Neue Impulse für den Glasfaserausbau und digitale Infrastrukturen im Jahr 2022

In ihrem Koalitionsvertrag setzt die neue Bundesregierung das Ziel, die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser (FTTH/fiber to the home) und dem neusten Mobilfunkstandard zu beschleunigen. Damit FTTH und 5G gleichwertig nebeneinanderstehen können und die Digitalisierung vorangetrieben wird, setzt die „Ampel“ die richtigen Schwerpunkte, um den Markt zu unterstützen.

Investitionsschutz für alle und Fördermittel für Stadtwerke und Kommunen

Der eigenwirtschaftliche Ausbau hat auch unter der neuen Regierung Vorrang. Im Zusammenspiel mit der TKG-Novelle soll nur dort regulatorisch eingegriffen werden, wo es zwingend nötig ist, um Investitionen zu schützen und Netze behutsam auf vorwiegend freiwilliger Ebene zu öffnen.

Versagt der Markt jedoch, sollen Glasfasernetze (FTTH inkl. NE 4) staatlich gefördert werden, vorrangig über das Betreibermodell, bei dem der Bau eines kommunalen Netzes gefördert wird. Nach der aktuellen Gigabitrichtlinie sind in der Regel auch „Unternehmen in ausschließlich kommunaler Trägerschaft“, wie Stadtwerke, förderfähig und antragsberechtigt. Da sich die Eigentümerstrukturen jedoch unterscheiden, ist eine Einzelfallprüfung sinnvoll. Aber auch interkommunale Verbünde und Landkreise können stellvertretend für Kommunen den geförderten Ausbau übernehmen, um langfristig kommunale Assets zu sichern. Hierbei können ggf. auch andere kooperative Ansätze verfolgt werden, etwa um den kommunalen Eigenanteil zu senken.

Auch das Förderprogramm zur Errichtung von Mobilfunkstandorten, welches vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit der Förderagentur Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) im letzten Jahr gestartet wurde, ermöglicht Glasfaserunternehmen und im Einzelfall auch Stadtwerken mithilfe von Fördermitteln passive Mobilfunkinfrastruktur zu errichten und zu betreiben, soweit der Markt nicht agiert.

Neue Breitbandleitlinie der EU-Kommission auf dem Weg

Die Gigabitrichtlinie hat die Aufgreifschwelle des Bundes auf 100 Mbit/s erhöht. Zudem wird für bestimmte Unternehmen und weitere sozioökonomische Schwerpunkte eine Förderung selbst dann möglich, wenn sie bereits oberhalb der Aufgreifschwelle versorgt sind. Die EU-Kommission schlägt in diesem Zusammenhang eine Überarbeitung der Leitlinien für staatliche Beihilfen für Breitbandnetze als beihilferechtliche Grundlage der Förderrichtlinie, der Breitband-Beihilfeleitlinien (2013/C 25/01) aus  2013, vor, um neue Geschwindigkeitsschwellen für öffentlich geförderte Festnetze und die Förderung mobiler Netze zu implementieren. Für die Mitgliedstaaten soll es so leichter werden, den Ausbau von Gigabit- und 5G-Netzen zu fördern.

Die Regierung plant darüber hinaus, auf Basis von Potenzialanalysen die Förderung auch ohne Aufgreifschwellen voranzutreiben und ganze Cluster zu fördern. Dabei soll das Markterkundungsverfahren schneller und verbindlicher werden. Auch hierbei wird die neue Breitband-Beihilfeleitlinie in den künftigen Förderrichtlinien Berücksichtigung finden.

Kommt 2022 die „Kupfer-Abwrackprämie“?

Im Koalitionsvertrag wird auch eine Förderung mittels Voucher (Gutschein) angedacht. Sogenannte Sozial- und Konnektivitätsgutscheine sollen die Nachfrage nach höheren Bandbreiten durch Endnutzer dort stimulieren, wo bereits breitbandige Infrastrukturen bestehen, die Take-up-Raten (Abnahmeraten) der neuen Anschlüsse aber zu niedrig sind. Für den Endnutzer soll es so attraktiver werden, von einem langsamen Kupfer- oder Kabelanschluss hin zu einem schnellen Gigabitanschluss umzusteigen, ähnlich wie bei der Abwrackprämie für Gebrauchtwagen. Vor allem für kleinere Unternehmen sind geringe Take-up-Raten gigabitfähiger Festnetzanschlüsse ein erhebliches Investitionsrisiko, da in der Regel keine „Querfinanzierung“ über Einnahmen aus bestehenden Kupfer- oder Kabelnetzen möglich ist. Vor dem Hintergrund der eher geringen Take-up-Raten in Deutschland von schätzungsweise 36,3 Prozent im Jahr 2021 könnte eine solche Voucherregelung entscheidend dazu beitragen, den Glasfaserausbau für kommunale Unternehmen finanziell attraktiver zu machen.

Die Voucherförderung findet sich ebenfalls im Entwurf der neuen Breitband-Beihilfeleitlinien der EU-Kommission wieder, da diese in der Regel eine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt, welche die Kommission genehmigen muss. Die neue Leitlinie soll Mitte 2022 kommen und Rechtssicherheit schaffen. Eine Stellungnahme zum Entwurf ist noch bis zum 11.2.2022 möglich. Eine solche Voucherförderung kann jedenfalls mit Unionsrecht vereinbar sein: 2019 genehmigte die Kommission Konnektivitätsgutscheine für Griechenland. Es ist dennoch wahrscheinlich, dass die Ampel-Regierung die neue Leitlinie abwarten wird, bevor sie auch in Deutschland den Weg für eine „Kupfer-Abwrackprämie“ frei macht.

Die Chance nutzen: Als kommunales Unternehmen im Jahr 2022 den Glasfaserausbau wagen

Ob der eigenwirtschaftliche dem geförderten Glasfaserausbau vorzuziehen ist, ist immer eine Frage der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Auch eine Kombination beider Ausbaumaßnahmen kann sinnvoll sein. In jedem Falle handelt es sich bei Glasfasernetzen um zukunftsfähige Assets, die nicht nur für Festnetzanschlüsse, sondern auch für die Digitalisierung anderer Infrastrukturen sowie Smart-City- und Mobilfunklösungen wertvoll sind.

Vor dem Hintergrund des digitalen Aufschwungs erscheint es jedenfalls gerade jetzt sinnvoll, sich mit der Potenzialanalyse, der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und der Ausbauplanung von digitalen Netzinfrastrukturen zu befassen.

Ansprechpartner*innen: Axel Kafka/Julien Wilmes-Horváth/Agnes Eva Müller/Marco Metz

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