Wettbewerbsregister beim Bundeskartellamt: Scharfes Schwert bei Kartellrechtsverstößen

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Die Vergabe öffentlicher Aufträge hat bekanntlich so ihre Tücken. So ist es z.B. oft gar nicht so einfach, sachgerechte Kriterien für die Auswahl der Teilnehmer und für die Zuschlagserteilung festzulegen. Bei den Vergabeentscheidungen ist es für Vergabestellen zudem oftmals auch schwierig nachzuvollziehen, ob es bei einem potenziellen Auftragnehmer zu erheblichen Rechtsverstößen oder sogar Wirtschaftsdelikten gekommen ist, für die er vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden müsste. Letzteres soll sich nun allerdings ändern.

Ein zentrales Wettbewerbsregister, das beim Bundeskartellamt (BKartA) eingerichtet wird, soll Vergabestellen künftig die Suche nach Ausschlussgründen erleichtern. Grundlage ist das Gesetz zur Errichtung eines bundesweiten Wettbewerbsregisters, das der neunten Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und des im vergangenen Jahr inkraftgetrenen Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (VergRModG), über die wir bereits berichteten, nachfolgte.

Wozu ein Wettbewerbsregister?

Öffentliche Aufträge und Konzessionen sollen nur an solche Unternehmen vergeben werden, die keine erheblichen Rechtsverstöße begangen haben und sich im Wettbewerb redlich verhalten. Das Vergaberecht regelt daher in §§ 123, 124 GWB Ausschlussgründe. Im Wettbewerbsregister des BKartA werden künftig alle rechtskräftigen Verurteilungen, Strafbefehle oder bestandskräftigen Bußgeldentscheidungen wegen der in den diesen Vorschriften aufgezählten Delikte eingetragen.

Mittels einer elektronischen Abfrage können öffentliche Auftraggeber, Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber bundesweit nachprüfen, ob sich ein Unternehmen insoweit etwas hat zu Schulden kommen lassen. Ab einem geschätzten Netto-Auftragswert von nur 30.000 Euro sind öffentliche Auftraggeber vor Zuschlagserteilung sogar zu einem Registerabruf verpflichtet. Bei Aufträgen unterhalb der Wertgrenzen ist die Abfrage zwar nicht vorgeschrieben, aber dennoch möglich.

Hat ein Unternehmen schwerwiegende Wirtschaftsstraftaten i.S.v. § 123 GWB zu verantworten, muss es zwingend vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werde. Bei Verstößen nach § 124 GWB liegt es hingegen im Ermessen des Auftraggebers, den Bieter zu disqualifizieren.

Die Datenbankeinträge im Wettbewerbsregister werden nach spätestens fünf Jahren gelöscht. Unternehmen, die Maßnahmen zur Selbstreinigung ergreifen, können jedoch schon vorher die Löschung beantragen (§ 125 GWB).

Was bedeutet das für die Beteiligten?

Mit dem Wettbewerbsregister werden sich künftig sowohl Vergabestellen als auch Unternehmen als potenzielle Auftragnehmer im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen intensiver beschäftigen müssen.

In den kommenden zwei Jahren sollen zunächst die praktischen und technischen Voraussetzungen für das „Korruptionsregister“ geschaffen werden. Außerdem sollen in einer Rechtsverordnung u.a. Details der Datenübermittlung an das Register und von dem Register an die öffentlichen Auftraggeber geregelt werden. Dem Erlass der Verordnung wird dabei eine Konsultation der betroffenen Kreise vorausgehen, in die sich Vergabestellen ggf. noch mit Änderungsvorschlägen einbringen könnten. Mit dem Inkrafttreten der Verordnung treten auch die Vorschriften zur Registereintragung, zur Meldepflicht der Ermittlungsbehörden und zur Abrufpflicht der Auftraggeber in Kraft. Läuft alles planmäßig, wird das Wettbewerbsregister voraussichtlich im Laufe des Jahres 2019 – also womöglich noch vor Eröffnung des BER – eingerichtet sein. Ab 2020 soll das Register dann scharf geschaltet werden.

