IT in der Vergabe: Wie beschaffe ich rechtssicher IT?

Ohne eine moderne und sichere IT-Infrastruktur ist die Arbeit heute nicht mehr möglich. Umso wichtiger ist es, kompetente Dienstleister für diesen Bereich zu finden. Die rechtssichere Vergabe von IT-Dienstleistungen, zum Beispiel für Smart-City-Lösungen, Ladeinfrastrukturprojekte oder im Bereich ERP-Lösungen, gewinnt deshalb zunehmend an Bedeutung. In einer Blog-Serie stellen wir dar, was es bei der erfolgreichen Umsetzung von IT-Projekten aus rechtlicher Sicht zu beachten gilt. In unserem ersten Teil geht es darum, ob man IT-Dienstleistungen ausschreiben muss, welche Eignungs- und Wertungskriterien von besonderer Relevanz sind und welche Gestaltungsspielräume es bei der Erstellung der Verträge gibt.

Ausschreibungspflichten im Blick behalten und Beschaffungsbedarf definieren

Die Beschaffung durch öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber wie Stadtwerke unterliegt nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und einer Vielzahl weiterer Verordnungen grundsätzlich bestimmten Regeln und Vorschriften, wenn der Auftragswert in dem für die Gesamtbetrachtung relevanten Zeitraum über € 215.000 liegt. Aber auch darunter sind Auftraggeber nach landesrechtlichen Vorschriften in vielen Fällen oft nicht frei in der Auswahl ihrer Dienstleister.

Der eigene Beschaffungsbedarf ist so genau wie möglich zu definieren. Ziel muss es sein, die angefragte Leistung so detailliert und abschließend zu beschreiben, wie das möglich ist. Hierzu kann es sinnvoll sein, sogenannte Markterkundungsgespräche durchzuführen, also mit potenziellen Bietern vorab ins Gespräch zu kommen. Das Vergaberecht erlaubt solche Gespräche, um die Leistung besser bestimmen zu können, was sich positiv auf Angebote auswirken kann, und um den Markt über die Ausschreibung zu unterrichten. Aber Achtung: Lediglich Preise zu ermitteln, ist unzulässig.

Eignungs- und Wertungskriterien als Weichenstellung

Eignungskriterien spielen bei der Ausschreibung von IT-Dienstleistungen eine wichtige Rolle. Sie stellen sicher, dass die potenziellen Anbieter über die erforderliche Fachkompetenz und Erfahrung verfügen, um den Auftrag erfolgreich umzusetzen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Referenzen.

Der zentrale Aspekt bei der Vergabeentscheidung ist die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Die Wertungskriterien dienen dazu, das Angebot zu bewerten und den Anbieter auszuwählen, der die besten Leistungen zum angemessensten Preis erbringen kann. Der Preis ist dabei ein bedeutsamer Faktor, da öffentliche Auftraggeber die ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel verantwortungsvoll einsetzen müssen. Jedoch darf die Preisgestaltung nicht auf Kosten der Qualität gehen. Die Qualität der IT-Dienstleistungen ist ebenfalls von großer Bedeutung, da sie die Effizienz, Sicherheit und Zuverlässigkeit der IT-Systeme und -Prozesse beeinflusst.

EVB-IT – Anwendungspflicht prüfen und Spielräume nutzen

Die Beschreibung der Leistung und der Entwurf eines rechtssicheren Vertrages kann bei IT-Vergaben sehr komplex werden. Um öffentliche Auftraggeber bei der Ausschreibung von IT-Dienstleistungen zu unterstützen, wurden die Einheitlichen Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen (EVB-IT) entwickelt. Die EVB-IT stellt einen Leitfaden dar, der Vertragsbedingungen und Musterformulierungen enthält.

Ob die EVB-IT zu beachten sind, variiert zwischen den Bundesländern. In einigen Bundesländern besteht eine Pflicht zur Anwendung der EVB-IT bei der Vergabe von IT-Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber, um einheitliche Standards bei der Beschaffung von IT-Dienstleistungen zu gewährleisten. In anderen Bundesländern gibt es hingegen lediglich Empfehlungen zur Anwendung der EVB-IT. Hier können die Auftraggeber alternative Vertragsbedingungen oder eigene Regelungen nutzen. Es gibt auch Bundesländer, in denen keine spezifischen Regelungen zur Anwendung der EVB-IT bestehen. In solchen Fällen liegt es im Ermessen der öffentlichen Auftraggeber, ob sie die EVB-IT als Leitfaden verwenden möchten oder nicht.

Es ist wichtig für öffentliche Auftraggeber, die geltenden Regelungen in ihrem jeweiligen Bundesland genau zu kennen und zu verstehen. Insbesondere landeseigene oder kommunale Unternehmen sind oft von der Anwendungspflicht ausgenommen, so dass hier mehr Spielräume für eine individuelle Vertragsgestaltung bestehen.

Fazit und Ausblick

Die Ausschreibung von IT-Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber im Sinne des GWB und unter Berücksichtigung der EVB-IT erfordert ein fundiertes Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und eine gezielte Herangehensweise, um effiziente und transparente Vergabeverfahren durchzuführen. Stets sollte geprüft werden, ob die individuelle Vertragsgestaltung im Ausschreibungsprozess Vorteile bringt.

Ansprechpartner*innen: Thomas Schmeding/Dr. Maximilian Festl-Wietek/Julien Wilmes-Horváth/Lisa Gut

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