Es geht voran im Abfallrecht

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Während das Jahr 2020 vielerorts von Lockdown und Stillstand geprägt ist, scheint es zumindest im deutschen Abfallrecht voranzugehen.

Kreislaufwirtschaftlicher Dreisatz

Bereits im Juni hatte die Bundesregierung die europäische Einweg-Kunststoff-Richtlinie (RL 2019/904) in eine Verordnung (Einwegkunststoffverbotsverordnung – EWKVerbotsV) umgesetzt. Sie verbietet ab Juli 2021, neue Einwegprodukte wie Trinkhalme herzustellen. Am 17.9.2020 dann wurde in 2. und 3. Lesung (Plenarprotokoll 19/176) die nationale Umsetzung der letzten Änderung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie (RL 2018/851), die Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) (wir berichteten), beschlossen.

Zentrales Anliegen der Novelle ist, dass Hersteller von Produkten umfassend im Geiste des kreislaufwirtschaftlichen Dreisatzes zu Vermeidung, Wiederverwendung und Recycling verpflichtet werden. Dies umfasst sowohl das Design der Waren, als auch die vorrangige Verwendung von Rezyklaten und den sparsamen Einsatz von kritischen Rohstoffen. Die ausgeprägtere Nutzung von Systemen, insbesondere zur Reparatur, soll die Wiederverwendbarkeit stärken. Zusätzlich ist insbesondere im Online-Handel ein möglicher Neuverkauf nach Retoure von Waren bereits einzuplanen, um der ausufernden Zerstörung von Retouren entgegenzutreten. Eine weitergehende Obhutspflicht bindet Hersteller von klassischen Einwegprodukten wie To-Go-Bechern oder Zigaretten, diese ebenfalls im Bewusstsein einer möglichen Umweltverschmutzung zu designen und sich an den Kosten der öffentlichen Entsorgungsträger zu beteiligen, die diesen durch Produkte entstehen. Insgesamt werden die Recyclingquoten gestärkt.

Stärkere Position der öffentlich-rechtlichen Versorger

Auf gewerblicher Ebene stellt die Novelle unstreitig klar, dass öffentlich-rechtliche Versorger eine eigene geschützte Position haben, aus der eine Klagebefugnis gegen gewerbliche Abfallentsorger folgt. Das soll den kommunalen Trägern die Möglichkeit geben, die Voraussetzungen einer ordentlichen Sammlungsanzeige und der Gemeinnützigkeit einer Sammlung wie jeder andere gewerbliche Teilnehmer gerichtlich überprüfen zu lassen. Im Vergabeverfahren werden die Bundesbehörden verpflichtet, Erzeugnisse aus Rezyklaten zu bevorzugen und somit ein erhebliches Zeichen der öffentlichen Hand für die Verwendung recycelter Materialien zu setzen.

Zwei Entschließungen und ein Referentenentwurf

Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens wurden auch zwei Entschließungen verabschiedet. Einerseits soll die Bundesregierung prüfen, ob die Transparenzverordnung zwecks Information über die Praxis der Warenvernichtung angepasst werden kann. Andererseits soll sie identifizieren, wo und in welchem Umfang Hemmnisse für den verstärkten Einsatz von Rezyklaten bestehen, sowie Lösungen entwickeln.

Der Verabschiedung der Neuregelungen zum Kreislaufwirtschaftsgesetz folgte im Bundestag auch die Beschlussfassung zur Novelle des Batteriegesetzes („Batteriegesetz 2“). Danach sollen Batterien zukünftig statt über ein geplantes staatliches Rückholsystem mit Hilfe einer wirtschaftlichen Lösung in den Kreislauf zurückgebracht werden. Geplant ist, dass eine Behörde die herstellereigenen Rücknahmesysteme koordinieren und für einen Ausgleich der Systeme unter einheitlichen Bedingung sorgen wird.

Alles in allem war der 17.09.2020 somit ein guter Tag für das Abfallrecht. Umso erfreulicher ist auch die Nachricht vom Tag zuvor: Das Bundesumweltministerium hat einen Referentenentwurf in die Ressortabstimmung der Bundesregierung und in die Verbändeanhörung gegeben, der das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) novellieren soll. Derzeit bleibt Deutschland mit 43,11 Prozent hinter dem EU-Sammelziel von 45 Prozent für Elektroaltgeräte leicht zurück. Das Sammelziel steigt aber für 2019 sprunghaft auf 65 Prozent. Geplant ist, die Rücknahmeverpflichtungen der Händler deutlich zu erhöhen. Daneben sollen die Rahmenbedingungen für eine mögliche Wiederverwendung gestärkt werden, um die Lebenszeit der Geräte zu verlängern. Vermittler wie Amazon & Co. sind nach Grundlage des Entwurfs zu verpflichten, die ordnungsgemäße Registrierung der Produkte zu überprüfen, die über ihre Plattformen verkauft werden.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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