Neues Mess- und Eichrecht zum 1.1.2015: Neue Anforderungen an das Verwenden von Messwerten

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Seit dem 1.1.2015 gilt in Deutschland ein neu gestaltetes Mess- und Eichrecht. Das neue Mess- und Eichgesetz (MessEG) und die Mess- und Eichverordnung (MessEV) haben das bisher geltende Eichrecht – insbesondere Eichgesetz (EichG) und Eichordnung (EichO) – abgelöst. Zeitnah (wohl zum 1.3.2015) wird auch die Mess- und Eichgebührenverordnung in Kraft treten. Am 18.12.2014 hat der Bundesrat die Verordnung angenommen (BR-Drs. 631/14), die zu deutlich höheren Eichgebühren führen wird. Für die Energiebranche ist dieses gesetzgeberische Projekt vor allem wegen der Neuerungen interessant, die Messgeräteverwender und erstmals ausdrücklich auch so genannte „Verwender von Messwerten“ betreffen.

Warum ein neues Eichrecht?

Seit Jahren bemüht sich der Gesetzgeber um ein einheitliches und für alle Messgeräte einheitlich geltendes Mess- und Eichrecht, das unabhängig davon gilt, ob inländisches oder europäisches Recht auf das jeweilige Messgerät anwendbar ist.

Das neue Eichrecht dient wie bisher dazu, im Interesse des Verbraucherschutzes und der Lauterkeit des Handelsverkehrs die Richtigkeit von Messergebnissen sicherzustellen, § 4 MessEG. Aus diesem Grund dürfen Messgeräte im geschäftlichen und amtlichen Verkehr weiterhin grundsätzlich nur dann verwendet werden, wenn diese geeicht sind, §§ 31, 37 Abs. 1 Nr. 1 MessEG. Unter „geschäftlichem Verkehr“ ist jede Tätigkeit zu verstehen, die nicht rein privater oder innerbetrieblicher Natur ist, vgl. § 6 Nr. 6 MessEV. Geschäftlicher Verkehr ist also zumindest immer dann anzunehmen, wenn Messwerte für Abrechnungszwecke (zum Beispiel Energiebelieferung oder Netzentgelte) gegenüber Dritten verwendet werden.

Neue eichrechtliche Pflichten für Messgeräteverwender

Wie im bisher geltenden Eichrecht richten sich die Verpflichtungen vorrangig an den so genannten Messgeräteverwender, also im Bereich der Versorgungswirtschaft denjenigen, der den Messstellenbetrieb wahrnimmt. Der Verwender von Messgeräten bleibt auch weiterhin verpflichtet, abrechnungsrelevante Leistungen nur mittels geeichter Messeinrichtungen zu ermitteln, sofern er nicht unter eine der geräte- oder verwendungsbezogenen Ausnahmen im Eichrecht fällt oder die zuständige Eichbehörde ihn von den Pflichten nach dem MessEG und der MessEV befreit hat.

Neben den bisher geltenden eichrechtlichen Pflichten müssen sich Geräteverwender auf Neuerungen in folgenden Bereichen einstellen:

  • Neu ist die Pflicht nach § 32 MessEG, wonach ab 1.1.2015 erstmalig verwendete neue oder erneuerte Messgeräte unter Angabe der gerätespezifischen Daten bei zuständiger Eichbehörde anzuzeigen sind.
  • Im Bereich intelligenter Messsysteme/Smart Meter gibt es eine Genehmigungspflicht für Updates der Betriebssoftware, (§ 37 Abs. 6 MessEG, §§ 40, 41 MessEV).
  • Nach § 38 MessEG kann man Messgeräte weiternutzen, wenn die Eichbehörde die rechtzeitig angezeigte (Nach-)Eichung nicht rechtzeitig vornimmt, ohne zivil- oder ordnungsrechliche Folgen befürchten zu müssen.
  • Es gibt eine strengere Fehlerquote bei der Stichprobenprüfung (§ 35 MessEV) von künftig einheitlich 5 Prozent.

Neue Pflichten für Messwerteverwender: Die Vergewisserung nach § 33 Abs. 2 MessEG

Mit dem neuen Mess- und Eichrecht bezieht der Gesetzgeber auch erstmals Verwender von Messwerten (neben den Verwendern von Messgeräten) in den Kreis der eichrechtlich Verpflichteten ein, vgl. § 1 Nr. 4 MessEG. Damit besteht eine zum Teil parallele bzw. überlappende Eichrechtsverantwortlichkeit zwischen Messgeräteverwender und Messwerteverwender.

Neu ist die Verpflichtung für den Messwerteverwender, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten zu vergewissern, dass die Messgeräte, mit denen Messwerte bestimmt wurden, den gesetzlichen Anforderungen genügen, und sich vom Messgeräteverwender die Erfüllung der eichgesetzlichen Anforderungen bei der Verwendung von Messgeräten bestätigen zu lassen, § 33 Abs. 2 MessEG.

