Interkommunale Kooperation als eine erfolgversprechende Form effizienter Zusammenarbeit unter Stadtwerken

In Zeiten der Digitalisierung herrscht auch in der Energiewirtschaft ein enormer Kostendruck u.a. durch die externe Regulierung, den zunehmenden Wettbewerb und niedrige Markteintrittsbarrieren für neue Tech-Unternehmen. In der Praxis werden deshalb unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Häufig liegt der Fokus dabei darauf, den Umsatz durch vertriebliche Aktivitäten und die Effizienz durch Prozessoptimierungen zu steigern oder Kosten durch die Realisierung von Einsparungspotentialen zu senken.

Mit Blick auf den Bereich der Informationstechnologie ergibt sich ein unmittelbares Optimierungspotenzial. Da eine Vielzahl der neuen Anforderungen und Weiterentwicklungen an den IT-Landschaften wegen der Regulierung durch sämtliche Energieversorgungsunternehmen in den bekannten Marktrollen mit häufig hohem Aufwand (Geld, Personal) umgesetzt werden müssen, stellt sich folgende Frage:

Warum implementieren viele Unternehmen der Branche immer noch eigene Prozessvarianten und Infrastrukturen, wenn die Prozesse doch eigentlich identisch und an Marktstandards orientiert ablaufen?

One size fits all?: Template-Systeme im Dienstleistungsmodell

Die Frage lässt sich leider nicht so einfach beantworten. Mit dem entsprechenden Einblick in die Unternehmen wird erkennbar, dass zugrunde liegende IT-Strategien, Interpretationen von Prozessdefinitionen oder sogar mangelnde Umsetzungen der Hersteller zu eben diesen Individuallösungen führen. Der vom Markt verfolgte Grundsatz der Standardisierung stößt damit aufgrund der Ausrichtungen der verschiedenen Softwarehersteller bzw. Plattformanbieter sowie der Vielzahl an Marktteilnehmern mit individuellen Vorstellungen schnell an seine Grenzen.

Sogenannte Template-Systeme versuchen diesen Konflikt zu lösen, indem die im Kern standardisierte Software um weitere, für den Markt bzw. die nutzenden Unternehmen sinnvolle Komponenten erweitert wird. Der Vorteil dabei ist, dass diese Erweiterungen in der Template-Umgebung potenziell allen Nutzern bzw. Mandanten zur Verfügung gestellt werden können. Es entsteht ein eigener Template-Standard innerhalb der herstellerseitig standardisierten Softwarelösung.

Bei dieser Form eines Dienstleistungsmodells wird ebenfalls erkennbar, dass für ein erfolgreich standardisiertes Template-System ein strategischer wie fachlicher Konsens zwischen den beteiligten Akteuren vorliegen muss. Ist dieser nicht vorhanden, muss aufwendig individuell differenziert werden, da der Betreiber der Lösung letztendlich aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln muss.

Vielversprechende Alternative der Kooperation

Kooperationen als eine Form der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen sind hinlänglich bekannt. Bei öffentlichen Unternehmen existiert unter bestimmten Voraussetzungen die sog. „Interkommunale Kooperation“ als eine Form der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit, bei der die Akteure ausschließlich auf formaler Ebene zusammenarbeiten, rechtlich und organisatorisch jedoch unabhängig handeln.

Der angesprochene Dienstleistungsgedanke greift nicht bei diesem Modell, sodass die Kooperationspartner auf Augenhöhe agieren. Die Basis der Zusammenarbeit bildet sinnvollerweise dennoch ein Template-System, anders als beim Dienstleistungsmodell jedoch mit weniger Teilnehmern. Können die Unternehmen in Einzelfällen keinen Konsens bilden, ist eine überschaubare Implementierung von Ausnahmen in Form von sogenannten „Code-Weichen“ oder gegebenenfalls „mandantenindividuellem Customizing“ möglich.

In dieser Variante können Prozesse im Kosmos der Kooperation gemeinsam definiert, weiterentwickelt und standardisiert werden. Die interkommunale Kooperation bringt zusammenfassend die Interessen der Kooperationspartner zusammen, um die gemeinsam definierten Ziele zu erreichen.

Gemeinsam Ziele erreichen

Das gemeinsame Ziel liegt demnach in der Reduzierung der IT-Komplexität durch die unternehmensübergreifende Konsolidierung der notwendigen Anwendungen. Mit diesem übergeordneten Ziel gehen weitere mögliche Aspekte der Kooperationspartner einher, die gemeinsam in der Kooperation erreicht werden können:

  • Reduzierung von IT-Kosten durch weniger Anwendungen und Aufteilung von Kosten,
  • Reduzierung des Schulungsaufwands für bestehende und neue Mitarbeiter,
  • Minimierung von Fehlbedienungen der Anwender,
  • Freigabe von Ressourcen durch Abschaffung überflüssiger Entwicklungen & Prozesse im gegenseitigen Fachdialog,
  • Minimierung der Abhängigkeiten von Herstellern und einzelnen Knowhow-Trägern und mögliche Erhöhung der Eigenleistungstiefe,
  • Steigerung von Systemperformance und Usability,
  • zentrale Bewertung von Anforderungen über zentrales Wissensmanagement.

Hierbei handelt es sich nicht um mögliche Auswirkungen (Chancen & Risiken) der interkommunalen Kooperation, die deutlich weitreichender ausfallen können. Vielmehr stellen diese Ziele die üblichen Ansatzpunkte für Unternehmen heraus, die in der Praxis der Auslöser sind, eine solche Kooperation gewinnbringend für alle Seiten gemeinsam zu verfolgen.

Ausblick

Die IT-Systeme und -Prozesse können im Kreise der Kooperationspartner im fachlichen wie strategischem Dialog definiert und standardisiert werden, sodass die Lösungen der Hersteller sinnvoll ergänzt werden, ohne dabei die nötige Flexibilität durch Individualisierungen zu verlieren. Selbstverständlich gibt es aus operativer, fachlicher und technischer Sicht im Vorfeld und im Betrieb wichtige Aspekte zu berücksichtigen, weshalb eine interkommunale Kooperation einer gemeinsamen Vision sowie einer detaillierten Planung und Abstimmung mit den gewünschten Kooperationspartnern bedarf. Und nicht zuletzt ist ein guter persönlicher Kontakt auf Management- und Fachbereichsebenen wie immer sehr hilfreich.

In einem weiteren Beitrag werden wir deshalb auf die zugrundeliegende Architektur in der Praxis und die Zusammenarbeit zwischen Management, Fachbereichen und IT eingehen. Obendrein werden wir darstellen, welche Chancen als Folge einer erfolgreichen Kooperation zu erwarten und welche Risiken zu berücksichtigen sind.

Ansprechpartner*innen: Dr. Andreas Lied/Dr. Andreas Jankiewicz

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