Bundesweites Korruptionsregister – ein erneuter Anlauf kurz vor Torschluss

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400 Milliarden Euro – so viel geben Bund, Länder und Kommunen pro Jahr für die öffentliche Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen aus. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass das Interesse, Aufträge nur an zuverlässige und gesetzestreue Unternehmen zu vergeben, besonders hoch ist. Doch woher soll man wissen, wer redlich und wer das „schwarze Schaf“ unter der Vielzahl der Anbietern ist?

Ein bundesweites Korruptionsregister könnte hier behilflich sein. Hierfür bedarf es jedoch einer gesetzlichen Grundlage, die bislang fehlt. Zahlreiche Versuche, diese Gesetzeslücke zu füllen, sind in der Vergangenheit bereits gescheitert. Ob dieses Schicksal auch dem jüngsten Gesetzentwurf zur Errichtung eines Registers über unzuverlässige Unternehmen (Korruptionsregister-Gesetz) blüht, der zurzeit in den Parlamentsaussschüssen beraten wird, ist noch offen.

Die Idee eines Korruptionsregisters, bei dem der Staat Daten über unzuverlässige Unternehmen abfragen kann, ist nicht neu. Auf Länderebene (u. a. in Berlin, Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen) existieren bereits vergleichbare Instrumente. Und auch im Bankensektor hat sich diese Informationsquelle durchgesetzt. Auf Bundesebene kursiert der Gedanke eines bundesweiten Korruptionsregisters zwar schon seit 1995. Doch die Versuche, dafür eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, haben es bisher nie ins Bundesgesetzblatt geschafft. Teils scheiterten sie an den datenschutzrechtlichen Anforderungen, teils schlicht daran, dass die Legislaturperiode auslief.

Im November letzten Jahres wagte man mit dem vorliegenden Entwurf einen erneuten Versuch, die Korruption – die nach Schätzungen des Bundeskriminalamtes (BKA)  allein im Jahr 2011 einen Schaden von 276 Millionen Euro verursachte – mittels eines bundesweiten Registers einzudämmen.

Der aktuelle Entwurf – was, über wen und wie lange?

Der aktuelle Entwurf sieht vor, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ein Korruptionsregister einrichtet. Öffentliche Auftraggeber, Gerichte und Strafverfolgungsbehörden melden an dieses Register Daten über bestimmte Straftaten und Verstöße: So werden etwa Bestechung, Betrug, Untreue, Geldwäsche Wettbewerbsverstöße, Steuerhinterziehung und Insidergeschäfte in diesem zentralen Register erfasst. Öffentliche Auftraggeber, die Aufträge von mehr als 25.000 Euro vergeben, fragen diese Daten ab, wenn sie die Bieter und Bewerber überprüfen.

Die Straftat oder der Verstoß muss dabei nicht zwingend zu einer Verurteilung geführt haben, um im Register gespeichert zu werden. Vielmehr kann bereits die gerichtliche Feststellung des dringenden Tatverdachts oder eine zivilrechtliche Verurteilung ausreichend sein. Die Tat muss auch nicht notwendig von der Geschäftsleitung selbst begangen worden sein, denn auch einfache Mitarbeiter sind von den gesetzlichen Voraussetzungen umfasst. Bei diesen besteht jedoch eine Art Exkulpationsmöglichkeit. Haben Mitarbeiter, die keinen bestimmenden Einfluss auf das Unternehmen oder einen Unternehmensteil hatten, die Tat begangen, kann durch den Nachweis, dass das Vergehen nicht auf strukturelle oder organisatorische Mängel zurückzuführen ist, die Eintragung verhindert werden.

In allen anderen Fällen sollen aber die Daten je nach Schwere der Verfehlung grundsätzlich zwischen drei und fünf Jahren gespeichert werden, bei mehreren Verfehlungen mitunter auch länger. Weist das betroffene Unternehmen jedoch nach, durch geeignete organisatorische und personelle Maßnahmen die Gefahr weiterer Korruptionsverfehlungen beseitigt und etwaige Schäden ersetzt zu haben, kann das BAFA die Eintragung bereits nach Ablauf von sechs Monaten löschen. Wirksame Compliance-Systeme, die im Bankensektor schon längst nicht mehr wegzudenken sind, gewinnen vor diesem Hintergrund auch in anderen Unternehmensbranchen massiv an Bedeutung.

Wie geht es weiter?

Ob sinnvolle Maßnahme zur Korruptionsbekämpfung oder aber sinnloses Anprangerungsinstrument – die Meinungen über ein bundesweites Korruptionsregister gehen weit auseinander. Ob dieser Gesetzentwurf  es noch über die gesetzgeberische Ziellinie schafft oder aber wie so viele seiner Vorgänger den Wechsel der Legislaturperiode nicht übersteht, bleibt abzuwarten. Derweil gilt weiter „Trau! schau! wem?“

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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