Referentenentwurf zum EEG 2014: Die besondere Ausgleichsregelung (Teil 3)

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Der Referentenentwurf für die Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG 2014) beschäftigt Sie und uns schon eine ganze Weile. Heute, am 1.4., widmen wir dem EEG 2014 – in seiner Entwurfsfassung vom 31.3. – eine ganze Vorabendserie. Nachdem Teil 1  die lange Nacht des EEG mit einem zünftigen Einstieg und Überblick eröffnete, widmete sich Teil 2 unserer Serie dem Thema der Eigenversorgung. Der (für heute letzte – reicht auch) Teil 3 beschäftigt sich mit den von der Industrie heiß erwarteten Regelungen zur besonderen Ausgleichsregelung:

Anders als in den ersten EEG-Entwürfen, die noch recht wenig Einblick in die mögliche künftige Struktur der Entlastungsregelung für Energie für stromintensive Unternehmen gegeben haben, zeichnen sich im jetzigen Entwurf die Konturen der künftigen Regelungen bereits recht deutlich ab. Wenig überraschend ist dabei, dass sich die Vorgaben sehr weitgehend an dem jüngsten Entwurf der Beihilfeleitlinien (wir berichteten) orientieren und dabei gleichsam einige der dort schon als kritisch bewerteten Vorgaben in den besonderen Ausgleichsmechanismus integriert werden sollen.

Für welche Branchen soll die besondere Ausgleichsregelung künftig gelten?

Mit großer Spannung war im Vorfeld erwartet worden, welche Branchen in Zukunft überhaupt noch von der besonderen Ausgleichsregelung profitieren würden. Der jetzige Referentenentwurf listet insoweit nun in der (derzeit noch in englischer Sprache verfassten) Anlage 4 bislang insgesamt 62 Branchen auf, die in zwei unterschiedliche Kategorien (Liste 1 und Liste 2) unterteilt werden und teilweise von der EEG-Umlage befreit werden sollen. Bei einigen Branchen wurde bereits im Vorfeld gemutmaßt, dass sie auch künftig entlastet werden würden (wie zum Beispiel Stahl, Aluminium, Papier). Daneben  finden sich hier auch einige Industriezweige, die bislang in der öffentlichen Diskussion eher weniger im Fokus standen (z. B. Herstellung von Malz, Ölen und Fetten, Stärke, Obstsäften).

Einige Branchen sollen noch hinzukommen. So lässt sich der Anlage entnehmen, dass diese in Liste 2 um weitere Sektoren ergänzt werden soll. Dem Entwurf der Beihilfeleitlinien zum Trotz, die das doch so eigentlich nicht anlegen wollten, wird hier offenbar wieder standardisiert und kein Einzelfallantrag/keine Einzelfallprüfung möglich sein. Bei der Ermittlung der Liste-2-Sektoren kommt es – so der gegenwärtige Stand – ausschließlich auf das aus dem Beihilfeleitlinienentwurf der Kommission bekannte Kriterium der Handelsintensität an, die 4 Prozent überschreiten soll. Weitere umwelt- und klimapolitisch relevante Aspekte auf Unternehmens- oder Produktebene, die eine Begrenzung der EEG-Umlage im Einzelfall rechtfertigen und in der Konsultation der Beihilfeleitlinien auch von verschiedenen Seiten bereits gefordert wurden, finden sich dagegen nicht – etwa ob ein Unternehmen direkt oder indirekt zum Umweltschutz beiträgt. Hier bleibt zu hoffen, dass es nach den abschließenden Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und der Kommission noch zu Nachbesserungen kommt. Eine NACE-Code-Beispielliste plus Öffnungsklausel bei Gleichwertigkeit wäre doch begrüßenswert.

Und unter welchen Voraussetzungen sollen die Entlastungen künftig gewährt werden?

Für die aufgelisteten Branchen gibt es die Entlastungen – wie bislang auch schon – nicht ohne weiteres. Vielmehr werden die Bedingungen, um die besondere Ausgleichsregelung in Anspruch nehmen zu können, in fast allen relevanten Punkten deutlich verschärft:

