Interkommunale Kooperation in der Cloud

Der Kostendruck im IT-Umfeld auf Stadtwerke steigt. Im Juni 2021 haben wir die Interkommunale Kooperation als eine mögliche Form der Zusammenarbeit zwischen Stadtwerken vorgestellt, um diesem Druck zu begegnen. Mit der zugrunde liegenden Architektur des gemeinsamen Templates für die IT-Systeme legen die Kooperationspartner den Grundstein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Dem widmet sich der Beitrag aus November 2021 mit Blick auf die unterschiedlichen Ansätze eines Betriebs im eigenen Rechenzentrum. Die Architekturen unterliegen mit Blick auf die Cloud einem stetigen Evergreen-Fortschritt, den bestehende oder zukünftige Kooperationspartner berücksichtigen müssen.

Cloud vs. On-Premises

In der Cloud werden im Unterschied zu dem klassischen On-Premises-Betrieb im eigenen Rechenzentrum skalierbare Ressourcen so zusammengefasst, dass diese beliebig unter den Endbenutzern der Cloud-Services verteilt werden können. Neben der technischen Sicht bündelt eine Cloud-Lösung die Entwicklungen, Prozesse und Daten auf der Anwendungsebene, sodass mehrere Unternehmen von diesen identischen Systembestandteilen als Cloud-Service partizipieren können.

In der Praxis ermöglichen unterschiedliche Modelle die bestmögliche Integration der Cloud in das eigene Unternehmen unter Einhaltung der IT- und Unternehmensstrategien. Die Modelle haben sich zwar über die letzten Jahre immer wieder verändert, dennoch existieren im Kern folgende, gängige Szenarien:

  • Public-Cloud: Die zugrunde liegende Infrastruktur wird mehreren Endbenutzern bzw. Nutzergruppen zugeteilt.
  • Private-Cloud: Nur ein Endbenutzer bzw. eine Nutzergruppe hat Zugriff auf die Infrastruktur, wobei diese Cloud-Modelle nicht zwangsläufig auf lokalen, eigenen Ressourcen betrieben werden.
  • Hybrid-Cloud: In der Regel handelt es sich um eine Kombination aus einer On-Premises-Infrastruktur im eigenen Rechenzentrum, Private-Cloud-Services und einer Private-Cloud.
  • Multi-Cloud: Mindestens zwei unterschiedliche Cloud-Dienste werden gemeinsam betrieben und innerhalb einer Architektur gebündelt.

Über die Cloud-Modelle hinaus existieren die bereits erwähnten Cloud-Services, welche sich in unterschiedliche Arten der Bereitstellung unterscheiden lassen:

  • Infrastructure-as-a-Service (IaaS): Die Server, das Netzwerk, die Virtualisierung und die Datenhaltung werden vom Betreiber verwaltet. Der Endbenutzer hingegen verwaltet auf diesen bereitgestellten Ressourcen Betriebssysteme, Applikationen und ggf. eine Middleware.
  • Plattform-as-a-Service (PaaS): Bei diesem Service wird vom Betreiber zusätzlich zur Infrastruktur die Plattform (Betriebssysteme, Middleware) zur Verfügung gestellt. Der Endbenutzer kann die auf der Plattform laufenden Applikationen eigenständig (weiter-)entwickeln und betreiben.
  • Software-as-a-Service (SaaS): Der Betreiber stellt neben der Infrastruktur und der Plattform ebenfalls die eigentliche Anwendung bereit, auf welche der Endbenutzer zugreifen kann. Die Wartung der Software wird dabei vom Betreiber übernommen.

