„Entscheiden Sie noch heute“? – Keine Verkürzung der Länderkompetenzen beim Erlass des TEHG

„Sonderangebot! Nur heute!“ Mit dieser Masche bringen gelegentlich gewisse Handelsvertreter nette, alte Damen zum Unterschreiben, die sich unversehens als stolze Besitzerinnen von Industriestaubsaugern und Versicherungspolicen speziell für Großwildjäger wiederfinden. So etwas ist unseriös. Von ordentlichen Unternehmen würde man dergleichen nie erwarten. Schon gar nicht von der Bundesregierung.

Wirklich nicht? Das Bundesumweltministerium (BMU) schlägt beim neuen Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) ein Vorgehen vor, das doch ein wenig an solche Vertreter-Tricks erinnert – zwar nicht gegenüber Verbrauchern, aber immerhin gegenüber den Bundesländern. Denen flattert am 15.2.2011 ein 125 Seiten (!) langer „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Rechtsgrundlagen für die Fortentwicklung des Emissionshandels“ auf den Tisch, verbunden mit der Aufforderung, die vielfältigen Änderungen im Bundesrat fristverkürzt zu behandeln. Bis zum 18.3.2011 nämlich.

Die Eile, mit der den Bundesländern nun eine Entscheidung über das dicke Paket aus Berlin abverlangt wird, ist umso erstaunlicher, als das BMU sich (angesichts der Komplexität der Materie ohne Weiteres nachvollziehbar!) Monate lang Zeit ließ, den ersten Referentenentwurf vom September 2010 gründlich zu überarbeiten. Zudem geht es hier aus Länderperspektive gerade nicht um Marginalien.

Zwar meint das BMU, die Länderkammer müsse bei der Änderung des Stammgesetzes für den Emissionshandel in Deutschland gar nicht zustimmen. Tatsächlich verschieben sich durch die geplanten Änderungen aber in vielfacher Hinsicht Kompetenzen von den Ländern zum Bund. Die Bundesländer würden sowohl im Zuge der Genehmigung emissionshandelspflichtiger Anlagen Zuständigkeiten verlieren, als auch bei der Zuteilung von Emissionsberechtigungen die wenigen Einflussmöglichkeiten einbüßen, die der Bundesrepublik im Zuge fortschreitender europäischer Integration überhaupt bleiben.

Für Bundesländer, in denen viele emissionshandelspflichtige Anlagen einen wichtigen regionalen Faktor darstellen, ist dies naturgemäß ein sensibler Punkt. Es wäre daher nicht verwunderlich, wenn die Bundesländer – anders als die alte Dame im Gespräch mit dem Handelsvertreter – auf eine kritische Prüfung dringen, um nicht am Ende mit einem Gesetz dazustehen, das sie bei mit etwas Zeit für politische Diskussion so nicht akzeptiert hätten.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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