  • Unverändert geblieben ist die Voraussetzung eines Mindeststromverbrauchs von 1 GWh – dies war schon bislang die Schwelle, die Unternehmen eine Begrenzung der EEG-Umlage ermöglichte.
  • Daneben wird ein bestimmtes, nach der Zuordnung der Listen in Anlage 4 differenziertes Verhältnis der Stromkosten zur Bruttowertschöpfung verlangt, das für Unternehmen der Liste 2 mit geringerer Handelsintensität nunmehr 25 Prozent betragen soll. Letztere könnte Unternehmen, welche die aktuell noch geltende Grenze von 14 Prozent erreicht haben, künftig von der besonderen Ausgleichsregelung ausschließen, selbst wenn ihre Branche die geforderte Handelsintensität von 4 Prozent erreicht. Bei der Ermittlung der Bruttowertschöpfung, so der Referentenentwurf, dürfen die Personalaufwendungen für Leiharbeitsverhältnisse und Werkverträge nicht abgezogen werden. Dies soll verhindern, dass – wie mitunter zum Beispiel im Lebensmittel-Sektor geschehen – Beschäftigungskonzepte praktiziert werden, durch die sich Einfluss auf die Berechnung der Bruttowertschöpfung (und damit notwendig auch das Verhältnis der Stromkosten dazu) nehmen lässt.
  • Nicht zuletzt soll nunmehr auch das Betreiben eines Energiemanagementsystems nach DIN EN ISO 50001 für alle betroffenen Unternehmen verbindlich sein. Dies ist nach dem bislang geltenden EEG nur bei Unternehmen mit einem Stromverbrauch von mehr als 10 GWh der Fall. Für Unternehmen unterhalb dieser Grenze ergeben sich dadurch also nicht unerhebliche Kosten, welche im Einzelfall die Frage aufwerfen dürften, ob diese überhaupt in angemessenem Verhältnis zu den möglich Entlastungen stehen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren ist deswegen noch zu klären, ob EMAS weiterhin anerkannt werden soll. Unberücksichtigt bleibt auch, dass man ein Energiemanagementsystem regelmäßig nicht von heute auf morgen einführen kann. Daher bedarf es an dieser Stelle – zumindest – einer Übergangsregelung für die Einführungsphase, wie sie etwa im energie- und stromsteuerrechtlichen Spitzenausgleich bekannt und bewährt ist.
  • Eine mögliche weitere erhebliche Verschärfung der Voraussetzungen für eine Entlastung findet sich – wenn auch im Entwurf etwas versteckt und zudem noch in eckigen Klammern – für selbständige Unternehmensteile, vgl. § 61 Abs. 7 des Entwurfes. Demnach sollen Entlastungen für selbständige Unternehmensteile nur bei Unternehmen nach Liste 1 der Anlage 4 möglich sein. Warum dies nicht auch für Unternehmen nach Liste 2 der Anlage 4 gelten soll, ist nicht ersichtlich. Zudem sollen selbständige Unternehmensteile nur dann entlastet werden können, wenn der Unternehmensteil jederzeit als rechtlich selbständiges Unternehmen seine Geschäfte führen könnte, über eine eigene Abnahmestelle verfügt und – das ist neu – seine Erlöse ganz überwiegend mit externen Dritten erzielt. Damit werden die Anforderungen für die Inanspruchnahme einer Umlageentlastung deutlich hochgeschraubt.

Mit den zusätzlichen Anforderungen verknüpft wurde auch die Definition der Abnahmestelle, für die nunmehr an allen Entnahmepunkten und Eigenversorgungsanlagen eigene Stromzähler installiert sein müssen. Auch hier sind in Einzelfällen Mehrkosten durch die Installation zusätzlicher Zähler in Kauf zu nehmen, wenn Unternehmen nicht über die notwendigen Zähler verfügen.

Und in welchem Umfang?

Was die viel diskutierte Frage betrifft, welcher Umfang der Industrieentlastungen angemessen ist, finden sich im Entwurf nach wie vor keine festen zahlenmäßigen Vorgaben.

Fest steht immerhin, dass zwischen besonders stromintensiven Industrieunternehmen mit einem Verhältnis der Stromkosten zur Bruttowertschöpfung von mindestens 20 Prozent und sonstigen Industrieunternehmen differenziert werden wird.

Geplant ist hierbei, die EEG-Umlage für die betroffenen Abnahmestellen auf 20 Prozent des regulären Satzes abzusenken. Zusätzlich ist aber eine weitere individuelle Grenze der Gesamtbelastung aller begrenzten Abnahmestellen eines Unternehmens vorgesehen, die sich – je nachdem was für das Unternehmen günstiger ist – entweder an der Bruttowertschöpfung des Unternehmens orientieren oder auf einen bestimmten Betrag in Cent/kWh begrenzt werden soll. Letzteres ist jedenfalls im gegenwärtigen Entwurf der Beihilfeleitlinien nicht vorgesehen.

Die konkreten Zahlenwerte sind im Entwurf, verständlicherweise angesichts der noch laufenden Verhandlungen, noch nicht ausgewiesen. Nach eigenem Bekunden bemüht sich die Bundesregierung derzeit jedoch noch, die Kommission davon zu überzeugen, die Grenze von den im derzeitigen Beihilfeleitlinien-Entwurf vorgesehenen 5 Prozent auf 2,5 Prozent und für besonders stromintensive Unternehmen von 2,5 Prozent auf 1,0 Prozent in Bezug auf das Verhältnis der Stromkosten zur Bruttowertschöpfung abzusenken.

Wie geht es nun eigentlich weiter?

Am heutigen Tag fand/findet noch die Abstimmung zwischen der Bundesregierung und den Ländern zum Referentenentwurf statt, von der sich die Industrie noch Nachbesserungen erhofft. In der kommenden Woche wird dann – nach den abschließenden Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und der Kommission – das Kabinett seinen Beschluss zum EEG fassen.

Danach dürfte für die stromintensive Industrie zwar endlich mehr Klarheit über die letztlichen Voraussetzungen, den Umfang und die Reichweite der besonderen Ausgleichsregelung herrschen. Auch wenn damit auf den ersten Blick Land in Sicht ist, befindet sich die Industrie aber noch lange nicht in ruhigem Fahrwasser. Zum einen muss der Gesetzesentwurf erst noch planmäßig im Juni und Juli vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Zum anderen wird es anschließend außerdem auch am Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sein, die Modalitäten des Antragsverfahrens weiter zu konkretisieren. Für die Unternehmen also alles andere als eine komfortable Situation, um die Begrenzungsanträge für das kommende Jahr, für welche die materielle Ausschlussfrist nach noch geltender Rechtslage schon zum 30.6.2014 abläuft, vorzubereiten. Da hilft es nicht so viel – das räumt auch das BAFA ein –, dass der Entwurf eine Übergangsregelung im Hinblick auf Begrenzungsanträge für das Jahr 2015 bis zum 30.9.2014 vorsieht.

Wie seit Monaten gilt also: Wir befinden uns weiterhin auf hoher See, fernab rettender Ufer.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Martin Altrock/Andreas Große/Dr. Markus Kachel/Dr. Tigran Heymann

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