Besondere Brisanz und ggf. erhöhten Handlungsbedarf bringt das Wettbewerbsregister aber vor allem auch für Unternehmen mit sich, gegen die z.B. ein kartellrechtlicher Bußgeldbescheid ergangen ist. Denn im Unterschied zu den Straftaten werden bestimmte Kartellverstöße bereits mit dem Erlass des kartellrechtlichen Bußgeldbescheids eingetragen und nicht erst bei dessen Bestandskraft. Einzige Voraussetzung ist die Festsetzung einer Geldbuße in Höhe von mindestens 50.000 Euro. Der Gesetzgeber begründet diese Entscheidung mit einem Verweis auf § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB, wonach schon „hinreichende Anhaltspunkte“ auf eine Wettbewerbsbeschränkung für das Vorliegen des fakultativen Ausschlussgrunds ausreichen. Der Erlass einer Bußgeldentscheidung sei bereits ein solcher „hinreichender Anhaltspunkt“. Etwaige (und im Ergebnis eventuell sogar erfolgreiche) Rechtsmittel gegen den Bußgeldbescheid können daher in solchen Fällen für den Ausschluss aus dem Vergabeverfahren u.U. zu spät kommen.

Auch weil ein einmal eingetragener Bußgeldbescheid im Übrigen erst nach drei oder fünf Jahren aus der „Sünderkartei“ gelöscht wird, sieht selbst Andreas Mundt, Präsident des BKartA, das Wettbewerbsregister kritisch. Ein Registereintrag komme für Unternehmen, die von öffentlichen Ausschreibungen abhängen, einer „kompletten Existenzvernichtung“ bzw. der „Todesstrafe“ nahe. Das habe man so nie gewollt. Unternehmen, die künftig an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen, sollten also auch aus diesem Grunde versuchen, kartellrechtliche Bußgeldbescheide zu vermeiden. Soweit intern ein kartellrelevanter Sachverhalt aufgedeckt wurde oder gar bereits ein Kartellverfahren läuft, gilt es umso mehr, die Handlungserfordernisse sorgfältig auszuloten. So kann es sich mit Blick auf das Wettbewerbsregister z.B. lohnen, als erster den Kronzeugenantrag zu stellen, um einen Bußgeldbescheid und damit auch eine Eintragung im Wettbewerbsregister zu vermeiden.

Alles in allem sollten Unternehmen die Einführung des Wettbewerbsregisters nochmals zum Anlass nehmen, ihre Compliance-Programme in kartellrechtlicher Hinsicht zu überprüfen und ggf. anzupassen sowie Mitarbeiter entsprechend zu schulen. Dabei muss vor allem ein Bewusstsein geschaffen werden, dass Kartellverstöße – neben den bislang schon bekannten Risiken von Schadensersatzansprüchen und Bußgeldentscheidungen – jetzt auch massive Nachteile bei Ausschreibungen nach sich ziehen können.

Bereits heute spielt die sogenannte vergaberechtliche Selbstreinigung gemäß § 125 GWB auch eine zunehmend wichtigere Rolle bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen nach der Aufdeckung von Kartellfällen. Denn ein Ausschluss vom Vergabeverfahren findet nicht statt, wenn für jeden durch eine Straftat oder ein Fehlverhalten verursachten Schaden ein Ausgleich gezahlt wurde oder sich der Rechtsverletzer zur Zahlung eines Ausgleichs verpflichtet hat. Die Einzelheiten und weiteren Voraussetzungen sind hier noch umstritten. Das Wettbewerbsregister wird jedoch auch hier seine nicht zu unterschätzende Wirkung entfalten und den Anreiz zum Schadensausgleich erheblich steigern.

Ansprechpartner Kartellrecht: Dr. Olaf Däuper/Dr. Holger Hoch/Dr. Tigran Heymann

Ansprechpartner: Vergaberecht: Dr. Roman Ringwald/Dr. Sascha Michaels

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