FAQs zur Energie- und Finanzmarktregulierung (Teil 2)
Nachdem wir mit unserem Teil 1 die ersten drängendsten Fragen zur REMIT beantwortet haben, widmen wir uns nun der eigentlichen Finanzmarktregulierung, die künftig in weiten Teilen auch den Energiehandel beeinflussen wird.
Heute: Häufig gestellte Fragen zur künftigen Markets in Financial Instruments Directive (Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente), der MiFID II.
Nr. 1: Ich falle doch nicht unter die MiFID II, wenn ich nur (physische) Termingeschäfte abschließe, oder?
Auf diese Frage bekommen Sie die klassische Juristenantwort: Es kommt darauf an. Darauf nämlich, wo Sie das Termingeschäft handeln. Auch heute schon gilt: Wenn Sie das physische Termingeschäft über Börsen und ganz bestimmte Handelsplätze handeln, dann kann es zu einem potentiell aufsichtspflichtigen Produkt werden. (Um Missverständnisse gleich zu vermeiden: Aufsichtspflichtig wird man natürlich nur, wenn man in Bezug auf dieses Produkt auch eine Finanzdienstleistung erbringt, also zum Beispiel wenn Sie einen Forward für einen Dritten an einer der großen Brokerplattformen erwerben.)
Nr. 2: Wenn ich beispielsweise Strom oder Gas nur „OTC“ kaufe, falle ich doch nicht unter die MiFID II, oder?
Auch hier kommt es wieder darauf an. Vor allem, was man unter „OTC“ (Over the counter) versteht. Soweit damit rein bilateraler Handel gemeint ist, haben Sie kein Problem. Wenn man dies aber weiter versteht und darauf abstellt, dass „OTC“ jede Art von Handel außerhalb von Börsen meint, ist es problematisch. Denn wie schon bei Frage Nr. 1 erwähnt, gibt es neben den Börsen noch weitere Handelsplätze, die relevant werden können. In der heutigen Rechtslage sind dies die so genannten multilateralen Handelsplattformen (Multilateral Trading Facility – MTF), also zum Beispiel die bekannten Brokerplattformen ICAP, GFI oder Tullett Prebon. Die MiFID II erweitert dies sogar noch, indem sie sonstige (elektronische) Brokerplattformen, so genannte organisierte Handelsplattformen (Organised Trading Facility – OTF), auch einbezieht. Allerdings ist hier das letzte politische Wort noch nicht gesprochen.
Nr. 3: Wenn ich nur physische Geschäfte mache und zwar rein bilateral (zum Beispiel im Telefonhandel), dann falle ich aber nicht unter die MiFID II?
Richtig!
Nr. 4: Handelt es sich bei meinen Energiespotmarktgeschäften um Finanzinstrumente?
Nein, von der Regulierung sind grundsätzlich nur Energietermingeschäfte erfasst. Dies bleibt auch nach dem aktuellen MiFID-II-Entwurf so.
Nr. 5: Ich handele nur mit Emissionszertifikaten, bin ich damit nicht raus?
Bislang: ja, jedenfalls soweit die CO2-Zertifikate nur im Spotmarkt oder als Termingeschäfte nicht über eine Börse oder eine Brokerplattform gehandelt werden. Das wird sich aber künftig ändern. Der aktuelle Entwurf der MiFID II sieht ausdrücklich vor, dass Emissionszertifikate Finanzinstrumente sind.
Nr. 6: Gilt dies auch, wenn ich CO2-Zertifikate auf Spotbasis kaufe bzw. verkaufe?
Leider ja. Die Zertifikate sollen generell zu den Finanzinstrumenten zählen; damit fallen also auch simple Käufe und Verkäufe auf Spotbasis potentiell unter die Finanzaufsicht.
Nr. 7: Kann ich mich als EVU künftig noch auf eine Ausnahme berufen, wenn ich lediglich für eigene Rechnung handele?
Ja, grundsätzlich jedenfalls soweit Sie auf eigene Rechnung nur zu ganz eigenen Zwecken handeln. Dies erfasst zum Beispiel Fälle, in denen Sie Derivate zum Zwecke der eigenen Portfoliobewirtschaftung bzw. -optimierung erwerben oder veräußern.
Nr. 8: Kann ich mich auch dann noch auf eine Ausnahme berufen, wenn ich zugleich noch Strom, Gas oder Zertifikate für meine Kunden beschaffe?
Leider nein, denn das Handeln auf eigene Rechnung zur Ausführung von Kundenaufträgen soll von keiner Ausnahme gedeckt sein. Weil hier leicht Verwirrung entsteht: Dies gilt nicht für solche Geschäfte, die der Absicherung Ihres eigenen Versorgungsauftrages zum Beispiel der Haushaltskunden dienen. Denn das ist Hedging und keine Ausführung von Kundenaufträgen.
Nr. 9: Ich gebe meinen Kunden regelmäßig Marktinformationen. Werde ich dadurch aufsichtspflichtig?
Nein, jedenfalls soweit Sie lediglich zum Beispiel in regelmäßigen Abständen nur reine Marktdaten weiterleiten oder jeden Monat über die aktuelle Preisentwicklung anhand von Preiskurven an Marktplätzen oder ähnliches informieren. Anders wäre dies aber, wenn Sie damit konkrete Empfehlungen verbinden.
Nr. 10: Was passiert, wenn man so etwas macht, aber keine Erlaubnis hat?
Dann macht man sich strafbar. Und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kann den Geschäftsbetrieb einstellen.
Nr. 11: Was bedeutet es, eine Erlaubnis zu beantragen?
Sie müssen einen schriftlichen Antrag bei der BaFin stellen. Die BaFin stellt dazu Formulare bereit, die Sie ausfüllen und nebst weiteren Unterlagen und Dokumenten vorlegen müssen. Im Kern geht es um Angaben unter anderem zum Antragsteller selbst, den Gesellschaftern, zur Qualifikation der Geschäftsführer und zur Geschäftsorganisation. Sie brauchen natürlich eine Geschäftsführung, die qualifiziert ist, sich also mit Bankgeschäften bzw. Energiederivatgeschäften gut auskennt. Und Sie brauchen ausreichende Eigenmittel für die geplante Geschäftstätigkeit.
Nr. 12: Was ändert sich, wenn ich eine Erlaubnis habe?
Vor allem bedeutet dies, dass Sie Ihre interne Organisation so gestalten müssen, dass diese dem Level einer Bank entspricht (insbesondere hinsichtlich Mindestanforderungen an das Risikomanagement und an die Compliancefunktion – wobei das ein Standard ist, den auch viele „normale“ Händler anstreben bzw. einhalten). Zudem müssen Sie ausreichend Eigenmittel vorhalten (das kann – je nach politischer Entwicklung – ziemlich viel werden). Sie unterfallen direkt der EMIR (European Market Infrastructure Regulation) und damit dem so genannten Zwangsclearing. Und schließlich werden Sie Mitglied beim Sicherungsfonds, der „Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen“.
Wir haben „Ihre“ FAQ nicht beantwortet? Dann finden Sie die Antwort vielleicht in der neuen und 3. Auflage vom Zenke/Schäfer, Energiehandel in Europa, 2012.
Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau