Das Mieterstrommodell: Die lokale Antwort auf steigende Energiepreise?

Die Energiepreise steigen. Damit rückt die dezentrale Energieversorgung und somit auch das Mieterstrommodell in den Fokus von Politik, Energie- und Wohnungswirtschaft. Das Modell gewinnt an Attraktivität – doch es gibt auch zahlreiche Herausforderungen.

Ausbau von Photovoltaik-Anlagen

Als Klimaschutz- und Wirtschaftsminister Robert Habeck seine Pläne für die Beschleunigung der Energiewende vorstellte, kündigte er auch ein neues „Solarbeschleunigungsgesetz“ an. Für den dringend erforderlichen Ausbau von PV-Anlagen sei nicht nur vorgesehen, die Ausschreibungsschwellen anzuheben, sondern auch den Mieterstrom zu verbessern. Zudem soll das Gesetz eine Solarpflicht für gewerbliche Neubauten beinhalten, und auch auf den Dächern privater Neubauten sollen PV-Anlagen die Regel werden. Zusätzlich bietet die von der Ampelkoalition geplante Abschaffung der EEG-Umlage Einsparpotentiale für das Mieterstrommodell.

Geschäftsmodell Mieterstrom

Das Mieterstrommodell wurde mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2017 eingeführt. Ziel war es, Anreize für den Ausbau der Solarenergie zu setzen und Mietparteien von Solarstrom vom eigenen Hausdach profitieren zu lassen. In diesem Modell wird Strom in einer PV-Anlage auf einem Wohngebäude erzeugt und von dort direkt, das heißt ohne Netzdurchleitung, an Letztverbrauchende in diesem Gebäude oder im selben Quartier geliefert und verbraucht. In der Regel werden die entsprechenden Dachflächen von der Wohnungswirtschaft an die Anlagenbetreiberin vermietet, welche den Strom direkt an die Mietparteien liefert. Es ist auch möglich, in den Lieferprozess eine weitere Person dazwischenzuschalten (sog. Lieferkettenmodell). So kann die Stromlieferung beispielsweise zunächst an die Vermietung erfolgen, welche den Strom an die Mietparteien weiterleitet.

Die Wirtschaftlichkeit des Mieterstrommodells setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Erstens wird Solarstrom über das EEG mit dem sog. Mieterstromzuschlag gefördert. Zweitens entfallen netzseitige Umlagen und Abgaben (z.B. Netzentgelte und Konzessionsabgaben), da das öffentliche Stromnetz nicht genutzt wird. Insgesamt können den Mietparteien hierdurch sehr günstige Strompreise angeboten werden, sodass alle Beteiligten an den Gewinnen teilhaben.

Außerhalb der EEG-Förderung können Mieterstromkonzepte zur Strom- und Wärmeversorgung auch über Kraft-Wärme-Kopplungs-(KWK)-Anlagen umgesetzt und über das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) gefördert werden. Hier bestehen größere Freiheiten hinsichtlich der Preis- und Vertragsgestaltung, z. B. was die Laufzeiten von Wärmelieferverträgen angeht.

Mieterstrommodell gewinnt an Attraktivität

Seit der Novellierung des EEG zum 1.1.2021 gewinnt das Mieterstrommodell an Attraktivität. Das neue Gesetz verbessert die Rahmenbedingungen erheblich, insbesondere durch die deutliche Anhebung der Fördersätze. Außerdem sind die Voraussetzungen für den Mieterstromzuschlag erweitert worden, indem nun die Stromlieferung im gesamten Quartier möglich ist und das oben genannte Lieferkettenmodell für zulässig erklärt wurde. Die Änderung des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) im vergangenen Jahr hat auch die gewerbesteuerrechtlichen Rahmenbedingungen für die Wohnungswirtschaftsunternehmen verbessert und damit Hindernisse für die Umsetzung von Mieterstromkonzepten beseitigt.

Die geplante Abschaffung der EEG-Umlage kann die Kosten im Mieterstrommodell außerdem weiter reduzieren. Bisher musste die EEG-Umlage vollständig gezahlt werden, da das Mieterstrommodell als Stromlieferung und nicht als Eigenversorgung eingeordnet wurde. Entfallen diese Kosten und die mit der mit der EEG-Umlagezahlung verbundenen Anforderungen an Meldung, Messung und dergleichen mehr, ist das auch für den Mieterstrom günstig. Aktuell wird sogar diskutiert, die EEG-Umlage vorzeitig noch dieses Jahr abzuschaffen, obwohl im Koalitionsvertrag ein Ende zum 1.1.2023 vereinbart wurde.

Herausforderungen angehen

Die konkrete Umsetzung von Mieterstrommodellen bietet noch immer zahlreiche Herausforderungen. Sie betreffen insbesondere Fragen zu den konkreten Fördervoraussetzungen, der Messung und Abrechnung, der Abwicklung mit der Netzbetreiberin und auch zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Weiterhin gelten bei der vertraglichen Umsetzung, wie der Gestaltung von Energielieferverträgen zwischen Mietstromlieferantin und Kundschaft, einige Besonderheiten.

Ansprechpartner*innen: Dr. Martin Altrock/Ulf Jacobshagen/Dr. Wieland Lehnert

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