Einsatz von Erdgas und Biomethan als Kraftstoff – Alternativer Antrieb der Zukunft und „Lebensretter“ einer ganzen Branche?

(c) BBH
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Seit die EEG-Novelle am 1.8.2014 in Kraft getreten ist (wir berichteten), haben sich die Rahmenbedingungen für Biogas – und damit auch für Biomethan, also auf Erdgasqualität aufbereitetes Biogas – erheblich verändert (wir berichteten). Mit neu errichteten Biogasanlagen Strom zu produzieren und dafür EEG-Vergütung zu erhalten, ist zu den Konditionen des EEG 2014 wirtschaftlich kaum noch möglich. Für die Biogasbranche gilt es daher, alternative Verwertungspfade in Betracht zu ziehen.

Eine dieser auch für Stadtwerke interessanten Alternativen ist der Vertrieb von Biomethan als Kraftstoff. Hierbei hat sich in den letzten Jahren insbesondere der Handel mit Biokraftstoffquoten als ertragreiches Geschäft für Erdgastankstellenbetreiber erwiesen. Nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG, hier die §§ 37 a ff.) sind Mineralölunternehmen verpflichtet, jährlich einen bestimmten Anteil Biokraftstoff in den Verkehr zu bringen. Die Mehrzahl von Erdgastankstellenbetreibern unterliegt jedoch nicht dieser Pflicht, da neben Erdgas kein Otto- oder Dieselkraftstoff in den Verkehr gebracht wird. Wenn sie Biomethan als Kraftstoff verkaufen, werden dementsprechend Biokraftstoffquoten „frei“ und können an die Biokraftstoffquotenpflichtigen (Mineralölunternehmen) vermarktet werden. Die reine Vermarktung von Biomethan als Kraftstoff wird dagegen mit Auslaufen der Steuerentlastung nach § 50 Abs. 2 EnergieStG am 31.12.2015 keinen wirtschaftlichen Erlös mehr darstellen können.

Um den Verwertungspfad Kraftstoff nutzen zu können, muss aber die Erdgasmobilität insgesamt ausgebaut werden. Denn der Vertrieb von Biomethan als Kraftstoff ist von der Erdgasnetz- bzw. Erdgastankstelleninfrastruktur abhängig. Die gibt es allerdings bis zum heutigen Tage noch nicht vollständig. Zwar profitiert Erdgas als Kraftstoff zurzeit noch von einer Steuerermäßigung (1,39 ct/kWh statt 3,18 ct/kWh), vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG.

Jedoch fehlte das Vertrauen der Fahrzeugnutzer (Autokäufer) in die Technologie, fehlte die Bereitschaft der Hersteller zur Weiterentwicklung und Innovation (Modellvielfalt), fehlte vor allem ein gut ausgebautes Erdgastankstellennetz. Diese drei Faktoren lähmten sich gegenseitig – unter dem Stichwort „Henne-Ei-Problematik“ schoben sich die verschiedenen Beteiligten gegenseitig die Schuld zu. Glücklicherweise lässt sich jedoch – unter dem Eindruck stetig weiter steigender Preise für erdölbasierte Kraftstoffe – eine positive Entwicklung für die Erdgasmobilität ausmachen. So wuchs der Tankstellenbestand von ca. 200 im Jahr 2001 auf ca. 920 im Jahr 2013 und der Fahrzeugbestand von ca. 10.000 im Jahr 2001 auf ca. 98.000 im Jahr 2013 (davon ca. 80.000 PKW-Zulassungen). Auch die Hersteller haben inzwischen nachgezogen und im Jahr 2013 das Marktpotential gegenüber 2012 verdreifacht und die Modellvielfalt vergrößert.

Diese Wachstumsraten stimmen optimistisch, die Steuerermäßigung für Erdgas als Kraftstoff zeigt seit ihrer Einführung Ende der 1980er Jahre also erstmals Wirkung. Für die endgültige Marktfähigkeit von Erdgas als Kraftstoff fehlen allerdings noch die „letzten Meter“. Experten gehen davon aus, dass Erdgas als Kraftstoff ab einer Anzahl von 1.400 Erdgastankstellen keiner Steuerermäßigung mehr bedarf und dass diese Anzahl bis zum Jahr 2026 erreicht werden kann. Unabdingbare Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Steuerermäßigung für Erdgas als Kraftstoff bald verlängert wird.

Daher bedarf es bereits zum jetzigen Zeitpunkt eines Signals der Politik, dass sie weiter auf Erdgas als Kraftstoff setzt. Der Aussage im Koalitionsvertrag, die Steuerermäßigung für Erdgas als Kraftstoff über das Jahr 2018 hinaus verlängern zu wollen, müssen jetzt Taten folgen, um für die Marktakteure die nötige Investitionssicherheit zu gewährleisten und Erdgas als Kraftstoff endgültig marktfähig zu machen.

Diese Marktfähigkeit könnte nicht nur eine attraktive Vertriebsalternative für Stadtwerke und Energieversorger darstellen, sondern auch dazu beitragen, die für die Biomethanbranche negativen Auswirkungen der EEG-Novelle abzuschwächen.

Ansprech­part­ner: Prof. Christian Held/Dr. Erik Ahnis

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