Klimaneutralitätspläne für Anlagen im EU-ETS: Konsultation noch bis zum 1.9.2023
Unternehmen mit Anlagen, die im unionsweiten Vergleich innerhalb ihrer Produktsparte zu den 20 Prozent der Anlagen gehören, die die meisten Treibhausgase pro Einheit ihres erzeugten Produkts ausstoßen, droht künftig eine Kürzung der kostenlos zugeteilten Zertifikate um 20 Prozent. Die Kürzung lässt sich jedoch vermeiden, wenn Unternehmen Klimaneutralitätspläne erstellen und sie bis zum 1.5.2024 bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) abgeben.
Die Kommission hatte hierzu bereits den Entwurf der Durchführungsverordnung veröffentlicht, welche die Mindestanforderungen an Inhalt und Form dieser Klimaneutralitätspläne festlegt. Bis zum 1.9.2023 können Interessierte Stellungnahmen einreichen. Voraussichtlich noch im Herbst 2023 wird die Kommission den Entwurf förmlich verabschieden und an Parlament und Rat weiterleiten. Sofern diese Institutionen innerhalb von zwei Monaten keine Einwendungen erheben, kann die Verordnung in Kraft treten.
Was steht drin?
Auch wenn nur ein Teil der Anlage im Rahmen der kostenlosen Zuteilung nach einer einschlägigen Produktbenchmark bewertet wird, muss der Klimaneutralitätsplan für die gesamte Anlage erstellt werden. Spätestens 2050 muss nach dem Plan die Klimaneutralität der Anlage erreicht sein. Hier verweist der Entwurf auf die Definition der Verordnung (EU) 2021/1119 (sogenanntes Europäisches Klimagesetz), wonach Klimaneutralität bedeutet, dass sich der Ausstoß und der Abbau von Treibhausgasen ausgleichen. Dies wird auch als Netto-Null-Treibhausgasemission bezeichnet.
Nach dem Entwurf der Kommission soll der Plan aus fünf Hauptteilen bestehen.
- Allgemeine Angaben zur Identifizierung der Anlage
- Historische Emissionen der Anlage
Es sind die historischen Emissionen aus dem Fünfjahreszeitraum zu berichten, der auch für die Berechnung der kostenlosen Zuteilungen relevant ist. Die Daten können somit aus den alten Berichten übernommen werden. Diese gelten dann als Ausgangspunkt für den Reduktionsplan. Es ist die historische Emissionsintensität der Anlage darzustellen, ausgedrückt in Tonnen CO2-Äquivalent pro Produkteinheit – wie z. B. vier Tonnen CO2-Äquivalent pro Tonne produzierten Aluminiums. - Meilensteine und Emissionsreduktionsziele in Fünfjahreszeiträumen ab 2025
- Um die Klimaneutralität zu erreichen, dürfen keine sogenannten „offset credits“ verwendet werden. Alle Emissionsreduktionen und abgebauten Treibhausgase müssen daher unmittelbar der Anlage zurechenbar sein.
- Emissionsreduktionsziele sind für alle Anlagenteile zu erstellen. Anzugeben sind Emissionsintensitätsziele pro Produkteinheit und das Reduktionsziel gegenüber den Benchmarkwerten in Prozent. Zusätzlich können auch die absoluten beabsichtigten Treibhausgasemissionen dargestellt werden.
- Neben den in Zahlen ausgedrückten Emissionsreduktionszielen sind für jeden Fünfjahreszeitraum auch Meilensteile aufzustellen. Diese sind qualitative Zwischenschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität.
- Maßnahmenpläne und Kostenaufstellung in Fünfjahreszeiträumen ab 2025
Die geplanten Maßnahmen zur Erreichung der Meilensteine und Emissionsreduktionsziele sind für jeden Fünfjahreszeitraum detailliert zu erläutern. Die Kosten der Maßnahmen sind aufzustellen und die Investitionssumme für jedes Kalenderjahr darzustellen. Zusätzlich sind die durchschnittlichen jährlichen Investitionssummen für jeden Fünfjahreszeitraum darzustellen. - Bewertung der absehbaren Wirkung jeder einzelnen Maßnahme und Investition hinsichtlich der Treibhausgasreduktion
Dabei soll eine Übersicht erstellt werden, auf welche Art und Weise die Treibhausgasreduktionen insgesamt erreicht werden, wie zum Beispiel Energieeffizienz, Substituierung von fossilen Brennstoffen, CO2-Abscheidung usw.
Die Maßnahmen, Meilensteine und Reduktionsziele müssen spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und fristgebunden sein. Der Entwurf der Kommission fordert einen hohen Detailgrad, indem die Meilensteine und Reduktionsziele durch die Aufstellung von Maßnahmen- und Investitionsplänen für jedes Kalenderjahr untermauert werden. Insgesamt ist der Klimaneutralitätsplan angemessen zu begründen und zu erläutern.
Da die Klimaneutralitätspläne dieser Verordnung die bereits berichteten Emissionen einer EU-ETS-Anlage als Ausgangspunkt nehmen, sind auch nur solche Emissionen zu reduzieren, die nach den Überwachungs- und Berichterstattungsregeln des EU-ETS zu berichten sind. Es geht daher nicht um die Reduktion von indirekten Emissionen, die zum Beispiel auf dem Arbeitsweg der Mitarbeiter der Anlage, durch die Beschaffung und den Transport von in der Anlage eingesetzten Rohstoffen oder durch die Erzeugung von extern an die Anlage gelieferten Strom und Wärme entstehen. Übertragen auf die Scopes des im Klimaschutzmanagement gebräuchlichen Greenhouse Gas Protocol heißt es, dass nur die Emissionen des Scope 1 (direkte Emissionen aus der Anlage) umfasst sind. Scope 2 (indirekte Emissionen aus der Erzeugung von gelieferter Energie) und Scope 3 (alle sonstigen indirekten Emissionen entlang der Wertschöpfungskette der Anlage) müssen hier nicht berücksichtigt werden.
Was steht nicht drin?
Der Entwurf enthält nicht die Schwellenwerte, die jeweils die Überschreitung der Emissionswerte des 80. Perzentils abbilden. Hierzu müssen sich die potenziell betroffenen Unternehmen also vorerst für ihren Sektor selbst ein Bild über die Einordnung ihrer Anlage machen. Weitere Erkenntnisse werden sich womöglich noch aus der Verordnung zur Regelung der kostenlosen Zuteilung (EU-Zuteilungsverordnung) ergeben, die gerade überarbeitet wird. Zu dieser steht dann auch schon bald die nächste Konsultation an.
Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow