Jetzt geht´s los … – Umsetzung der Änderungen der Gemeindeordnung Schleswig-Holstein in der aktuellen Kommunalwahlperiode

(c) BBH
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Allerorten formieren sich im Moment in Deutschland neue Parlamente – im Bund, in Bayern und Hessen, aber auch auf kommunaler Ebene: Im nördlichsten Bundesland Schleswig-Holstein haben sich seit Juni 2013 die Gemeindevertretungen und Kreistage neu zusammengesetzt. Das ist aber nicht alles, was sich im hohen Norden kommunalpolitisch bewegt: Die Rechtsgrundlage für die gewählten Gemeindevertreter und ihr Handeln, die Gemeindeordnung Schleswig-Holstein (GO SH), wurde in den letzten Monaten mehrfach geändert. Sowohl für die Gemeinde als auch für die kommunalen Wirtschaftsunternehmen gab es im April 2012 Neuerungen, die in dieser Kommunalwahlperiode umgesetzt werden müssen – vor allem was die Steuerung des wirtschaftlichen Unternehmens durch die Kommune betrifft.

Bürgermeister in der Gesellschafterversammlung

Kommunale und wirtschaftliche Interessen sollen bei der kommunalen Gesellschaft Hand in Hand gehen. Um dies zu gewährleisten, soll der Bürgermeister die Gemeinde in der Gesellschafterversammlung bzw. einem entsprechenden Organ einer kommunalen Gesellschaft vertreten (§ 104 Abs. 1 Satz 2 GO SH). Dies gilt für Eigengesellschaften wie für alle anderen Beteiligungen, unabhängig davon, ob unmittelbar oder mittelbar. Wichtig ist diese Regelung, da der Bürgermeister nicht kraft Amtes in diesen Gremien sitzt. Aus dem Wort „soll“ folgt, die hohe Bedeutung dieser neuen Regelung. Nur ganz ausnahmsweise kann ein anderer Vertreter diese Aufgabe wahrnehmen, zum Beispiel wenn die Abwahl des Bürgermeisters bevorsteht. Der Bürgermeister wiederum ist berechtigt, sich vertreten zu lassen. Das Gesetz verlangt, dass ein Beschäftigter der Verwaltung die Vertretung übernimmt. Im Idealfall soll es der Beschäftigte sein, der für das Beteiligungsmanagement der Gemeinde zuständig ist. Nicht zulässig ist es, ein Mitglied der Gemeindevertretung dafür auszuwählen. Aber nicht nur für den Bürgermeister, sondern für alle Vertreter in kommunalen Gesellschaften gilt, dass im Sinne der Beschlüsse der Gemeindevertretung zu handeln ist und diese frühzeitig über alle wichtigen Angelegenheiten zu unterrichten ist (§ 104 Abs. 1 Satz 3 GO SH). Auch besteht für sie eine Auskunftspflicht.

Weisungsrechte für Aufsichtsratsmitglieder im Gesellschaftsvertrag

Immer wieder kam und kommt es zu Streitigkeiten, inwieweit die Gemeindevertretung entsandten Aufsichtsratsmitgliedern in einer kommunalen Gesellschaft Weisungen erteilen kann. Gesellschaften, an denen die Kommune mit mindestens 50 Prozent beteiligt ist, müssen dies nunmehr ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag regeln (§ 102 Abs. 4 Satz 2 GO SH). Darin ist eine Weisungsabhängigkeit der entsandten Gemeindevertretungsmitglieder im Aufsichtsrat festzulegen. Eine solche Regelung widerspricht allerdings den Vorgaben des Aktiengesetzes (AktG), das von einer Weisungsunabhängigkeit ausgeht, und ist daher unzulässig, wenn das AktG anwendbar ist. Das ist es unter anderem dann, wenn bei einer GmbH ein fakultativer Aufsichtsrat gebildet wird und keine andere Regelung im Gesellschaftsvertrag vorhanden ist. Aus diesem Grund ist die Klarstellung für die fakultativen Aufsichtsräte von Bedeutung. Künftig dürften solche Streitigkeiten daher nicht mehr auftreten. Auch wenn das Weisungsrecht bislang noch nicht ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag verankert ist, so haben die Reglungen in der GO SH und auch ein dazu ergangenes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 31.8.2011 (Az. 8 C 16/10), Leitbildfunktion. Die Belange der Gemeinde sind auch von den kommunalen Aufsichtsratsmitgliedern zu berücksichtigen.

Wirtschaftliche Betätigung außerhalb von Schleswig-Holstein

Für Gemeinden, die sich außerhalb von Schleswig-Holstein wirtschaftlich betätigen, gelten  nunmehr die gleichen Anforderungen wie für eine wirtschaftliche Betätigung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Bislang gab es für eine solche Betätigung innerhalb Deutschlands keine Vorgaben. Der neu gefasste § 101 Abs. 3 GO SH ändert das. Einer solchen Tätigkeit dürfen keine berechtigten Interessen des Bundes und des Landes Schleswig-Holstein entgegenstehen.

Änderung bei der Anzeigepflicht

Auch das Verfahren, in dem die Gemeinde wirtschaftliche Entscheidungen der Aufsichtsbehörde anzeigt, ist modifiziert worden. Zum einen wurde § 108 Abs. 1 GO SH um die Nr. 9 (Wirtschaftliche Betätigung außerhalb von Schleswig-Holstein) ergänzt. Außerdem ist eine verbindliche zeitliche Vorgabe hinzugekommen. Die Kommunalaufsichtsbehörde (KAB) ist bei entsprechenden Absichten sechs Wochen vor einer etwaigen Beschlussfassung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 GO SH) und obendrein unverzüglich nach Beschlussfassung schriftlich zu informieren. Solange das nicht passiert, ist der Beschluss schwebend unwirksam. Die KAB hat bis zu sechs Wochen ein Prüf- und Vetorecht, es sei denn, sie erklärt während der laufenden Frist, dass sie mit der Entscheidung einverstanden ist, § 108 Abs. 1 Satz 4 GO SH. Erst mit dieser abschließenden Entscheidung wird der Beschluss rechtskräftig.

Fazit/Handlungsbedarf: Anpassung des Gesellschaftsvertrages erforderlich

Diese Änderungen heben hervor, wie wichtig es ist, die wirtschaftlichen Angelegenheiten der Gemeinde durch die hauptamtliche Verwaltung zu steuern. Darüber hinaus ist die Einbindung der KAB verstärkt worden. Im Hinblick auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie ist dies nicht ganz unproblematisch. In Anbetracht der verschuldeten kommunalen Haushalte kann die Einbindung der Aufsichtsbehörden von Anfang an aber auch als zusätzlicher Schutz-/Kontrollmechanismus verstanden werden.

Grundsätzlich gelten die Änderungen der GO SH seit dem 12.4.2012. Einige Änderungen sind erst zum 1.6.2013 in Kraft getreten. Insofern sollte die neue Kommunalwahlperiode genutzt werden – sofern noch nicht geschehen –, um insbesondere den Gesellschaftsvertrag anzupassen. Auch die Änderungen bei den Anzeigepflichten gegenüber der KAB sind zu beachten.

Ansprechpartner: Dr. Sascha Michaels

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