5G-Campusnetze und 26GHz-Frequenzen: Motor für Industrie 4.0 und unseren Alltag

Wenn wir von Digitalisierung sprechen, müssen wir auch in digitalen Netzinfrastrukturen denken. Das hob auch Bundesminister für Digitales und Verkehr Dr. Volker Wissing hervor, als er vor kurzem die Gigabitstrategie vorstellte. Neben den Impulsen für Glasfaserausbau soll auch ein flächendeckendes 5G-Netz entstehen. Doch abseits der für die großen Mobilfunkunternehmen versteigerten 5G-Frequenzen (2 GHz, 3,2-3,7 GHz) gibt es noch weitere in Deutschland verfügbare Frequenzen: Die Campusnetzfrequenzen im Spektrum 3,7-3,8 GHz und die lokalen 5G-Frequenzen im 26 GHz-Band.

5G-Campusnetze – Produktion, Forschung und Gewerbe automatisieren

Auf Antrag teilt die Bundesnetzagentur (BNetzA) gesonderte Frequenzen im Bereich 3,7-3,8 GHz für lokale 5G-Nutzungen zu, sog. Campusnetze. Hierbei handelt es sich um eine Nutzung, die sich auf ein bestimmtes Grundstück oder Gebäude bezieht und daran für einen bestimmten Zeitraum gebunden ist. Anwendungsfelder sind insbesondere die Automatisierung der Industrie und der Landwirtschaft, aber auch Messe- und Veranstaltungshallen, Universitäten, Flughäfen, Krankenhäuser etc. Die Nutzung ist betriebsbezogen und lässt keine öffentliche Telekommunikation im klassischen Sinne zu.

Antragsbefugt sind grundsätzlich Eigentümer und Pächter des Gebäudes oder Grundstücks, für das die Frequenz zugeteilt werden soll. Nutzungszweck und die finanziellen Mittel für die Aufrechterhaltung des Betriebs und Wartung der jeweiligen Technik müssen ebenfalls nachgewiesen werden. Neben der Darlegung einer gewissen Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit ist auch ein Frequenznutzungskonzept sowie ein Umsetzungsplan zu Netzauf- und ausbau sowie eingesetzter Technik einzureichen. Zudem verpflichtet sich der künftige Nutzer, nicht gegen Telekommunikations- und Datenschutzrecht zu verstoßen und insbesondere nicht andere Frequenznutzungen zu stören.

Sind alle Voraussetzungen erfüllt, teilt die BNetzA die Frequenzen gegen eine Gebühr befristet zu. Die Gebühr berechnet sich dabei anhand eines niedrigen Grundbeitrags und zusätzlichen variablen Faktoren, wie benötigter Bandbreite, Zuteilungszeitraum und Grundstücksfläche. Die tatsächliche Nutzung muss innerhalb eines Jahres umgesetzt werden, anderenfalls kann die BNetzA die Zuteilung widerrufen (Use it or lose it). Die BNetzA hat aber angedeutet, bei in Umsetzung befindlichen Projekten großzügig mit dieser Regelung umzugehen. Aktuell gibt es bereits mehr als 120 Zuteilungsinhaber, die öffentlich einsehbar sind, Ablehnungen gibt es keine. Allerdings ist Eile geboten, denn es gilt das Windhundprinzip für die Nutzung der jeweiligen Grundstücke. Dies kann insbesondere bei Grundstücken mit mehreren Nutzern für Konfliktpotenzial sorgen. Hier können eine geteilte Nutzung oder wirtschaftliche Verwertung der Frequenzen zugunsten Dritter zielführend sein.

Wer kein eigenes Campusnetz errichten und betreiben möchte, kann auf Produkte der großen Mobilfunkunternehmen zurückgreifen. So ist etwa das Angebot bestimmter 5G-Network-Slices gängig, um Netzwerkscheiben eines fremdbetriebenen 5G-Netzes, z.B. des öffentlichen Mobilfunknetzes, auf privaten Grundstücken zu ermöglichen.

