Compliance und Kommunikation: Was tun, wenn die Presse anruft?

Unser Recht ist kompliziert, deshalb ist es in jedem (Versorgungs-)Unternehmen möglich, dass „es passiert“: Rechtsbrüche oder andere Verstöße durch Führungskräfte und Mitarbeiter geschehen und werden der Öffentlichkeit bekannt. Kein noch so gutes Compliance-Management-System (CMS) kann Fehlverhalten immer vollständig unterbinden, es aber weitestgehend vermeiden und Hilfestellung geben, darauf kommunikativ sachgerecht zu reagieren.

Damit es nicht passiert

Was passiert, wenn „es passiert“, zeigen die zum Teil drastischen Strafbefehle des Amtsgerichts Darmstadt wegen Vorteilsgewährung: Das Amtsgericht hatte Vorstände eines Energieversorgers mit saftigen Geldstrafen belegt, weil diese Kommunalpolitiker, die im Beirat ihres Unternehmens saßen, zu „Informationsfahrten“ u.a. ins Engadin und nach Weimar eingeladen hatten.

Solche Situationen sind in vielfacher Hinsicht katastrophal für die Betroffenen – nicht nur, weil es um viel Geld gehen kann für die betroffenen Unternehmen bzw. Unternehmensangehörigen. Sondern auch, weil Reputationsschäden entstehen können. Dies gilt insbesondere dann, wenn mit solchen Situationen unprofessionell umgegangen wird. Die möglichen Auswirkungen sind vielfältig:

  • Ansehensverluste,
  • Abbruch von Geschäftsbeziehungen,
  • Ausschluss von öffentlichen Aufträgen,
  • geringere Mitarbeitermotivation,
  • verschlechterte Chancen bei der Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter.

Falls es doch passiert

Zu einer guten Compliance-Organisation gehört also zum einen, Verstöße weitestgehend zu verhindern. Zum anderen aber auch, auf die Situation, falls „es passiert“, kommunikativ gut vorbereitet zu sein. Stand der Technik ist heute, auch eine professionelle Krisenkommunikation im Rahmen eines umfassenden Compliance-Management-System zu verankern.

Ein solches Compliance-Management-System muss mindestens folgende Elemente umfassen:

  • ein klares Bekenntnis der Unternehmensleitung zur unbedingten Rechts- und Regeltreue im Unternehmen;
  • eine klare Aufgabenzuständigkeit für das Thema Compliance und Kommunikation in der Geschäftsleitung;
  • eine angemessene Complianceeinheit auf Arbeitsebene zur Unterstützung der Geschäftsleitung;
  • adäquate Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung von Compliance-Verstößen (insbesondere: unternehmensinterne Verhaltensrichtlinien);
  • Schulungs- und Beratungsmöglichkeiten für Mitarbeiter in Compliance-Fragen;
  • angemessene Überwachungs-, Aufdeckungs- und Sanktionsmaßnahmen,
  • (und für diesen Beitrag besonders relevant:) Vorgaben für die Krisenkommunikation.

Wenn es also trotz aller Vorkehrungen zu Rechtsverstößen kommt, muss in Bezug auf die Kommunikation insbesondere Folgendes geregelt sein:

  • Wer gehört dem Krisenkommunikationsteam an?
  • Wer aktiviert/leitet das Krisenkommunikationsteam?
  • Wie sind die Entscheidungs- und Berichtsprozesse im Krisenfall ausgestaltet?
  • Wer setzt gefasste Entscheidungen zur Kommunikation intern und extern um?

Die Kosten für die Entwicklung und Einführung eines CMS inkl. Krisenkommunikation müssen nicht unbedingt hoch sein. Auf Basis einer standardisierten Ist-Analyse können die aus Compliance-Sicht sensibelsten Geschäftsfelder im Unternehmen schnell identifiziert werden. Dazu können in der Regel ein Check der vorhandenen, compliancemäßig relevanten Regelwerke und Prozesse und tatsächlichen Vorkehrungen in Verbindung mit gezielten Ergänzungsinterviews ausreichen. Auf der Basis der mit Hilfe von Analysen erstellten Stärken-/Schwächenbeschreibung kann unter Verwendung erprobter CMS-Konzepte ein für jedes Unternehmen angepasstes CMS erstellt und anschließend eingeführt werden.

Auch im Bereich Compliance gilt also: Wenn „es passiert“, ist Vorsorge besser – und günstiger – als Nachsorge.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

PS: Erfahren Sie gern mehr hier zu diesem Thema.

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