Für den Fall, dass Messwerteverwender und Messgeräteverwender nicht identisch sind, sollte dies vertraglich vereinbart werden (so auch die Gesetzesbegründung, vgl. BT.-Drs. 17/12727 vom 13.3.2013, S.  46). Das geht relativ leicht durch eine entsprechende Zusatzvereinbarung, soweit ohnehin bereits ein Vertrag abgeschlossen wurde. In vielen Fällen können bestehende Verträge aber nur mit erheblichem Aufwand ergänzt werden (zum Beispiel im Verhältnis Netzbetreiber und Lieferant) bzw. sind nicht zwingend Verträge vorgesehen (zum Beispiel im Verhältnis EEG-Anlagenbetreiber und Netzbetreiber). In diesen Fällen sollten Messwerteverwender auch außerhalb vertraglicher Abreden eine gesonderte Bestätigung vom Messgeräteverwender einholen.

Welche Verhältnisse in der Versorgungswirtschaft sind betroffen?

Eichrechtliche Pflichten für Messwerteverwender entstehen in der Versorgungswirtschaft beispielsweise in folgenden Rechtsverhältnissen:

  • Lieferant zu Verteilnetzbetreiber

Im Verhältnis zwischen Netzbetreiber und Lieferant ist der Netzbetreiber (sofern kein dritter Messstellenbetreiber beauftragt ist) als grundzuständiger Messstellenbetreiber der Messgeräteverwender. Der Lieferant nutzt regelmäßig die Messwerte zur Abrechnung der Belieferung gegenüber seinen Kunden und gilt damit als Messwerteverwender im Sinne des Mess- und Eichrechts.

  • Netzbetreiber – Messstellenbetreiber

Wird der Messstellenbetrieb nicht vom Netzbetreiber durchgeführt, sondern von einem Dritten, verwendet dieser das Messgerät (und ist daher Messgeräteverwender) und übermittelt dem Netzbetreiber die Messwerte, die dieser wiederum nutzt, um die Netznutzungsabrechnung gegenüber den Lieferanten zu erstellen. Messwerteverwender ist insofern der Netzbetreiber.

In diesem Verhältnis dürfte die gesonderte Bestätigung der Einhaltung der Eichvorgaben nach § 33 Abs. 2 MessEG nicht erforderlich sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der von der BNetzA festgelegte Messstellenrahmenvertrag (Anlage 3 zum Beschluss BK6-09-034/BK7-09-001) abgeschlossen wurde. Dieser regelt in § 11 bereits, dass der Messstellenbetreiber Messgeräteverwender im Sinne des Eichrechts und verantwortlich für die Einhaltung aller sich aus dem Eichrecht ergebenen Anforderungen und Verpflichtungen ist.

  • Anlagenbetreiber – Netzbetreiber/Lieferant

Im Verhältnis zwischen Netz- und Erzeugungsanlagenbetreiber kommt es darauf an, wer tatsächlich die Messstellen betreibt und wer (jeweils) die Messwerte nutzt, etwa um damit abzurechnen. Ersterer ist der Messgeräteverwender, letzterer der Messwerteverwender.

Führt der EEG-Anlagenbetreiber selbst den Messstellenbetrieb durch, ist dieser im eichrechtlichen Sinne Messgeräteverwender. Die Messwerte liegen regelmäßig sowohl der Abrechnung der EEG-Einspeisevergütung oder Marktprämie (Verhältnis Netzbetreiber und Anlagenbetreiber) als auch der Abrechnung des Anschlussnetzbetreibers gegenüber dem ÜNB zugrunde. Sofern der Netzbetreiber also nicht – wie häufig – selbst den Messstellenbetrieb durchführt, hat er sich vom Anlagenbetreiber als Messgeräteverwender zumindest für die Abrechnung (gegenüber dem ÜNB) die Bestätigung im Sinne von § 33 Abs. 2 MessEG einzuholen.

Die Vorgaben gelten entsprechend in Fällen, in denen Erzeugungsanlagenbetreiber (etwa KWK) selbst Messstellenbetreiber sind oder einen Dritten beauftragt haben und der Netzbetreiber die Messwerte zur Abrechnung nutzt.

Wie sollten Versorgungsunternehmen vorgehen?

Unternehmen der Versorgungswirtschaft sind aus § 33 Abs. 2 MessEG entweder – als Messwerteverwender – selbst zur Vergewisserung verpflichtet oder – als Messgeräteverwender – Adressat entsprechender Bestätigungsverlangen. Um den bürokratischen Aufwand möglichst gering zu halten, dürfte es sich daher empfehlen, auch als Messgeräteverwender aktiv vorzugehen. So lässt sich vermeiden, dass man aufwändig jede entsprechende Anfrage etwaiger Messwerteverwender (etwa von Lieferantenseite) einzeln beantworten muss.

Ansprechpartner: Dr. Jost Eder/Jan-Hendrik vom Wege/Dr. Michael Weise

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