Unabhängig von der Wahl eines konkreten Modells bzw. der Integrationstiefe entstehen mit der Cloud immense Vorteile. Die Infrastruktur ist flexibel, weil der Ressourcenbedarf mit wenig operativem Aufwand entsprechend skaliert werden kann. Unternehmen müssen demnach keine Hardware „auf Vorrat“ und unter Lifecycle-Gesichtspunkten anschaffen, sondern können mit geringer Vorlaufzeit reagieren. Die Sicherheit der Lösungen von etablierten Anbietern stufen unabhängige Sicherheitsexperten und -prüfer immer wieder als sehr hoch ein, wobei der Endbenutzer bzw. die Nutzergruppe in der Cloud grundsätzlich eher zahlreiche Datensicherheitsstandards konsumiert, statt sie detailliert selbst auszuprägen. Ein weiterer Aspekt sind in Konsequenz des skalierbaren und somit effizienteren Betriebs die niedrigen Investitionskosten (CapEx), denen jedoch höhere operative Ausgaben (OpEx) entgegenstehen. Hieraus entstehen Gestaltungsfragen zur Bilanzierung, z.B. durch geeignete Leasingkonstruktionen etc., die wir in einem später folgenden Post behandeln werden.

Insgesamt bietet die Cloud ein hohes Maß an Zuverlässigkeit, die durch regelmäßige Updates der Ressourcen und Services weiter steigt. Je nach gewähltem Modell können die Unternehmen ihren eigenen Fokus optimieren, da der Cloudbetreiber ihnen verschiedene Tätigkeiten abnimmt.

Bedeutung für die Interkommunale Kooperation

Mit der Cloud verschieben sich die Zuständigkeiten vom eigenen Hoheitsbereich zu einem Dienstleister bzw. Cloudbetreiber. Abhängig von der konkreten Ausgestaltung des Betriebs fällt somit die ggf. heute bestehende technische Handlungstiefe weg. Dafür werden strategische, architekturelle und fachlich-steuernde Fertigkeiten an Bedeutung gewinnen. Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen am Markt werden sich Hersteller energiewirtschaftlicher Systeme immer weiter mit dem Aufbau von SaaS-Lösungen beschäftigen.

Das ist aber keineswegs nur riskant oder gar nachteilig. Anstelle des reinen Codings von Funktionen tritt die detaillierte Fach- und Prozesskonzeption als Grundlage effizienten Customizings in den Vordergrund. Was in jedem Fall für die Kooperationspartner zentral an Bedeutung gewinnt, ist der technisch-fachliche Dialog über die zukünftigen Ausprägungen des Systems.

Neben fertig konfigurierten Standard-Lösungen existieren bereits heute innovative Multi-Cloud-Lösungen, um die Komplexität der Architekturen sowie der Anwendungen deutlich zu reduzieren. Im Ergebnis senkt man so die Betriebskosten, ohne dabei auf Individualität verzichten zu müssen: Derartige Lösungen lassen sich durch individuelles Customizing, Premium-Services und weitere Cloud-Anwendungen erweitern, die die notwendige Flexibilität über die Standardprozesse hinaus mitbringen. Der erwähnte notwendige Dialog innerhalb von Kooperationen kann sich damit intensivieren, da die Erweiterungen des Hersteller-Standards gemeinsam eingebracht werden können und sollten. Innerhalb der Kooperation entsteht somit über den Leistungsumfang des Herstellers hinaus ein erweiterter gemeinsamer Lösungsraum.

Am Beispiel der Marktkommunikation im Energiemarkt wird die Bedeutung der Cloud nochmals deutlicher: Aktuell führen bei den Marktformatwechseln viele Unternehmen die Anpassungen in ihren konfigurierten Systemen separat durch, obwohl diese Anpassungen rein fachlich-prozessual überall identisch sein sollten. Innerhalb einer Kooperation ist hier heute ein Mehrwert gegeben, da diese Anpassungen auf gemeinsamer Blaupause durchgeführt werden können, was den Aufwand mindestens halbiert. Perspektivisch werden die Hersteller jedoch vermehrt auf Public-Cloud-Lösungen setzen müssen, um die gesetzlichen Anpassungen einmal für alle betroffenen Unternehmen umzusetzen. Da einige Prozessbestandteile (Aussteuerungen, Prüfungen, …) in der Praxis im Kontext der unterschiedlichen Unternehmensstrategien individualisiert werden müssen, bietet eine Kooperation hier erneut den Vorteil, den ausgelieferten Hersteller-Standard sinnvoll und effizient zu ergänzen.

