Es geht voran: Digitalisierung und Erneuerbare Energien im Baurecht

Ende letzter Woche stand es im Bundesgesetzblatt: das Gesetz, mit dem u.a. das Bauleitplanverfahren digitalisiert und die Errichtung von PV-Anlagen erleichtert werden soll. Ein wichtiger Schritt zur Beschleunigung ist getan. Jetzt wird sich zeigen müssen, ob und wie sich die Neuerungen in der Praxis bewähren.

Was steckt drin?

Erstes Ziel ist die Umstellung der Beteiligungsverfahren bei der Aufstellung oder Änderung von Bauleitplänen (also von Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen) auf ein digitales Verfahren. Diese digitale Beteiligung stellt fortan den Regelfall dar. Zum Zweiten sind Agri-PV-Anlagen nun unter bestimmten Voraussetzungen im bauplanungsrechtlichen Außenbereich explizit privilegiert. Und es ist nun (ganz) klar, dass PV-Anlagen auch in Gewerbe- und Industriegebieten sowie als untergeordnete Nebenanlagen zulässig sind. Zum Dritten wird das Interesse am Ausbau von Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien im Baugesetzbuch gestärkt.

Das Gesetz enthält außerdem weitere Neuerungen, u. a. zum Bau von Unterkünften für Geflüchtete und zu Änderungen im Baurecht als Reaktion auf die Flutkatastrophe im Ahrtal, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen.

Schlankere Planungsverfahren durch Digitalisierung

Die Entwürfe von Bauleitplänen müssen nun nicht mehr ausgedruckt und ausgelegt, sondern (nur) im Internet veröffentlicht werden. Und die Stellungnahmen im Bauleitplanverfahren sollen ebenfalls elektronisch übermittelt werden. Aufwand und Papierbedarf werden also deutlich weniger werden.

Das Baulandkataster soll elektronisch geführt werden. Auch damit sollen Barrieren fallen.

Die Frist zur Genehmigung von Flächennutzungsplänen und von Bebauungsplänen, die nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden sind, wird erheblich verkürzt: Statt bisher in drei Monaten soll die Entscheidung nun in einem Monat getroffen werden.

Die neuen Vorgaben werden evaluiert: Bis zum 31.12.2027 muss das zuständige Bauministerium bewerten, ob und wie sich die Regelungen in der Praxis bewähren.

Agri-PV im Außenbereich

Es gibt nun eine explizite Privilegierung für sogenannte Agri-PV-Anlagen. Aber aufgepasst, nicht jede „Agri-PV“ ist Agri-PV im Sinne der Privilegierung. Voraussetzung ist, dass es sich um eine besondere Solaranlage im Sinne des EEG auf Acker, Kulturen bzw. Grünland handelt. Das bedeutet aber auch: Die Festlegungen der Bundesnetzagentur haben Auswirkungen auf das Baurecht. Was muss sonst noch erfüllt werden? Das Vorhaben muss in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem land-, forst- oder gartenbaulichen Betrieb stehen, die Grundfläche der Solaranlage darf 25.000 Quadratmeter nicht überschreiten und je Hofstelle oder Betriebsstandort wird nur eine Anlage betrieben.

Klarstellungen in der Baunutzungsverordnung

Die Rechtsprechung hatte sich zwar schon wiederholt klar geäußert, manchen Baubehörden war das aber augenscheinlich nicht genug. Der Gesetzgeber sah sich deshalb veranlasst „klarzustellen”, dass PV-Anlagen auch auf als Gewerbe- oder Industriegebiet festgesetzten Flächen zulässig sind. An den allgemeinen Anforderungen an die Gebietsverträglichkeit der konkret in Rede stehenden PV-Anlagen ändert sich aber nichts. PV-Anlagen sind außerdem als Nebenanlagen zulässig, wenn sie im Vergleich zur jeweiligen Hauptanlage untergeordnet sind. Und eine dritte Neuerung kommt hinzu: Soweit der Bebauungsplan nicht ausdrücklich anderes festsetzt, darf die gesamte Fläche für PV-Anlagen innerhalb von Gewerbe, Industrie- und sonstigen Sondergebieten in Anspruch genommen werden (d. h. die Grundflächenzahl darf 1,0 betragen).

Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans

Ausdrücklich geregelt ist nun auch, dass das Interesse am Ausbau der Erneuerbaren Energien eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans rechtfertigen kann. Die gesetzliche Wertung des § 2 EEG (überragendes öffentliches Interesse an den Erneuerbaren) ist jetzt ins BauGB übertragen worden. Damit sollen den Zulassungsbehörden größere Spielräume zugunsten der Erneuerbaren Energien eingeräumt werden. Der Gesetzgeber hat hierbei bedacht, dass auch Vorgaben zur befristeten Errichtung und zum Rückbau berücksichtigt werden können.

Der Weg ist frei

Die Behörden haben nun, wo die Regelungen in Kraft getreten sind, einige Handhabe, das Planen und Bauen von Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien einfacher, schneller und praktikabler zu machen. Mal schauen, wie rege sie davon Gebrauch machen.

Ansprechpartner*innen: Andreas Große/Jens Vollprecht/Joshua Hansen/Julia Ludwig

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