaranlagen pro Jahr von 500 MW übersteigt. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) soll das Datum, ab dem der Anspruch (zunächst) nicht mehr besteht, auf ihrer Internetseite veröffentlichen. Werden Mietersolaranlagen jenseits dieser Grenze errichtet, besteht für Strom aus diesen Solaranlagen (zunächst) kein Anspruch auf Mieterstromzuschlag. Im folgenden Jahr sollen diese Anlagen aber vorrangig berücksichtigt werden.

Änderungen im EnWG und KWKG

Der Entwurf ändert obendrein in einigen Punkten das EnWG. So präzisiert der neu gefasste § 20 Abs. 1d EnWG die Vorgaben zur Bereitstellung von Zählpunkten, Gewährung von Netzzugang für Unterzähler und Anwendbarkeit des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) auf bilanzierungsrelevante Zähler innerhalb von Kundenanlagen. Er soll damit für Rechtssicherheit sowohl in Fällen von Mieterstrommodellen als auch in allen sonstigen Fällen von Kundenanlagen, in denen Summenzähler in Kombination mit Unterzählern und ggf. Erzeugungszählern eingesetzt werden, sorgen. Es ist erfreulich, dass § 20 Abs. 1d Satz  1d EnWG den Regelungsgehalt des bisherigen § 14 Abs. 2 Satz 1 KWKG übernimmt und klarstellt, dass der Betreiber des Energieversorgungsnetzes, an das eine Kundenanlage oder eine Kundenanlage zur betrieblichen Eigenversorgung angeschlossen ist, verpflichtet ist, einen Summenzähler bereit zu stellen und der in der Praxis bereits gängige Begriff des Summenzählers legaldefiniert wird.

Soweit bilanzierungsrelevante Unterzähler noch nicht an ein intelligentes Messsystem angeschlossen sind, kann die Verrechnung weiter mittels Standardlastprofilen erfolgen.

Der neue § 42a EnWG legt eine Preisobergrenze fest. Diese soll verhindern, dass der Mieter, der sich bei der Miete von Wohnräumen in der Regel einem strukturellen Verhandlungsungleichgewicht gegenüber dem Vermieter ausgesetzt sieht, wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als wenn er seinen Strom über einen Grundversorgungstarif bezieht. Der Preis darf nicht mehr als 90 Prozent des in dem jeweiligen Netzgebiet geltenden Grundversorgertarifs entsprechen. Liegt er höher, hat in der Jahresabrechnung eine Herabsetzung zu erfolgen, ohne dass der Mieter hier tätig werden muss. Dies dient nach der Begründung des Gesetzesentwurfs insbesondere dazu, dem Recht des Mieters auf freie Wahl des Stromlieferanten als wesentliches Merkmal des liberalisierten Strommarkts gerecht zu werden.

Neben der Preisgestaltung für den Mieterstrom soll es eine Vertragshöchstlaufzeit von einem Jahr für Mieterstromverträge geben, auch wenn diese individuell vereinbart werden. Der Mieterstromvertrag darf sich jeweils nur um ein Jahr stillschweigend verlängern. Dabei ist nicht ersichtlich, warum es spezielle Regelungen für Mieterstromverträge im EnWG geben soll, zumal das AGB-Recht völlig ausreicht.

Im Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) wird zunächst ein redaktioneller Verweisfehler korrigiert. Zudem wird die Änderung der Neufassung des § 20 Abs. 1d EnWG, die zu einer Streichung des § 14 Abs. 2 KWKG führt, umgesetzt. Dies ist zu begrüßen, da die bestehenden Regelungen aus dem KWKG in die allgemeinen Vorschriften gezogen werden und nicht nur eine weitere Sonderregelung im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) geschaffen wird.

Es ist davon auszugehen, dass das Mieterstromgesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet  wird. In den folgenden Wochen (KW 20 bis 26) werden sich die Ausschüsse mit dem Entwurf befassen. In KW 25 und 26 ist die zweite und dritte Lesung im Bundestag geplant. Am 12.5.2017 ist die erste Lesung im Bundesrat und am 7.7.2017 die zweite Lesung im Bundesrat.

Ansprechpartner BBH: Dr. Martin Altrock/Ulf Jacobshagen/Dr. Wieland Lehnert
Ansprechpartner BBHC: Marcel Malcher

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