Europäische Emissionshandelsrichtlinie GELEAKT: Was steht drin? (Teil 1)
Im Dezember letzten Jahres einigten sich die Europäische Kommission, der Rat und das Europäische Parlament auf die Reform des Europäischen Emissionshandelssystems (EHS). Kurz darauf wurde der finale Entwurf der Emissionshandelsrichtlinie (EHS-Richtlinie) geleakt. Die EHS-Richtlinie bringt einen erheblichen Minderungsdruck für die EHS-Sektoren mit sich. Doch wie genau sollen die 62 Prozent Emissionsminderung im Vergleich zum Emissionsniveau von 2005 im Emissionshandel erreicht werden?
Verschärfter Minderungsdruck auf die EHS-Sektoren
Der Minderungsdruck des Emissionshandels für die Verpflichteten wird über den Preis erreicht. Damit dieser steigt, wird die Gesamtmenge der Zertifikate in den Jahren 2024 (90 Millionen Zertifikate) und 2026 (27 Millionen Zertifikate) um insgesamt 117 Millionen Zertifikate reduziert. Ein weiterer Hebel, um die Gesamtmenge der Emissionszertifikate zu reduzieren, ist der lineare Reduktionsfaktor. Dieser wird von aktuell 2,2 Prozent in den Jahren 2024 bis 2027 auf 4,3 Prozent und ab 2028 auf 4,4 Prozent der Gesamtmenge der Zertifikate angehoben.
Der letzte Hebel für einen höheren CO2-Preis und mehr Emissionsminderung sind die sogenannten Benchmarks. Diese orientieren die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten daran, wie viele Tonnen CO2 pro Tonne Produkt die zehn Prozent der effizientesten Anlagen in der EU emittieren. Insoweit spiegeln diese Werte den technologischen Fortschritt wider und setzen Anreize für Investitionen in CO2-ärmere Technologien. Diese werden nun weiter abgesenkt, wodurch die Nachfrage nach Emissionszertifikaten wächst, und der EHS-Preis steigen soll. Die Mindestanpassung der Benchmark-Werte wird von 0,2 Prozent auf 0,3 Prozent pro Jahr erhöht, die maximal mögliche von 1,6 Prozent auf 2,5 Prozent pro Jahr angehoben. Damit geht die EU von einer Anpassung der Emissionswerte im Zeitraum von 2026 bis 2030 in einer Bandbreite von sechs Prozent bis 50 Prozent gegenüber den Werten aus, die 2013 bis 2020 galten.
Biomasse weniger begünstigt, Streichung des Stromerzeugerbegriffs
Bisher mussten Anlagen, die hauptsächlich Biomasse verbrannten, für diese keine Emissionszertifikate abgeben, erhielten jedoch Emissionszertifikate auch für die mit Biomasse erzeugte Wärme kostenlos zugeteilt. Darin sieht der EU-Gesetzgeber einen „Windfall Profit“. Deshalb sollen solche Anlagen nicht mehr am Emissionshandel teilnehmen, deren durchschnittliche biogene Emissionen innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums ab 1.1.2021 95 Prozent ihrer gesamten durchschnittlichen Emissionen ausmachen.
Eine Erleichterung für die Praxis wird die Streichung des Stromerzeugerbegriffs bringen. Die Unterscheidung zwischen Stromerzeugern und Nichtstromerzeugern hatte in der Vergangenheit zu Anwendungsproblemen in der Praxis und insbesondere zu einer Benachteiligung von wärmegeführten Industriekraftwerken geführt, die einen Teil ihrer Stromproduktion auch an Dritte abgeben. Die Unterscheidung soll künftig entfallen.
Ausweitung des Emissionshandels auf Schifffahrt
Der EHS wird auch auf Emissionen aus dem internationalen Schiffsverkehr ausgeweitet. Erfasst werden Fahrten zwischen Häfen innerhalb der EU sowie solche aus der EU in Drittstaaten. Damit soll auch sichergestellt werden, dass Schifffahrtsunternehmen ihre Tätigkeit nicht auf andere Häfen verlagern. Die Einbeziehung des neuen Sektors im EHS wird unter anderem dadurch bewerkstelligt, dass im Jahr 2024 die unionsweite Zertifikatsmenge um 78,4 Millionen Zertifikate für den Seeverkehr erhöht wird. Zugleich wird der lineare Reduktionsfaktor auch hier angewandt. Die Pflicht zur Abgabe von Emissionszertifikaten wird ab dem Jahr 2026 gelten. Im selben Jahr sollen auch die Methan- und Distickstoffoxidemissionen im Schifffahrtsbereich in das EHS einbezogen werden.
Aber damit nicht genug: zur Einführung des Emissionshandels für Gebäude, Verkehr sowie zum neuen Ansatz in Carbon-Leakage-Sektoren etc. erfahren Sie mehr im Teil 2.
Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow/Vera Grebe