Zwischenbilanz: Ergebnispapier zum Dialog „Klimaneutrale Wärme 2045“

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Seit Anfang des Jahres diskutieren Teilnehmende aus der gesamten Wärmebranche auf der Basis des „Impulspapier Klimaneutrale Wärme 2050“ über die Herausforderungen der Wärmewende. Am 11.8.2021 hat das Bundeswirtschaftsministerium nun sein Ergebnispapier zum Dialog „Klimaneutrale Wärme 2045“ veröffentlicht. Es fasst insbesondere zusammen, bei welchen Themen weitgehender Konsens erzielt werden konnte und welche Bereiche die Akteure unterschiedlich bewerten.

CO2-Preis und Gebäudebereich

Der Dialogprozess wurde von einer virtuellen Stakeholder-Befragung begleitet. Das Ergebnispapier stellt eine Art Zwischenbericht dar und nennt elf Handlungsfelder für eine klimaneutrale Wärmeversorgung. Es soll Bausteine und Handlungsfelder identifizieren, um bereits in 2045, statt ursprünglich 2050, eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu erreichen.

Es besteht weitgehend Einigkeit über den CO2-Preis als Leitinstrument für die Wärmewende und den zunehmenden Einsatz von Strom im Wärmbereich. Dies gilt sowohl in Gebäuden als auch in der Industrie. Aus diesem Grund sei es notwendig, die Abgaben, Umlagen und Entgelte zu reformieren, um Hemmnisse für die Sektorkopplung abzubauen. Ergänzend zur Anhebung des CO2-Preises wird vorgeschlagen, die Strom- und Energiesteuern gemäß ihrer CO2-Last anzugleichen. Preisanstiege müssten aber sozial abgefedert werden.

Für die Teilnehmenden sind stabile Rahmenbedingungen und frühzeitig angekündigte Gebäudeenergiestandards oder Gebäudeeffizienzziele essenziell, um Investitions- und Planungssicherheit zu gewährleisten. Die Datenbasis soll gestärkt und die Sanierungsanstrengungen sollen erhöht werden. Uneinigkeit bestand darüber, wie tiefgreifend Sanierungen beziehungsweise wie ambitioniert neue Effizienzstandards sein sollen. Wichtig sei aber, dass rechtliche Verpflichtungen für Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Mieterinnen und Mieter finanziell tragbar sind.

Wärmenetze und Wasserstoffinfrastruktur

Weitgehender Konsens besteht auch darüber, dass der Ausbau und die Dekarbonisierung der Wärmenetze eine zentrale Rolle für die Wärmewende spielen werden. Die Teilnehmenden fordern, dass die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) schnell in Kraft tritt, besser ausgestattet und die Förderung insgesamt weiterentwickelt wird. Auch kleine Wärmenetze und Quartierslösungen müssten unterstützt werden. Teilweise wurde auch gefordert, die Primärenergiefaktor-Berechnungsmethode von der Stromgutschrift- auf die Carnot-Methode umzustellen. Außerdem müssten rechtliche Hemmnisse beseitigt werden, etwa durch eine Anpassung der Wärmelieferverordnung und der AVBFernwärmeV. Gleichzeitig wurde eine Stärkung des Verbraucherschutzes durch Preistransparenz und Preiskontrollen diskutiert.

Im Bereich der Industrie sollen die Nutzung von Abwärme verbessert und Angebote für den Einsatz von Geothermie entwickelt werden. Die Teilnehmenden waren sich außerdem einig, dass der Einsatz von Wasserstoff und der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur unabdingbar sind. Hierfür sei eine Förderung notwendig.

Darüber hinaus gingen die Meinungen über die Rolle von Gas und Wasserstoff jedoch auseinander. Besonders strittig war die Frage, ob Wasserstoff künftig zur Wärmeversorgung in Gebäuden genutzt werden soll und wie die Zukunft der Gasinfrastruktur aussieht. Auf der einen Seite sprachen sich die Teilnehmenden dafür aus, die bestehende Gasnetzinfrastruktur als volkswirtschaftlich bereits existentes Asset zu nutzen. Die Förderung sollte sich auf Heizungsanlagen und Brennwertkessel konzentrieren, die Wasserstoff-ready sind. Auf der anderen Seite wurde bezweifelt, dass Wasserstoff überhaupt eine Rolle bei der Wärmeversorgung von Gebäuden spielen sollte. Daran anknüpfend wurde auch die Finanzierung der künftigen Wasserstoffinfrastruktur kontrovers diskutiert. Diese könnte mittel- und langfristig entweder über die Gas- und Wasserstoffkunden gemeinsam, allein über die Wasserstoffnutzer und/oder mit Unterstützung des Staates erfolgen.

Das Bundeswirtschaftsministerium vertritt die Ansicht, dass eine Entscheidung dieser Frage letztlich stark davon abhänge, in welchem Umfang und zu welchen Kosten Wasserstoff mittel- bis langfristig am Markt zur Verfügung stehen werde. Hier müssen jedoch Entscheidungen darüber getroffen werden, in welchem Umfang und mit welchem Ziel der Markthochlauf unterstützt wird.

Und weiter?

Die Ergebnisse des Dialogprozesses dürften für die nächsten Schritte im Bundeswirtschaftsministerium (oder in welchem Ministerium die Energiepolitik dann angesiedelt sein wird) nach der anstehenden Bundestagswahl maßgeblich sein. In der nächsten Legislaturperiode ist mit Umsetzungsvorschlägen zu rechnen. Gerade für Stadtwerke lohnt es sich deshalb, das Thema im Blick zu behalten.

Ansprechpartner*innen BBH: Ulf Jacobshagen/Dr. Markus Kachel

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