Klagewelle wegen rückwirkender Kürzung von EE-Vergütungen: Wen erwischt es als nächsten?

(c) BBH
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In Spanien ist es bereits passiert. In Tschechien auch. Die Regierungen beider Länder haben die Förderung für Erneuerbare-Energien-Anlagen rückwirkend gekürzt und damit eine Klagewelle von Investoren und Projektierern verursacht. Die privaten Unternehmen berufen sich auf das internationale Investitionsschutzrecht – genauer den Energy Charta Treaty, den die meisten europäischen Staaten ratifiziert haben. Dieser sieht vor, dass Gaststaaten nicht durch Gesetzesänderungen willkürlich in die Eigentumsrechte oder „berechtigten Erwartungen“ von Investoren eingreifen können. Je nachdem, wie und in welchem Umfang die Fördersysteme für Erneuerbare Energien geändert werden, können die Rechtspositionen von Investoren dadurch beeinträchtigt sein. Dann besteht mitunter ein Schadensersatzanspruch, der direkt gegenüber dem Staat vor einer Schiedsorganisation geltend gemacht werden kann.

Wie viele Länder werden noch folgen und eine Vielzahl von Klagen hinnehmen müssen?

Es könnten noch viele werden, denn ähnliche Kürzungen wie in Spanien und Tschechien hat es auch in anderen Ländern in Europa gegeben. Bulgarien kürzte beispielsweise bereits im Jahr 2011 die Förderung von Erneuerbaren Energien massiv und erschwerte bzw. stoppte den Netzanschluss von neuen Erneuerbare-Energien-Anlagen. Später trat eine nunmehr endgültige Netznutzungsgebühr für Photovoltaik- und Wind-Energie in Kraft, die auch für Bestandsanlagen rückwirkend bis zum 18.9.2012 gezahlt werden muss. Die 2013 eingeführte 20-Prozent-Steuer auf die Erträge von Erneuerbare-Energien-Erzeuger wurde zwar 2014 für verfassungswidrig erklärt, aber bislang nicht zurückerstattet.

Jüngst sorgte auch Italien für Aufsehen. Dort ist Ende 2014 eine Reform des Erneuerbare-Energien-Fördersystems in Kraft getreten, die zwar den zwischenzeitlichen Förderstopp beendet, allerdings die Förderkonditionen auch gerade für Bestandsanlagen änderte. Anlagenbetreiber wurden vor die Wahl gestellt: Entweder sie akzeptieren eine Förderkürzung, oder die Förderung wird „umverteilt“ (entweder durch eine Verlängerung des Förderzeitraums oder durch eine gestaffelte Auszahlung, bei der gegen Ende des Förderzeitraums höhere, jedoch zu Beginn niedrigere Fördersätze gezahlt werden). De facto laufen alle Modelle jedoch auf eine Kürzung hinaus. Daneben wurden Investoren in Erneuerbare Energien in Italien weitere Verpflichtungen auferlegt, wie etwa eine spezielle Gebühr, die die Verwaltungskosten des Fördersystems abdecken soll.

Auch Belgien, Griechenland oder Portugal sind nicht bei ihrer ursprünglichen Förderung der Erneuerbaren Energien geblieben, sondern haben in den letzten Jahren und Monaten ihre Fördermechanismen nachträglich verändert, auch für Bestandsanlagen.

Ob Investoren die jeweiligen Länder auf Schadensersatz verklagen können, bedarf einer sorgfältigen Untersuchung. Die Mitgliedstaaten des Energy Charta Treaty sind jedenfalls nach Art. 10 Abs. 1 des Energy Charta Treaty verpflichtet, Investoren „fair und gerecht“ zu behandeln. Die konkreten Vorgaben, die sich hieraus ergeben, werden in den nächsten Jahren anhand der Entscheidungen zu den Fällen in Spanien und Tschechien geklärt werden.

Ansprechpartner: Prof. Christian Held/Dr. Dörte Fouquet

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