Schadensersatz bei verspäteter Datenauskunft nach DS-GVO: Kehrtwende in der Rechtsprechung?

Bislang war die Geltendmachung von Schadensersatz für unterbliebene oder verspätete Auskunftserteilungen nach der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) im Zusammenhang mit arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten durchaus üblich. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) hat diesem Anspruch nun Grenzen gesetzt.

Hintergrund der Entscheidung

Der Kläger war im Jahr 2016 beim Kundenservice eines Immobilienunternehmens aus Nordrhein-Westfalen (Beklagte) beschäftigt. Im Jahr 2022 verlangte er von dem Unternehmen Auskunft sowie eine Datenkopie gemäß Art. 15 DS-GVO. Diesem Auskunftsbegehren kam die Beklagte nicht fristgemäß und zunächst unvollständig nach. Daraufhin verlangte er von der Beklagten gemäß Art. 82 DS-GVO eine Geldentschädigung, die diese verweigerte.

Der Kläger erhob schließlich Klage, die in der ersten Instanz (ArbG Duisburg, Urt. v. 23.3.2023, Az. 3 Ca 44/23) zu seinen Gunsten entschieden wurde. Die Beklagte sollte danach wegen des vorsätzlichen Verstoßes gegen das Auskunftsrecht aus Art. 15 DS-GVO Schadensersatz in Höhe von 10.000 Euro an den Kläger zahlen. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg legte die Beklagte Berufung vor dem LAG ein. Das LAG wies die Klage in seiner Entscheidung vom 28.11.2023 (Az. 3 Sa 285/23) schließlich in vollem Umfang zurück.

Zwar stellte das LAG eine Verletzung von Art. 12 Abs. 3 DS-GVO und Art. 15 DS-GVO aufgrund der verspäteten und zunächst unvollständigen Bereitstellung von Informationen fest. Allerdings entschied das Gericht, dass es bei einer bloßen Verletzung von Art. 15 DS-GVO an einer gegen die DS-GVO verstoßenden Datenverarbeitung fehle. Der vom Kläger behauptete Kontrollverlust über die Daten allein genüge nicht für einen immateriellen Schadensersatzanspruch.

Auswirkung auf die Praxis

Die Bedeutung der Compliance mit den Vorschriften der DS-GVO hat kontinuierlich zugenommen. Dies liegt auch daran, dass die nationalen Datenschutzbehörden bei Verstößen gegen die DS-GVO häufig öffentlichkeitswirksam und durchaus hohe Geldbußen anordnen. Zudem können auch Schadensersatzansprüche gerichtlich geltend gemacht werden.

Inwiefern die Entscheidung des LAG eine Kehrtwende in der Rechtsprechung darstellt und die Bedeutung der Auskunftsansprüche nach Art. 15 DS-GVO reduzieren wird, steht noch nicht fest.

Das LAG hat die Revision ausdrücklich zugelassen, da die Frage, ob ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht nach Art. 15 DS-GVO unter den Anwendungsbereich von Art. 82 DS-GVO fällt, höchstgerichtlich noch nicht geklärt ist. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in einer seiner neueren Entscheidungen bereits eine gewisse Befürwortung dieser Position signalisiert (Urteil vom 5.5.2022, Az. 2 AZR 363/21). Für die Auslegung des Unionsrechts ist allerdings der EuGH zuständig, der sich zu der konkreten Frage des Schadensersatzanspruchs bei Verletzung der Auskunftspflicht noch nicht geäußert hat. Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht die Notwendigkeit sieht, diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Ansprechpartner*innen: Thomas Schmeding/Alexander Bartsch/Dr. Maximilian Festl-Wietek/Julia Voigt

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