Kommission gibt Übernahme der innogy durch E.ON frei – ein Nachruf

(c) BBH

Zu den nicht wirklich angenehmen Aufgaben von Journalisten gehört es, Nachrufe auf Verstorbene zu verfassen, die aber sehr oft noch gar nicht verstorben sind. Hat man den Nekrolog schon in der Schublade, spart man sich hektische Recherchen zwischen Tickernews und Abgabetermin. Auch dieser Text entstand (im Wesentlichen) schon Wochen vor der Veröffentlichung. Es ist Sommer und draußen sind 30°C. Und dennoch ist schon absehbar, was passieren wird …

Heute hat die Europäische Kommission verkündet, dass sie die Übernahme des Netz- und Vertriebsgeschäftes der innogy durch E.ON freigibt. Damit ist auch die dritte Komponente des wahrscheinlich bedeutsamsten Umbaus in der deutschen Energiewirtschaft in den letzten 15 Jahren kartellrechtlich freigegeben. Im Ergebnis wird innogy zerschlagen, die konventionelle wie erneuerbare Erzeugung wird bei RWE konzentriert, E.ON übernimmt die Netze und den Vertrieb und wird damit zum größten Verteilnetzbetreiber und Endkundenversorger in Deutschland. Und RWE wird mit knapp 16,7 Prozent größter Aktionär bei E.ON.

Die Bewertung dieser Umgestaltung der beiden größten deutschen Energieversorger war sehr unterschiedlich. Achim Wambach, der Chef der Monopolkommission erklärte den Deal direkt nach Bekanntwerden schon für unproblematisch. Die Reaktionen aus dem Markt sahen anders aus. EWE, Lichtblick und eine Reihe von Regionalversorgern und Stadtwerken problematisierten die negativen Auswirkungen auf den Wettbewerbsmarkt und damit mittelfristig auch auf die Kunden.

Im Ergebnis erfolgt die Freigabe mit Auflagen, durch die – aus der Perspektive der Kommission – sichergestellt werden, dass das Vorhaben keine negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb haben wird. Für den deutschen Markt sind die Auflagen überschaubar: E.ON muss die meisten – kolportiert sind ca. 350.000 – seiner Kunden im Heizstrommarkt abgeben und sich vom Betrieb von 34 Ladesäulen für Elektroautos an deutschen Autobahnen etwas zurückziehen. Im Vergleich zu den Forderungen aus dem Markt sind diese Auflagen für E.ON sehr einfach zu erfüllen.

Es liegt nun am Markt zu entscheiden, wie er mit der Entscheidung der Kommission umgehen will.

Und um ganz im Stile des Nekrologs zu enden: Am 17.9.2019 wurde das Ende von innogy besiegelt. Das Unternehmen wurde nicht einmal vier Jahre alt.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Dr. Christian Dessau

Share
Weiterlesen
Geothermie-Anlage mit Dampf

15 Juli

Der neue Entwurf des Geothermie-Beschleunigungsgesetzes: Ein Pyrrhussieg für den Wärmenetzausbau?

Mit dem Sofortprogramm von Ende Mai will die Bundesregierung einige Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag prioritär umsetzen – darunter die „Beschleunigung des Ausbaus von Geothermie, Wärmepumpen, Wärmespeichern und Wärmeleitungen“. Hierzu legte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) am 4.7.2024 nun...

Unterlagen, Hände, Laptop

10 Juli

Transformationsdruck trifft Engpassmarkt – Wie Versorgern die Einführung einer Billing-Lösung trotz Ressourcenknappheit gelingt

Das vorherrschende Angebotsdefizit für Billing-Lösungen zwingt insbesondere kleine und mittlere Versorger zunehmend in die Rolle eines Bittstellers. Die Auswahlmöglichkeiten schrumpfen, Budgets müssen fortlaufend korrigiert werden. Die Marktsituation ist herausfordernd und neu – kreative und unkonventionelle Ansätze sind gefragt. Das Angebotsdefizit...