EEG-Novelle stößt auf Widerstand der Länder

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Die so genannte Photovoltaik-Novelle ist in aller Munde. Am 29.3.2012 hat sie der Bundestag in 2. und 3. Lesung beschlossen (wir berichteten); der Markt reagierte auf sie als feststehende Tatsache. Der Bundesrat könnte die Sache allerdings ganz anders sehen. Sein Umwelt- und auch sein Wirtschaftsausschuss empfahlen ihm am 26.4.2012, den Vermittlungsausschuss einzuberufen mit dem Ziel, das Gesetz grundlegend zu überarbeiten. Die Entscheidung über diese Empfehlung fällt am 11.5.2012.

Angesichts des schnellen Zubaus und zugleich rasch sinkender Modulpreise war zu erwarten, dass die Vergütungssätze erneut nach unten angepasst werden. Doch das Ausmaß der vom Bundestag beschlossenen Kürzungen ließ – zusammen mit spektakulären Firmenschließungen – in Teilen der Öffentlichkeit den Eindruck entstehen, die Bundesregierung nehme in Kauf, dass damit der Ausbau der Photovoltaik und auch die Herstellung von PV-Modulen in Deutschland beendet wird.

Fraglich ist zudem, wie praktikabel eine monatlichen Degression ist. Das Gleiche gilt für das das so genannte Marktintegrationsmodell. Kritisch kommentiert wurde auch die Begründung: Zwar würden die Kürzungen zu einem Abbremsen des Ausbaus führen. Damit würde auch die EEG-Umlage ggf. weniger schnell steigen. Die wesentlichen volkswirtschaftlichen Aufwendungen wurden aber schon gemacht: mit dem schnellen Zubau der Photovoltaik der letzten Jahre. Dies lässt sich durch – möglicherweise überzogene – Kürzungen jetzt nicht mehr korrigieren. Es ist auch fraglich, inwieweit die Stimmung in der Bevölkerung hier richtig eingeschätzt wird. Denn Umfragen belegen, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien als wichtige Zukunftsinvestition jedenfalls von den Bürgern akzeptiert wird. Möglicherweise wurden schließlich auch die wirtschaftspolitischen und regionalpolitischen Aspekte zu wenig in den Blick genommen.

In der Folge hatten Vertreter der von SPD und Grünen geführten Bundesländer angekündigt, auch bei den so genannten B-Ländern (mit unionsgeführter Regierung) für einen Einspruch gegen das Vorhaben im Bundesrat zu werben. Zwar handelt es sich bei der Photovoltaik-Novelle wohl um ein Einspruchsgesetz. Es kann also auch ohne Zustimmung des Bundesrates in Kraft treten. Es bleibt dem Bundesrat jedoch unbenommen, gegen ein solches Gesetz Einspruch einzulegen. Dieser Einspruch kann dann vom Bundestag überstimmt werden. Hierfür wird jedoch ein Quorum benötigt, welches eben dem Quorum entspricht, mit welchem der Bundesrat den Einspruch beschlossen hat: Beschließt der Bundesrat also mit absoluter Mehrheit, kann der Einspruch auch nur mit der absoluten Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag überstimmt werden. Vor einen Einspruch hat der Verfassungsgeber aber eine wesentliche Hürde gesetzt: die Anrufung des Vermittlungsausschusses, um möglichst doch noch eine Einigung zwischen Bundestag und Bundesrat herbeizuführen.

Am 26.4.2012 haben nun Umweltausschuss und Wirtschaftsausschuss verschiedene Anträge der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen verabschiedet. Der Hauptantrag ist die generelle Überarbeitung des Gesetzes. Damit wäre alles offen und aber auch alles möglich.

In weiteren Hilfsanträgen wird gefordert:

  • das Marktintegrationsmodell zu streichen, nach dem zukünftig ein Anteil des Solarstroms nicht weiter vergütet werden soll,
  • den Ausbaukorridor auf 3.500 MW zu erhöhen,
  • die Degressionsstufen zu entschärfen und
  • Dachanlagen mit einer installierten Leistung von 10 kW bis 100 kW mit 18,5 Ct/kWh anstatt nur mit 16,5 Ct/kWh zu vergüten.

Weitere Anträge wurden abgelehnt. Möglich wurde das Abstimmungsergebnis, da neben den A-Ländern Vertreter von CDU-geführten Landesregierungen den Anträgen zugestimmt hatten. Die letzte Entscheidungsgewalt in dieser Sache liegt beim Plenum des Bundesrates. Dort wird am 11.5.2012 beschlossen, ob es tatsächlich zu einer Anrufung des Vermittlungsausschusses kommt oder das Gesetz ohne Einspruch den Bundesrat passiert. Dabei ist insbesondere fraglich, ob die B-Länder, die am 26.4.2012 noch für die Anträge gestimmt haben, nochmals gegen die Bundesregierung stimmen werden. Denn dies würde für Umweltminister Röttgen zwei Tage vor der NRW-Wahl eine herbe Schlappe bedeuten. Dieses Szenario ist aber mit dem 26.4.2012 wahrscheinlicher geworden.

Ob eine Anrufung des Vermittlungsausschusses und ein anschließender förmlicher Einspruch des Bundesrates am Ende viel an der PV-Novelle ändern würden, bleibt abzuwarten. Schließlich hat die Bundesregierung angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag noch immer gute Aussichten, einen möglichen Einspruch zu überstimmen. Denn: Würde der Bundesrat tatsächlich mit 2/3 seiner Stimmen gegen die PV-Novelle stimmen? Auch wegen der bevorstehenden wichtigen Landtagswahlen ist nicht ausgeschlossen, dass am Ende der angestoßenen Entwicklungen ein Kompromiss mit insgesamt moderateren Einschnitten ins EEG stehen könnte. Die Entscheidung hierüber kann sich ziehen – das Grundgesetz (GG) schreibt drei Sitzungen des Vermittlungsausschusses vor, lässt aber Spielräume hinsichtlich der Schnelligkeit ihrer Abfolge (Stichwort: Vertagung innerhalb einer Sitzung).

Wie man hört, hat der Bundesminister bereits reagiert und in der kommenden Sitzungswoche des Bundestages (= 19. Woche des Jahres) die Ministerpräsidenten betroffener „Solar-Länder“ herzlich zum Gespräch eingeladen ….. – man darf hoffen, dass bereits hier ein Kompromiss vorgezeichnet wird.

Ansprechpartner: Dr. Martin Altrock/Andreas Große

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