BGH pocht auf Formstrenge: Falsches Veröffentlichungsmedium macht Konzessionsvertrag unwirksam

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Wenn ein Konzessionsvertrag vorzeitig beendet wird, muss dies im Bundesanzeiger bekannt gemacht werden (wir berichteten). Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 18.11.2014 entschieden (Az. EnZR 33/13). Ein anderes Medium reicht nicht aus. Der  neu abgeschlossene („verlängerte“) Konzessionsvertrag ist dann unwirksam.

In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte die ehemals selbstständige Gemeinde Schierke im Hochharz (Sachsen-Anhalt) im Jahr 2006 mit der heutigen Avacon AG vereinbart, den noch bis 2011 laufenden Stromkonzessionsvertrag vorzeitig zu beenden. Dies gab sie im Deutschen Ausschreibungsblatt bekannt. Nachdem sich niemand anders meldete, wurde mit der Avacon AG ein neuer Konzessionsvertrag mit 20jähriger Laufzeit abgeschlossen.

Im Jahr 2009 wurde die Gemeinde Schierke in die Stadt Wernigerode eingemeindet. Unmittelbar im Anschluss teilte die Stadt Wernigerode der Avacon AG mit, dass sie den Konzessionsvertrag mangels Bekanntmachung im Bundesanzeiger für unwirksam halte. Die Stadt Wernigerode führte ein neues Konzessionierungsverfahren durch und schloss einen neuen Stromkonzessionsvertrag für den Ortsteil Schierke mit sich ebenfalls bewerbenden Stadtwerken. Die Avacon AG klagte, und zwar zunächst mit Erfolg: Das Landgericht (LG) Hannover gab ihr Recht (Urt. v. 12.9.2012, Az. 21 O 16/12). Doch in der Berufungsinstanz wies das Oberlandesgericht (OLG) Celle die Klage ab (Urt. v. 23.5.2013, Az. 13 U 185/12 (Kart)). Dagegen legte die Avacon AG Revision ein, und so gelangte die Sache vor den BGH.

Entscheidende Rechtsfragen

Der BGH musste im vorliegenden Revisionsverfahren zwei Rechtsfragen klären:

Zum einen ging es um die Frage, in welchem Medium die vorzeitige Beendigung von Konzessionsverträgen bekannt gemacht werden muss. Für den Fall des regulären Vertragsendes sieht § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG dafür ausdrücklich den Bundesanzeiger vor. Dagegen enthält § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG für den (Sonder-)Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung keine ausdrückliche Vorgabe. Da aber der  Zweck der Bekanntmachung der gleiche ist, nämlich den Wettbewerb um die neue Konzession zu eröffnen, gingen bereits in der Vergangenheit die meisten Experten davon aus, dass auch die vorzeitige Beendigung von Konzessionsverträgen im Bundesanzeiger bekannt zu geben ist.

Zum anderen ging es um die Frage, was passiert, wenn die vorzeitige Beendigung „nur“ im Deutschen Ausschreibungsblatt bekannt gemacht wurde. Für den Fall, dass die vorzeitige Vertragsbeendigung überhaupt nicht veröffentlicht wurde, hat bereits das OLG Düsseldorf  (mit Urt. v. 12.3.2008, Az. VI-2 U (Kart) 8/07) entschieden, dass der neu abgeschlossene Konzessionsvertrag unwirksam ist. Das gilt nach Ansicht des BGH jetzt auch, wenn das falsche Medium gewählt wurde. Die Urteilsgründe des BGH mit den entscheidenden Erwägungen liegen noch nicht vor.

Auswirkungen des Urteils

Die Reichweite dieses Urteils geht über den konkreten Einzelfall weit hinaus. Das Urteil ist eine weitere Grundsatzentscheidung zur Konzessionsvergabe nach § 46 EnWG.

In der Vergangenheit haben Altkonzessionäre, wie die Avacon AG, häufig darum gebeten, Konzessionsverträge vorzeitig zu beendigen und neu abzuschließen – etwa um zeitgleiche Auslauftermine vieler Konzessionsverträge zu entzerren oder die Laufzeiten in angrenzenden Konzessionsgebieten zu harmonisieren. Zudem bot sich bei einem vorzeitigen Neuabschluss die Gelegenheit, die Konzessionsverträge an die neue energiewirtschaftliche Rechtslage anzupassen.

In vielen Fällen haben Kommunen die vorzeitige Beendigung von Konzessionsverträgen überhaupt nicht oder jedenfalls nicht im Bundesanzeiger, sondern nur in anderen Medien wie dem Deutschen Ausschreibungsblatt bekannt gegeben. Der BGH hat mit seinem Urteil vom 18.11.2014 entschieden, dass eine Bekanntmachung im Deutschen Ausschreibungsblatt unzureichend ist und zur Nichtigkeit des neu abgeschlossenen Konzessionsvertrages führt. Der BGH hat damit zugleich das Urteil des OLG Düsseldorf bestätigt, da bei einer gänzlich unterbliebenen Bekanntmachung zur Eröffnung des Konzessionswettbewerbes nach der Entscheidung des BGH erst recht die Nichtigkeit des neu abgeschlossenen Konzessionsvertrages folgen muss.

Für die Zukunft sollten die Kommunen unbedingt auf die Einhaltung der Bekanntmachungspflichten aus § 46 Abs. 3 EnWG achten. Die Nichtigkeit eines Konzessionsvertrages wegen einer unterbliebenen oder im falschen Medium erfolgten Bekanntmachung kann zum Schutze des nicht wirksam eröffneten Wettbewerbes um die Konzession jederzeit geltend gemacht werden.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Christian Theobald/Astrid Meyer-Hetling/Oliver Eifertinger/Axel Kafka

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