OLG Celle schafft Klarheit zu Streitfragen bei Konzessionierungsvergabe

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Viele Kommunen sind gegenwärtig oder zukünftig in der Situation, Strom- und Gaskonzessionen vergeben zu müssen. Nach den Grundsatzurteilen (Az. KZR 65/12 und KZR 66/12) des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17.12.2013 (wir berichteten) haben Land(LG)- und Oberlandesgerichte (OLG) zahlreiche Konzessionsvergaben wegen Verfahrensmängeln aufgehoben. Es entstand eine immer größere Unsicherheit, wie Konzessionsvergaben rechtssicher durchgeführt werden können. Jetzt hat das OLG Celle mit Urteil vom 17.3.2016 (Az. 13 U 141/15 (Kart)) die von BBH begleitete Konzessionsvergabe einer niedersächsischen Kommune bestätigt (wir berichteten). Damit liegt erstmals eine obergerichtliche Entscheidung zu zentralen Streitfragen rund um die Konzessionsvergabe vor, an der sich Kommunen orientieren können.

In dem konkreten Verfahren hatten sich die Altkonzessionärin und die örtlichen Stadtwerke um die ausgelaufene Stromkonzession beworben. Ein vorangegangenes Konzessionierungsverfahren musste wie bundesweit in hunderten Kommunen nach den Grundsatzurteilen des BGH vom 17.12.2013 wiederholt werden. Die Verfahrensbedingungen des neuen Verfahrens und insbesondere der Kriterienkatalog wurden an den Maßstäben des BGH orientiert. Nach einer ersten Angebotsrunde und Bietergesprächen gaben die beiden Unternehmen verbindliche Angebote ab. Das bessere Ergebnis erzielten dabei die örtlichen Stadtwerke.

Die unterlegene Altkonzessionärin beantragte nach der Mitteilung der Auswahlentscheidung einstweiligen Rechtschutz gegen die beabsichtigte Konzessionierung und bekam vor dem LG Hannover (Az. 25 O 42/15) noch Recht. Auf die Berufung der Kommune hin wurde die Auswahlentscheidung vom OLG Celle jedoch bestätigt und der Weg für die Konzessionierung der Stadtwerke freigemacht. Dabei hat sich das Gericht sehr ausführlich mit den verschiedenen Streitfragen zur Konzessionsvergabe beschäftigt. Im Ergebnis stellte es fest, dass die Kommune die Anforderungen an ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren eingehalten hat.

Streitig in dem Verfahren waren unter anderem Kriterien, mit denen die Kommune vertragliche Zusagen, Informations- und Mitwirkungsrechte im Hinblick auf die zukünftige Netzbewirtschaftung bewertet hatte. Das OLG Celle hält die Bewertung derartiger vertraglicher Regelungen unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH für zulässig, da sie den Zielen des § 1 EnWG dienen. Bestimmte vertragliche Regelungen verbindlich vorzugeben, sei aufgrund des Ideenwettbewerbs nicht erforderlich.

Auch im Übrigen hat das Gericht keine Bedenken gegen die aufgestellten Kriterien und deren Gewichtung. So sah das OLG Celle den vom BGH geforderten Vorrang der Ziele des § 1 EnWG mit einer Gewichtung von 65 Prozent als gegeben an. Die einzelnen Kriterien und deren Erläuterungen hält das OLG Celle für hinreichend klar. Das vom Altkonzessionär eingewandte Transparenzdefizit konnte das Gericht nicht erkennen. Vielmehr wies es darauf hin, dass es den Ideenwettbewerb um die Konzession hätte behindern können, wenn die Kriterien zu konkret gefasst gewesen wären.

Schließlich sah das OLG Celle auch keine Mängel in der Bewertungsmethode und der konkreten Bewertung der Angebote bei den einzelnen Kriterien. Die vergleichende (relative) Bewertungsmethode hält das OLG Celle nicht nur für zulässig, sondern für besser vereinbar mit dem gewollten Ideenwettbewerb als die Vorgabe fester Maßstäbe (absolute Bewertungsmethode). Bei der Bewertung der Angebote bestätigte das Gericht den Beurteilungsspielraum der Kommunen, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar sei. Sachfremde Erwägungen, willkürliche Bewertungen oder eine sonstige Überschreitung des Beurteilungsspielraums konnte das OLG Celle in dem ausführlichen Auswertungsvermerk der Kommune bei keinem Kriterium erkennen.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Christian Theobald/Oliver Eifertinger/Axel Kafka/Astrid Meyer-Hetling

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