26 GHz-Frequenzen – Fixed-Wireless-Access und große Datenmengen der Industrie

Neben den klassischen 5G-Campusnetzfrequenzen teilt die BNetzA auch Frequenzen im Spektrum um 26 GHz zu. Im Unterschied zu den Campusnetzen ist hier die Nutzung nicht auf ein Grundstücksnutzungsrecht und innerbetriebliche Zwecke beschränkt, sondern die Frequenzen können daneben auch für öffentliche Telekommunikationsdienste eingesetzt werden.

Typische Anwendungsmodelle sind der sog. Fixed Wireless Access, also eine denkbare Alternative im Mobilfunk zu kostspieligen tiefbaubedürftigen Glasfaserhausanschlüssen. In der Praxis gibt es aber wegen der kleinzelligen Versorgung noch kein marktreifes Produkt, sodass die Nutzung künftig in erster Linie für Hotspots oder große Datenmengen in der Industrie sowie kleinen „Dorf“-Netzen stattfinden dürfte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass mithilfe von 26 GHz regionale Mobilfunkanbieter entstehen. Bislang gibt es allerdings erst eine Hand voll Zuteilungsinhaber. Die Antragsvoraussetzungen und auch die Gebühren ähneln denen der 5G-Campusnetze, mit einer Besonderheit: Je größer das beantragte Nutzungsgebiet, desto größer ist auch der Begründungsbedarf im Frequenznutzungskonzept.

Technologiesprung mit 5G

5G bietet ein wesentlich erweitertes Frequenzspektrum als der etablierte 4G-Mobilfunk. In Kombination mit neuen Technologien, wie dem Internet der Dinge oder mit Künstlicher Intelligenz (KI), stellen 5G-Campusnetze neue Technologien und Dienste bereit, die in den heutigen drahtlosen und kabelbasierten Netzen noch nicht realisierbar sind. Sie sollen innovative Dienste und Anwendungen ermöglichen. Einkaufszentren, Bürokomplexe und nicht zuletzt Ausbildungseinrichtungen könnten wesentlich profitieren. Die Energieversorgung kann so sicherer werden und auch die Fabrik der Zukunft, die Smart Factory, ist auf eine technologisch deutlich anspruchsvollere Kommunikationsinfrastruktur angewiesen. Gerade die Industrie ist zunehmend daran interessiert, betriebliche Abläufe flexibel zu steuern und zu verwalten. Für die sichere Ausgestaltung sind auch die Rechte und Pflichten nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG), insbesondere zur öffentlichen Sicherheit von Telekommunikationsnetzen, zu beachten.

Schrittweise in die digitale Zukunft, nun auch mit IMSIs für Campusnetze

Die BNetzA hat vor kurzem neue Regelungen veröffentlicht, nach denen Betreibern von lokalen, nichtöffentlichen Mobilfunknetzen nun Internationale Kennungen für Mobile Teilnehmer (International Mobile Subscriber Identities, IMSIs) zugeteilt werden können. Die Bereitstellung dieser Nummern kommt sowohl großen Industrieunternehmen als auch kleinen und mittelständischen Unternehmen zugute, die private Campusnetze mit eigenen Zuteilungen von Breitband-Frequenzen und Nummern betreiben wollen. Bisher standen für Betreiber von nichtöffentlichen Campusnetzen vor allem von der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) zur allgemeinen Nutzung bereitgestellte IMSIs zur Verfügung. Bei bestimmten Anwendungen erfüllen diese aber nicht die bestehenden Anforderungen. Die Individualzuteilung von IMSIs und speziellen Netzkennungen für weitere international standardisierte Arten der Identifizierung von Mobilfunknetzen ermöglicht es nun, Netze sicherer zu differenzieren. Außerdem kann die Zuteilung ungewollte Einbuchungsprozesse verhindern. Dies erweitert die Anwendungsfelder nichtöffentlicher Campusnetze. So ist zuverlässige, sichere Kommunikation möglich, die alles mit allem verbindet. Menschen untereinander, mit der Infrastruktur und die Infrastruktur mit sich selbst.

Ansprechpartner*innen: Axel Kafka/Johannes Nohl/Julien Wilmes-Horváth/Agnes Eva Müller

PS: Sie interessieren sich für dieses Thema, dann schauen Sie gern in unsere Webinarreihe Glasfaserausbau und digitale Netzinfrastrukturen rein.

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