Dabei müssen die bereits heute bestehenden Herausforderungen neuer gesetzlicher Anpassungen oder technischer Weiterentwicklungen in das Unternehmen vermittelt werden. Das notwendige Projektmanagement, die Integration bzw. Überwachung von Schnittstellen zur Cloud und der gemeinsame Austausch mit den Fachbereichen der Unternehmen sowie die Roadmap und Wirtschaftsplanung sollten daher zwangsläufig gemeinsam stattfinden.

Vorbereitungen treffen

Die Partner in einer Interkommunalen Kooperation müssen sich aufgrund der Relevanz schon heute mit dem Weg in die Cloud beschäftigen, da einzelne Software-Hersteller bereits keine aktuellen On-Premises-Lösungen mehr anbieten oder den Wegfall für die nahe Zukunft verkündet haben.

Innerhalb einer Kooperation zu Beginn eine Inventur der bisherigen Lösungen durchzuführen, ist äußerst hilfreich. Damit erhalten die Partner einen aktuellen Plan der IT-Infrastruktur, den man mit der zukünftigen Ausrichtung vergleichen kann. So wird ersichtlich, inwieweit die Strategie vom bisherigen Aufbau schon unterstützt wird und an welcher Stelle Lücken auszugleichen sind. Ein gemeinsamer Dialog, welche Dienstleistungs- und Produktpartner in der zukünftigen Ausrichtung eine Rolle spielen werden und welche Ressourcen der Kooperationspartner welche Aufgaben in dem Transformationsprozess übernehmen können, hilft bei der Analyse und Planung. Die Betrachtung der Geschäftsprozesse innerhalb der Systeme darf neben der Architektur nicht aus den Augen verloren werden, um Abhängigkeiten früh erkennen zu können.

Im nächsten Schritt definieren die Kooperationspartner auf Basis der bis dahin gewonnenen Erkenntnisse die gemeinsamen Ziele. Es ist wichtig, dass die Partner zu diesem Zeitpunkt etwaige Bedenken offenlegen, damit frühzeitig eine Lösung gefunden werden kann. Um die Kooperation auch in Zukunft fruchtbar zu halten, muss im Kern ein gemeinsames Cloud-Modell gewählt werden. Es ist zu entscheiden, welche Prozesse in die Cloud verlagert werden und welche Anpassungen dafür zu tätigen sind. Davon abhängig sind die Wahl und die Detailkonzeption einer geeigneten Migrationsmethode im Brownfield-Ansatz.

Die bis hierhin gesammelten Informationen und Entscheidungen werden innerhalb einer gemeinsamen Roadmap festgehalten, welche die konkreten Schritte der zukünftigen Umstellung und des Weges dahin beschreibt. Zentral ist dabei, die gesamten Organisationen der Kooperationspartner frühzeitig in den Transformationsprozess einzubinden.

Zusammenfassend bietet die Form der Interkommunalen Kooperation auch in Zukunft die Vorteile und Chancen, um die vielfältigen Herausforderungen der Digitalisierung und des Energiemarktes gemeinsam zu lösen.

Ansprechpartner*innen: Dr. Andreas Jankiewicz/

Share
Weiterlesen

06 Dezember

Transformation des Vergaberechts Teil 3: Stärkung von Startups

Die Bundesregierung beabsichtigt mit dem sog. Vergabetransformationspaket, die Vergabeverfahren zu vereinfachen, zu beschleunigen und zu digitalisieren sowie die öffentliche Beschaffung sozial, ökologisch und innovativ auszurichten. Die wichtigsten Neuregelungen zur nachhaltigen Ausrichtung und zur Vereinfachung der Verfahren stellen wir bereits in...

05 Dezember

Neufassung des IDW S 1: Weiterentwicklung der Grundsätze der Unternehmensbewertungen

Am 7.11.2024 hat der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW den Entwurf einer Neufassung des IDW Standards „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ (IDW ES 1 n. F.) verabschiedet. Dieser würde die bisherige Fassung aus dem Jahr 2008 grundlegend...