Insolvenzverfahren bei der EnVersum GmbH eröffnet
Nachdem die EnVersum GmbH am 6.3.2018 einen Insolvenzantrag gestellt hatte, eröffnete das Amtsgericht Hamburg am 1.4.2018 (Az.: 67c IN 86/18) das Insolvenzverfahren. Was bedeutet das, und wie geht es jetzt weiter?
Bisher war Rechtsanwalt Dr. Dietmar Penzlin nur vorläufiger Insolvenzverwalter, jetzt ist er es im endgültigen Sinn. Nur noch er allein darf über alles, was zum Vermögen der EnVersum GmbH gehört, rechtswirksam verfügen (§§ 80, 81 InsO). Wer der EnVersum GmbH noch etwas schuldig ist (etwa Guthaben), kann sich – sofern eine Aufrechnung mit offenen Forderungen nicht möglich sein sollte – nur noch durch Leistung an den Insolvenzverwalter von der Schuld befreien. Zahlungen an die EnVersum GmbH direkt haben diese Wirkung nicht mehr (§ 82 InsO).
Wahlrecht des Insolvenzverwalters
Verträge, die noch nicht vollständig abgewickelt sind, kann der Insolvenzverwalter erfüllen, er muss das aber nicht tun. Bei diesen „schwebenden“ Rechtsgeschäften hat er ein Wahlrecht dahingehend, sie zu erfüllen oder deren Erfüllung abzulehnen (§ 103 InsO). Durch die Schließung der Bilanzkreise kurz nach Stellung des Insolvenzantrags dürften aber vormals bestehende Netznutzungsverhältnisse bereits durch Kündigung beendet sein. Der Insolvenzverwalter braucht dann nicht mehr zur Ausübung seines Erfüllungswahlrechts aufgefordert werden. Zudem scheint der Geschäftsbetrieb der EnVersum GmbH bereits im Eröffnungsverfahren weitgehend eingestellt worden zu sein.
Für den Fall, dass doch noch ungekündigte Lieferantenrahmen- bzw. Netznutzungsverträge bestehen, sollte der Insolvenzverwalter unter Fristsetzung zu der Erklärung aufgefordert werden, ob er in das mit der EnVersum GmbH bestehende Vertragsverhältnis eintreten will. Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung (erwartungsgemäß) ab, wird der vertragliche Anspruch auf Gewährung von Netzzugang undurchsetzbar. Der Netzbetreiber kann dann außerordentlich und fristlos kündigen (§ 314 BGB) und den Netzzugang entziehen, weil der Insolvenzverwalter die Nichterfüllung des Vertrags gewählt hat.
Wichtige Fristen und Termine
Im Insolvenzverfahren sind bestimmte Fristen und Termine zu beachten. Bis zum 29.6.2018 können alle Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet werden, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (1.4.2018) begründet worden sind. Netzbetreiber sollten insoweit eine Schlussrechnung per 31.3.2018 erstellen und Mehr- und Mindermengen abrechnen, sofern sie das nicht schon getan haben.
Die Anmeldung hat gegenüber dem Insolvenzverwalter schriftlichzu erfolgen. Eine Forderungsanmeldung gegenüber dem Insolvenzgericht ist nicht möglich.
Der Anmeldung sollten neben einer Forderungsaufstellung Urkunden beigefügt werden, aus denen sich die Forderung ergibt. Aufgrund der Besonderheiten der elektronischen Netznutzungsabrechnung bietet sich hier insbesondere eine Offene-Posten-Liste an. Sofern der Verwalter Vordrucke für die Forderungsanmeldung zur Verfügung stellt, sollten man diese aus Praktikabilitätsgründen auch verwenden.
Die im Eröffnungsbeschluss bestimmte Anmeldefrist (29.6.2018) ist übrigens keine Ausschlussfrist. Dies bedeutet, dass Forderungen auch noch nach Ablauf der Frist angemeldet werden können. Bei einer Nachmeldung können allerdings Gerichtsgebühren in Höhe von 20,00 Euro je Gläubiger anfallen.
Für Mittwoch, den 13.6.2018, 10:30 Uhr, wurde der sog. Berichtstermin beim Insolvenzgericht in Hamburg anberaumt. Der Insolvenzverwalter wird dort über die Lage bei der EnVersum GmbH berichten. Sodann werden die Gläubiger über den weiteren Fortgang des Verfahrens beschließen. Falls beantragt, kann im Berichtstermin auch ein anderer Insolvenzverwalter von den Gläubigern gewählt werden. Die Teilnahme am Berichtstermin ist für die Gläubiger freiwillig.
Gefahr der Insolvenzanfechtung
Ob nach TelDaFax, FlexStrom und Care-Energy nun auch bei EnVersum Zahlungen im Wege der Insolvenzanfechtung zurückgefordert werden, bleibt abzuwarten.
Ob das rechtlich möglich ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Die Bandbreite möglicher Anfechtungskonstellationen ist groß. Die bei TelDaFax und insbesondere bei FlexStrom gemachten Erfahrungen haben aber ganz klar gezeigt, dass sich das Verteidigen gegen Anfechtungsansprüche lohnen kann. Zudem dürfte die am 5.4.2017 in Kraft getretene Reform des Anfechtungsrechts (wir berichteten), die hier zum Tragen kommt, die Chancen bei der Rechtsverteidigung erhöht haben.
Ansprechpartner: Markus Ladenburger/Steffen Lux