Zurück auf Start? Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet zum selbstständigen Unternehmensteil

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Wann ist ein Unternehmensteil selbständig genug, um eine Verringerung der EEG-Umlage nach der Besonderen Ausgleichsregelung in Anspruch nehmen zu können? Zu dieser Frage hat am 22.7.2015 das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in zwei Verfahren Urteile (Az. 8 C 7.14 und Az. 8 C 8.14) gefällt. Die Urteile waren mit Spannung erwartet worden, denn die Vorinstanzen hatten ein recht heterogenes Begriffsverständnis offenbart. So vertrat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Frankfurt am Main die Auffassung (Urt. v. 15.11.2012, Az. 1 K 1540/12.F), der Begriff „selbstständige Teile des Unternehmens“ sei – weil „semantisch leer“ – ein Widerspruch in sich. Dem schlossen sich zwar weder die 5. Kammer des VG Frankfurt am Main (Urt. v. 14.3.2013, Az. 5 K 2071/12.F) noch der 6. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) (Urt. v. 9.1.2014, Az. 6 A 1999/13 und Az. 6 A 71/13) an. Eine klar handhabbare Linie ergab sich für den Rechtsanwender aus diesen weiteren Entscheidungen jedoch ebenfalls nicht.

Das BVerwG hat die Klagen nun wie die Vorinstanzen ebenfalls zurückgewiesen, aber mit wiederum etwas anderer Begründung. Bislang ist dazu lediglich eine Presseerklärung veröffentlicht. Hieraus wird jedoch erkennbar, dass auch das BVerwG den Begriff eher restriktiv auslegt: Ein selbstständiger Unternehmensteil soll nur dann vorliegen, wenn die in diesem Unternehmensbereich hergestellten Produkte am Markt platziert werden. Dies gebiete der Zweck der EEG-Umlagebegrenzung, stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes international wettbewerbsfähig zu erhalten. Ein vergleichbarer (internationaler) Wettbewerbsdruck bestehe aber nicht für Unternehmensteile, die ganz oder zu einem wesentlichen Teil im eigenen Unternehmen weiterzuverarbeitende Vorprodukte erzeugten. Außerdem fehle es an der Selbstständigkeit des Unternehmensteils, wenn für den Unternehmensbereich keine Leitung vorhanden sei, die über eine vom Unternehmen abgrenzbare eigenständige Kompetenz zu unternehmerischen und planerischen Entscheidungen verfüge.

Eine genaue Analyse der Entscheidungen des BVerwG ist erst möglich, wenn die Urteilsbegründungen vorliegen. Faktisch wird die Rechtsprechung aber wohl zu einem „Zurück auf Start“ führen. Denn schon die erste Fassung der Besonderen Ausgleichsregelung in § 11a EEG 2000 erstreckte die EEG-Umlagebegrenzung auf selbstständige Teile eines Unternehmens, damit die betroffenen Unternehmen sich nicht veranlasst sehen, den einen wirtschaftlich selbstständigen Teil (rechtlich) auszugründen. Dieses Ziel läuft bei einem restriktiven Begriffsverständnis wohl weitgehend leer. Betroffene Unternehmer werden nun (erneut und verstärkt) darüber nachdenken, ob der Unternehmensteil rechtlich verselbstständigt werden sollte.

Ansprechpartner: Jens Vollprecht/Andreas Große

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