Netzinformationen im Konzessionierungsverfahren: Bundeskartellamt zeigt Zähne

Vor der Neuvergabe einer Strom- oder Gaskonzession muss die Kommune sich vom bisherigen Netzbetreiber die Daten verschaffen, die nötig sind, um die Wirtschaftlichkeit des Netzbetriebs beurteilen zu können. Das forderten das Bundeskartellamt (BKartA) und die Bundesnetzagentur (BNetzA) in ihrem am 15.12.2010 veröffentlichten gemeinsamen Leitfaden – und jetzt hat das BKartA , um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, ein Kartell- und Missbrauchsverfahren gegen einen widerspenstigen Gasverteilnetzbetreiber eingeleitet.

Die Kommunen sollen die Netzdaten potenziellen Interessenten zur Verfügung stellen und so ein „level playing field“ im Konzessionierungsverfahren schaffen helfen und das naturgemäß bestehende Informationsgefälle zwischen Altkonzessionär und den Interessenten am Abschluss eines neuen Konzessionsvertrages ausgleichen. Dazu müssen nach Auffassung der Behörden zumindest die Netzdaten zur Verfügung gestellt werden, die eine indikative Kalkulation des Netzübernahmepreises ermöglichen.

Die Einleitung des Verfahrens zeigt, dass die Kommunen bei der Erfüllung ihrer Pflichten im Konzessionierungsverfahren auf die dringend erforderliche Unterstützung durch die Behörden hoffen dürfen. Eine häufige Ursache für die Verzögerung von Konzessionierungsverfahren sowie die Behinderung von Netzübernahmen dürfte so in Zukunft behoben werden können.

Schweigen und dulden nicht zu empfehlen

BKartA und BNetzA sind sich einig: Stellt die Kommune nicht zumindest die im Leitfaden benannten Netzdaten allen Interessenten zur Verfügung, verstößt sie gegen Kartellrecht.

Gleichzeitig betonen die Bundesbehörden aber auch, dass auch der Altkonzessionär gegen Kartellrecht verstößt, wenn er den Anspruch der Kommune auf Auskunft nicht erfüllt. Kommunen können ein entsprechendes Verhalten deshalb bei den zuständigen Kartellbehörden anzeigen oder ihre Ansprüche auf gerichtlichem Wege durchsetzen.

Keinesfalls aber sollten Kommunen künftig die Nichtherausgabe der Netzdaten dulden und mit Verweis auf die Weigerungshaltung des Altkonzessionärs einen neuen Konzessionsvertrag abschließen. Dies könnte dazu führen, dass auch gegen die Kommune behördliche Maßnahmen ergriffen werden und schlimmstenfalls ein neu abgeschlossener Konzessionsvertrag rückabgewickelt und das Konzessionierungsverfahren wiederholt werden muss.

Der Gemeinsame Leitfaden von BKartA und BNetzA, der darüber hinaus noch viele weitere für den Wettbewerb um Strom- und Gaskonzessionen positive Grundsätze enthält – so z.B. hinsichtlich der Begrenzung des Netzkaufpreises durch den Ertragswert, dem Umfang des Überlassungsanspruchs hinsichtlich gemischt genutzter Leitungen sowie den Auskunftsansprüchen des Neukonzessionärs – ist hier abrufbar.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Christian Theobald/Matthias Albrecht/Matthias Pöhl

Weitere Ansprechpartner zum Thema Konzessionen oder Rekommunalisierung finden Sie hier.

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