Die Verschärfung der Wegzugbesteuerung durch das ATADUmsG

Am 21.5.2021 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der europäischen Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATADUmsG) beschlossen. Das neue Gesetz sieht insbesondere eine deutliche Verschärfung der Vorschriften zur Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG vor. Ab 2022 müssen Unternehmer deshalb nicht nur bei einem Wegzug in ein Drittland, sondern auch bei einem Wegzug innerhalb der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) mit erheblichen Liquiditätsbelastungen rechnen.

Hintergrund zur Änderung der Wegzugsbesteuerung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) visiert die Verschärfung der Wegzugsteuer schon länger an. Der erste Referentenentwurf wurde am 10.12.2019 veröffentlicht. Das nun beschlossene Gesetz setzt darüber hinaus einen Teil der ATAD-Richtlinien I und II aus den Jahren 2016 und 2017 um und enthält neben umfangreichen Regelungen zur Verrechnungspreisermittlung und Hinzurechnungsbesteuerung auch Änderungen der Wegzugsbesteuerung. Das Grundkonzept der Wegzugsbesteuerung und damit auch die Unternehmensbewertung (wir berichteten) bleiben grundsätzlich unverändert. Änderungen finden sich neben den nachfolgend behandelten Punkten vor allem in der Verkürzung des Zeitraumes der vor dem Wegzug erforderlichen unbeschränkten Steuerpflicht von zehn auf sieben Jahre.

Änderungen an der zinslosen Steuerstundung

Bisher konnten Steuerpflichtige in Deutschland die geschuldete Steuer bei Wegzug in ein anderes Mitgliedsland der EU oder des EWR zeitlich unbegrenzt, unverzinslich und ohne Sicherheitsleistung stunden. Die neuen Regelungen erlauben keine dauerhafte Stundung und differenzieren nicht mehr zwischen einem Wegzug in die EU/EWR oder ein Drittland. Die Steuer wird damit bei Wegzug grundsätzlich sofort fällig, kann aber gegen eine Sicherheitsleistung an das Finanzamt in sieben gleich hohen Jahresraten getilgt werden. Dadurch entsteht für die Betroffenen nach dem neuen Recht in jedem Fall eine Liquiditätsbelastung, ohne dass Einkünfte realisiert wurden.

Anpassungen der Rückkehrerregelung

Erleichterungen finden sich in der Rückkehrregelung. Der Zeitraum, in dem die Wegzugsbesteuerung durch eine Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland nachträglich entfallen kann, wurde von fünf auf sieben Jahre erweitert. Jedoch entfällt die bislang unbefristete Rückkehrregelung für den Wegzug innerhalb der EU/EWR. Eine Glaubhaftmachung der Rückkehrabsicht ist künftig nicht mehr erforderlich. Über diese Faktoren hinaus müssen gegebenenfalls auch andere Faktoren in die Wegzugsplanung mit einfließen.

Keine Ratenzahlung ohne Sicherheitsleistung

Durch die Änderungen des ATADUmsG ist künftig auf alle Ratenzahlungen eine Sicherheit zu leisten. Das bedeutet praktisch, dass eine Ratenzahlung nur unter der Voraussetzung ermöglicht wird, dass der Steuerpflichtige über andere ausreichend werthaltige Immobilien in Deutschland oder sichere Mobilien verfügt, die als Sicherheit dienen können. Die Anteile, die der Wegzugsbesteuerung unterliegen, können nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht als Sicherheit akzeptiert werden. Kann der Steuerpflichtige keine Sicherheiten vorlegen, kann die Steuer in der Regel sofort fällig werden.

Sofern die noch bis zum Ende des Jahres 2021 geltenden Stundungsmöglichkeiten für einen Wegzug in das EU-/EWR-Gebiet genutzt werden sollen, sollte ein Wegzug noch bis Ende desselben Jahres erfolgen. Eine Beendigung der Steuerpflicht in Deutschland ohne unmittelbare Wegzugsteuerbelastung kann aber unter Umständen auch weiterhin möglich sein. Im Einzelfall kann es sich auch anbieten, einen beabsichtigten Wegzug in das nächste Jahr zu verschieben. Pauschal lässt sich nicht sagen, welchem Verfahren der Vorzug zu geben ist. Für eine sichere Wegzugsplanung ist in jedem Fall eine Einzelfallprüfung durch einen Finanzexperten sinnvoll.

Ansprechpartner*innen: Manfred Ettinger/Thomas Straßer/Tobias Sengenberger/David Klee

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