Fernwärme: Stimmt der Preis (noch)?

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Bei Fernwärmepreisen spielt eine zentrale Rolle, dass sie die tatsächliche Kostenstruktur abbilden. Das ist wichtig, um die rechtlichen Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Preise für die Kunden einzuhalten. Im Augenblick passen viele Versorger ihre Preisblätter für die Wärmeversorgung an, ausgelöst durch die Umbasierung der veröffentlichten Indizes durch das Statistische Bundesamt. Dabei gilt es, die Angemessenheit der Wärmepreise zu prüfen und ggf. neue Preisbestandteile, wie die CO2-Kosten, zu berücksichtigen.

Auch unabhängig von der Umbasierung der Indizes gibt es eine Reihe von Gründen, warum Preise in der Fernwärmewirtschaft immer wieder neu bemessen werden müssen. Wenn sich die Regelungen ändern, muss dies in die Preissystematik integriert werden, um die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Entsprechen die Gewichtungsfaktoren in den Preisgleitklauseln nicht mehr den Kostenstrukturen im Unternehmen, ist dies oft ein erster Hinweis, dass eine Neukalkulation erforderlich ist. Die in den Klauseln enthaltenen Preisanpassungskomponenten sind in den meisten Fällen vor vielen Jahren oder gar Jahrzehnten kalkuliert worden und stimmen häufig mit der aktuellen Situation des Fernwärmeversorgers nicht mehr überein.

Generell ist es wichtig, geeignete Indizes in der langfristigen Betrachtung eines Preissystems auszuwählen. Da Lebenszyklen von Preisformeln in der Regel über viele Jahre gehen, sollten die Indizes eine gewisse Robustheit aufweisen. Schließlich will man nicht die Kunden mit starken Preisschwankungen verunsichern.

Nicht nur rechtliche Gründe sprechen für eine kostenorientierte Gestaltung der Preise. Mit den strukturellen Veränderungen am Strommarkt ist die Optimierung der Erlöspotenziale am Wärmemarkt in den Fokus gerückt. Vor allem sollte jedoch die Kostenkalkulation aus gesamtunternehmerischer Sicht betrachtet werden. Sie macht die Kostenstruktur transparent und ermöglicht nachhaltige Erfolgsrechnungen der Wärmesparte.

Längst werden Preise als strategisches Instrument in Wettbewerbsmärkten genutzt, um die Marktposition zu verbessern. Im klassischen Sinne steht Fernwärme zwar nur eingeschränkt im Wettbewerb, aber wenn sich der Kunde für ein Heizungssystem entscheidet, ist Fernwärme oft nur eine Option unter vielen. Zudem erschweren die bestehenden Regularien, wie beispielsweise die seit 2013 geltende Wärmelieferverordnung, den Zutritt zu neuen Versorgungsgebieten. Durch eine Gesamtbetrachtung der für die Wärme anfallenden Kosten lassen sich unbeabsichtigte oder ungünstige Kostenverschiebungen zwischen Kostenträgern identifizieren. Diese bieten damit eine Grundlage, um die Preise im Hinblick auf einzelne Kundengruppen zu optimieren. Mit einer Analyse der Kundenstruktur, also insbesondere des Verbrauchsverhaltens, lassen sich zentrale Erkenntnisse zur Anpassung des Preissystems gewinnen. Außerdem lassen sich wertvolle Potenziale zur Kundenzufriedenheit und damit zur Kundenbindung ableiten. Energieversorgern können durch eine Neukalkulation der Kostenstruktur und der Abbildung in Preisformeln den unternehmerischen Erfolg langfristig sicherstellen.

Die rechtlichen Anforderungen bei der Gestaltung der Fernwärmepreise einzuhalten, ist somit zwar sicherlich ein wesentliches Entscheidungskriterium für eine Neukalkulation. Allerdings sollte es nicht das einzige sein. Bei einer vollständigen Neukalkulation werden Kosten grundlegend neu erhoben und den Kostenträgern verursachungsgerecht zugeordnet. So wird die Preisentwicklung für den Kunden nachvollziehbar.

Ansprechpartner BBHC: Marcel Malcher/Felix Hoppe

Ansprechpartner BBH: Stefan Wollschläger/Ulf Jacobshagen

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