VG Frankfurt (Main) kippt Gebührenverordnung zur Besonderen Ausgleichsregelung

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Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt (Main) hat Ende November die Rechtsgrundlage, auf der das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) seine Gebühren und Auslagen im Zusammenhang mit der Begrenzung der EEG-Umlage erhebt (Besondere-Ausgleichsregelung-Gebührenverordnung – BAGebV), für nichtig erklärt (Urt. v. 21.11.2017, Az.  5 K 2240/17.F). Geklagt hatte ein stromintensives Unternehmen gegen einen für 2015 ergangenen Gebührenbescheid, beraten von BBH. Was hat es mit der Entscheidung auf sich, und was kann sie für Folgen nach sich ziehen?

Wer sich einmal näher mit Verwaltungsgebühren befasst hat, der weiß, dass sie nicht leicht rechtssicher zu gestalten sind. Die Grundlagen der Gebührenerhebung erscheinen zwar noch recht klar und eingängig: Anders als Steuern und Abgaben finanzieren sie nicht vorrangig das allgemeine Verwaltungsaufkommen des Staates, sondern dienen in erster Linie dem Ausgleich von Kosten, die für konkrete Amtshandlungen entstehen (sog. Kostendeckungsprinzip). Die Finanzverfassung gebietet es, dass sich der Staat nicht außerhalb der dortigen Kompetenzen zusätzliche Einnahmequellen über Gebühren verschafft. Kurzum: Gebühren müssen sich deutlich von Steuern und Abgaben unterscheiden.

Anerkannt ist auch, dass andere Ziele neben der Kostendeckung verfolgt werden können – etwa ein bestimmter Lenkungszweck oder das Abschöpfen von Vorteilen, die sich mit einer bestimmten Amtshandlung verbinden. Dann allerdings muss dies im Wortlaut der Gebührenregelung klar zum Ausdruck kommen. Der Gebührenschuldner muss erkennen können, nach welchen Gesichtspunkten die Gebühr für eine gewünschte Amtshandlung bemessen wird. Außerdem muss der Verfasser einer Gebührenregelung die Kosten weiter im Blick behalten. Eine Gebühr verliert nämlich dann ihren prägenden Charakter und ihre notwenige Unterscheidungskraft gegenüber steuerlichen Belastungen, wenn sie sich gänzlich von den zugrunde liegenden Kosten der betreffenden Amtshandlung entkoppelt (sog. Äquivalenzprinzip). Eine starre Grenze, ab wann dies der Fall ist, gibt es zwar nicht. Wenn die Kosten aber um ein Vielfaches überschritten werden, ist besondere Vorsicht geboten. Die Grenzziehung fällt dabei nicht leicht.

In der Rechtsprechung mangelt es dementsprechend auch nicht an Beispielen für Gebührenregelungen, die von den Gerichten als nichtig verworfen wurden. Ob Rückmeldegebühren beim Studium, Gebühren für die Zuteilung von Rufnummern im Telekommunikationsbereich oder aber Gebühren im Zusammenhang mit dem Emissionshandel (nach dem TEHG/der EHKostV, wir berichteten, oder der ProMechGebV) – immer wieder wurden in den zurückliegenden Jahren Gebührenregelungen und darauf basierende Gebührenbescheide für nichtig erklärt.

Jetzt hat es nun auch die BAGebV des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) erwischt. Diese wurde erst im Jahre 2013 eingeführt und sollte in erster Linie den Aufwand des BAFA abdecken, der beim – zuvor gebührenfreien – Prüfen und Erteilen von Begrenzungsbescheiden für stromkostenintensive Unternehmen im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) entsteht. Im Zuge der EEG-Novelle 2014 und der Überarbeitung der BesAR-Vorschriften wurden die Gebührensätze nochmals erhöht.

Die Höhe der Gebühr war hiernach vom BAFA anhand des Entlastungsumfangs und der entlasteten Strommenge zu bemessen. Und darin bestand zugleich auch das Problem. Weil die Gebühr an den Stromverbrauch gekoppelt war, ohne dass es – wie bei anderen Gebührenregelungen üblich – eine Obergrenze gab, der Bearbeitungsaufwand aber tatsächlich überhaupt nicht vom Stromverbrauch abhing, konnte die BAGebV schon technisch eine Entkopplung von den Kosten nicht ausschließen. Dies zeigte sich denn auch im Falle des klagenden Unternehmens, dessen Gebühr für 2015 im mittleren sechsstelligen Bereich lag, was mit dem zugrunde liegenden Bearbeitungsaufwand rein gar nichts zu tun hatte.

Wie geht es weiter?

Weil das VG Frankfurt (Main) die BAGebV im Ergebnis als nichtig verworfen hat, gibt es bis auf weiteres keine Grundlage, für Begrenzungsbescheide im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung Gebühren zu erheben.

Das Urteil des VG Frankfurt (Main) ist nicht rechtskräftig. Das BAFA hat Berufung eingelegt. In den aktuell an die Unternehmen versandten Begrenzungsbescheiden für 2018 findet sich der Hinweis, dass die (in den vergangenen Jahren stets separate) Gebührenerhebung nach der BAGebV erfolgen soll.

Da die Finanzierung des BAFA insgesamt auf dem Spiel steht – nichtig bedeutet nicht mehr existent als Rechtsgrundlage – ist das BMWi gut beraten, kurzfristig eine neue Gebührenverordnung zu erlassen, die den Bedenken des Gerichtes Rechnung tragen und mindestens eine Obergrenze enthalten müsste. Der Gang durch die Instanzen kann lang sein. Und selbst wenn das BAFA sich nicht so großzügig wie (wir berichteten) damals die unterlegene Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) zeigen sollte/kann und alle betroffenen Gebührenbescheide korrigiert, auch wenn kein Widerspruch eingelegt wurde oder der Bescheid bestandskräftig ist, liegt hier doch – zumindest für die Zukunft – ein Risiko, das finanziell abzubilden ist.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

Weitere Ansprechpartner zum Thema BesAR: Dr. Markus Kachel/Andreas Große/Jens Panknin

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