Demand Side Management: „Da können wir zeigen, was wir drauf haben.“ – Ein Interview mit Dr. Martin Iffert der TRIMET Aluminium SE

(c) TRIMET
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Dr. Martin Iffert studierte Elektrotechnik an der RWTH Aachen und startete als Trainee bei der TRIMET-Gruppe. 2009 wurde er Vorstandsmitglied, 2011 Vorsitzender des Vorstands.

BBH-Blog: Sehr geehrter Herr Dr. Iffert, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. Wollen Sie vielleicht zum Einstieg unseren Lesern kurz erläutern, was TRIMET macht und warum Sie jetzt in unserem Blog auftauchen.

Iffert: Gerne. Die TRIMET ist ein Familienunternehmen, das sich auf die Herstellung und den Vertrieb von Aluminiumlegierungen und Aluminiumkomponenten spezialisiert hat. Die TRIMET feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum und wir haben es geschafft, dass wir die Anzahl der Mitarbeiter in diesen 30 Jahren vertausendfacht haben, von drei auf 3.000. Die Ursprünge der TRIMET (Trading in Metals) liegen, wie der Name schon sagt, im Handel, und so liegt eine der Kernkompetenzen der TRIMET in der Nähe zum Kunden und dem Know How des Aluminiumhandels. Anfang der 1990er Jahre hat TRIMET dann den Einstieg in die Industriewelt gewagt und mit der Übernahme von Recycling- und Elektrolysestandorten den Weg zur heutigen TRIMET geebnet. Inzwischen sind wir in Deutschland und Frankreich mit insgesamt acht Werken vertreten. Zur Frage, warum wir im BBH-Blog auftauchen: Strom ist der vielleicht wichtigste „Rohstoff“ für die Herstellung von Primäraluminium. Wir speichern sozusagen Strom im Werkstoff Aluminium – wir machen Strom „stapelbar“.

BBH-Blog: Können Sie das vielleicht etwas präzisieren?

Iffert: Eine der herausragenden Eigenschaften des Werkstoffs Aluminium ist die, dass es nicht „rostet“. Diese Eigenschaft verdankt Aluminium der sehr engen Bindung und Affinität zum Sauerstoff – gleichzeitig bedeutet dies, dass sehr viel Energie notwendig ist, um bei der Erstproduktion aus dem Rohstoff Aluminiumoxyd das Aluminium vom Sauerstoff zu trennen. Dies geschieht bei uns im Elektrolyseprozess, welcher sehr energieintensiv ist. Für den Betrieb unserer Schmelzen in Essen, Hamburg und Voerde benötigen wir ca. 1,3 Prozent des gesamten deutschen Stroms.

BBH-Blog: Welchen Anteil hat denn der Strom an den Herstellkosten?

Iffert: Das ist regional sehr unterschiedlich. Während die Rohstoffkosten für alle Hüttenbetriebe weltweit gleich sind, so sind die Stromkosten sehr unterschiedlich und können zwischen 20 und 50 Prozent der Gesamtkosten ausmachen.

BBH-Blog: Ist das denn wirtschaftlich?

Iffert: Es ist das wirtschaftlichste Verfahren zur Herstellung von Primäraluminium. Aber einmal hergestelltes Aluminium steht uns ja nahezu ewig für immer wieder neue Nutzungszyklen zur Verfügung. Daher sind wir ja auch im Recycling parallel engagiert.
Aber man sieht schnell, welche Auswirkungen Strompreisänderungen auf unsere Wirtschaftlichkeit haben. Daher versuchen wir, uns natürlich beständig zu optimieren.

BBH-Blog: In Richtung Energieeffizienz?

Iffert: Die Hüttenwerke sind beständig dabei, ihre Energieeffizienz zu steigern, und dies war auch unser Fokus in den letzten 20 Jahren. Jedoch haben sich die Herausforderungen in Deutschland mit dem Projekt „Energiewende“ maßgeblich verändert und Produktionsflexibilität (Demand Side Management) wird zum zentralen Steuerungselement. Damit wird eine Aluminiumelektrolyse im Netzverbund zum „Virtuellen Speicher“.

BBH-Blog: Wie sieht denn der Markt für regelbare Aluminiumwerke genau aus?

Iffert: Nun, zunächst gibt es ja einen Markt für klassische Regelenergieprodukte. Dort können wir unsere Flexibilität anbieten, was wir auch tun. Daneben gibt es aber noch den Markt für die sog. abschaltbaren Lasten. Dort können wir nämlich wirklich zeigen, was wir drauf haben – und können zugleich einen wertvollen Beitrag zur Netzstabilität leisten.

BBH-Blog: Sie sprechen vom Lastabwurf.

Iffert: Genau. Wir können unsere Werke oder einzelne Produktionslinien innerhalb einer Sekunde vom Netz nehmen. Tatsächlich ist das sogar automatisch mit einer sog. Unterfrequenzauslösung möglich. Sobald die Frequenz im Netz unter einen vorher definierten Punkt fällt (weil zu wenig Strom für den Bedarf da ist), kappt uns diese Einrichtung automatisch ab. Sofort sind bis zu 650 MW für den allgemeinen Bedarf frei. Das entspricht einem großen Kraftwerk und reicht, um beispielsweise den Strombedarf von ca. 1,6 Mio. Haushalten zu decken. Damit helfen wir, Blackouts zu vermeiden (wie zum Beispiel im Jahr 2006 geschehen). Und auch zum Beispiel bei der Sonnenfinsternis (hier berichtet) haben wir unsere Werke mehrmals auf Wunsch der Übertragungsnetzbetreiber nach den Regeln der Verordnung zu abschaltbaren Lasten (ALlaV) heruntergefahren. Daher halten wir eine Fortführung dieses Instruments für sehr wichtig.

BBH-Blog: Da hört man derzeit aber nichts Positives.

Iffert: Leider wurde von der Bundesnetzagentur (BNetzA) die „Blackout-Vorsorge“ durch die AbLaV in ihrem Evaluierungsbericht nicht ausreichend gewürdigt. In vielen anderen europäischen Ländern wird die Interruptibility von Großverbrauchern aber genau für diesen Zweck aufgerüstet und auch entsprechend vergütet. Es gibt sicherlich Raum für die eine oder andere Nachbesserung. Aber um das Instrument verbessern zu können, sollte man es nicht absetzen, sondern fortsetzen und dabei konsequent weiterentwickeln.

BBH-Blog: Wenn Sie jetzt noch eine Bitte an die Politik richten könnten, die im Rahmen des anstehenden Strommarktgesetzes erfüllt würde – wäre das die Verlängerung der AbLaV?

Iffert: Ja, sicher – die Verlängerung der AbLaV, nicht nur für sich gesehen, sondern auch als Synonym für Kontinuität und Planbarkeit politischer Rahmenbedingungen zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende unter Einbindung der deutschen Industrie.

BBH-Blog: Wir dan­ken Ihnen herz­lich für Ihre Zeit, Herr Dr. Iffert.

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