Kundenanlage und geschlossenes Verteilernetz – Probleme aus der Praxis: TEIL 2 einer Serie
Mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) im August 2011 sind die Betreiber geschlossener Verteilernetze (ehemals Objektnetzbetreiber) in den Fokus der Regulierung gerückt. Kundenanlagen (regulierungsfrei) wurden erstmalig gesetzlich definiert.
Dieser Beitrag ist der zweite Teil der Reihe „Kundenanlagen und geschlossene Verteilernetze – Probleme aus der Praxis“ und beschäftigt sich mit den buchhalterischen Entflechtungsvorgaben, die nach neuem Recht für geschlossene Verteilernetzbetreiber gelten.
Während Objektnetzbetreiber nach dem EnWG 2005 noch von der Anforderung der buchhalterischen Entflechtung befreit waren, ist das jetzt anders. § 6 EnWG verpflichtet die betroffenen Unternehmen, ungeachtet ihrer tatsächlichen Verhältnisse, einen Jahresabschluss nach den für Kapitalgesellschaften geltenden Regelungen aufzustellen, prüfen zu lassen und offenzulegen.
Für die Übertragung, Verteilung und gegebenenfalls Speicherung der Energie sind grundsätzlich separate Konten zu führen. Darüber hinaus ist für diese Bereiche jeweils ein Abschluss aufzustellen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 6b Abs. 3 EnWG. Für die anderen Bereiche innerhalb und außerhalb der Versorgung mit Strom und Gas sind jeweils getrennte Konten zu führen, die zusammengefasst werden können.
In der Praxis bedeutet dies, dass Energieversorgungsunternehmen zum einen für die in § 6b Abs. 3 EnWG 2011 genannten Tätigkeiten alle Vermögensgegenstände und Schulden identifizieren und separieren müssen. Hierbei kann sich ergeben, dass Ansatz, Ausweis und Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden angepasst werden müssen, da nunmehr auch Personengesellschaften die Vorschriften für Kapitalgesellschaften bei der Rechnungslegung anzuwenden haben. Zum anderen sind alle Aufwendungen und Erträge eines Geschäftsjahres, die diese Tätigkeitsbereiche betreffen, gesondert zu erfassen.
Darüber hinaus besteht die Verpflichtung, einen Tätigkeitsabschluss zusammen mit dem Jahresabschluss der Gesellschaft für die betreffenden Tätigkeiten zu erstellen. Somit sind für jeden der genannten Bereiche eine Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrechnung sowie ein Anhang inklusive Anlagenspiegel zu erstellen.
Entsprechend einer Stellungnahme (dort: IDW ERS ÖFA 2 n.F.) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) kann die getrennte Kontenführung in unterschiedlichsten Formen erfolgen; explizit genannt werden Unterkonten oder Kennzeichnungen. In der Praxis ist hier eine Trennung in Form von gesonderten Buchungskreisen, Geschäftsbereichen oder auch Profit-Centern üblich. In jedem Fall müssen Dokumentation und Aufbewahrung sichergestellt sein.
Darüber hinaus verweist das IDW ausdrücklich auf die Anforderungen des § 238 ff. HGB. Somit sind die Geschäftsvorfälle vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet zu erfassen. Ferner sind die Eintragungen und Aufzeichnungen in der Rechnungslegung so vorzunehmen, dass alle Änderungen nachvollziehbar sind, also die ursprünglichen Inhalte retrograd abgebildet werden können. Dieses Erfordernis schließt im Regelfall eine rein Excel-basierte Lösung aus. Die zeitnahe Erfassung aller Geschäftsvorfälle auf den getrennten Konten will das IDW dadurch vereinfachen, dass hier auch nachträgliche Buchungen im Rahmen der Jahresabschlusserstellung genügen, solange die Überleitungsregelungen im Vorhinein bestimmt sind und dies entsprechend dokumentiert wurde.
Wenn Vereinfachungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Kapitalgesellschaften in Anspruch genommen werden, ist stets auf den Gesamtabschluss abzustellen. Die entsprechenden Voraussetzungen sind somit nicht nur im Tätigkeitsabschluss, sondern auch im Gesamtjahresabschluss zu erfüllen. Weiterhin wird klargestellt, dass alle im originären Abschluss vorgenommenen Bilanzierungsregeln ebenso im Tätigkeitsabschluss anzuwenden sind.
Insgesamt ist festzuhalten, dass es sehr aufwändig sein wird, den § 6b EnWG erstmals anzuwenden. Wie viel Arbeitsaufwand die dann folgende jährliche Aufstellung der Tätigkeitsabschlüsse machen wird, hängt auch wesentlich vom gewählten Umsetzungssystem ab und entspricht dem normalen Aufwand für die Erstellung eines Jahresabschlusses.
Geschlossene Verteilernetze müssen die dargestellten Anforderungen erstmals für den Abschluss für das Jahr erfüllen, das nach dem Inkrafttreten des novellierten EnWG am 4.8.2011 beginnt. Dies ist bei einem Wirtschaftsjahr, das dem Kalenderjahr entspricht, der Abschluss zum 31.12.2012. Zu beachten ist hierbei, dass zwingend eine Eröffnungsbilanz zum 1.1.2012 notwendig ist.
Ansprechpartner: Dr. Christian de Wyl