Telekommunikation: Zugangsregulierung in geförderten Netzen nimmt Form an

Ein Jahr nach Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes (TKG) hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) zum ersten Mal eine Entscheidung zum offenen Netzzugang (Open Access) zu geförderter Breitbandinfrastruktur getroffen. Die Netzbetreiberin muss nun Zugang zu unbeschalteten Glasfaserpaaren gewähren und ein Angebot unterbreiten, das auf den Abschluss einer vertraglichen Zugangsvereinbarung gerichtete ist.

Open Access für Wettbewerber

Förderrichtlinien, auf deren Grundlage staatliche Mittel zum Breitbandausbau gewährt werden, enthalten in der Regel die Verpflichtung, Wettbewerbern Zugang zu der mit Fördermitteln errichteten Infrastruktur zu gewähren. Mit der TKG-Novelle 2021 wurde zudem § 155 TKG als Anspruchsgrundlage für den Open Access zu öffentlich geförderten Breitbandnetzen gesetzlich normiert. Das Zusammenspiel der Anspruchsgrundlagen und ihrer Voraussetzungen hat die BNetzA nun in ihrem Beschluss vom 21.11.2022 (Az. BK11-22-006) eingehend untersucht.

Die BNetzA stellte zudem klar, dass die Verpflichtung, einen offenen Netzzugang zu gewähren, im Fall öffentlich geförderter Telekommunikationsinfrastruktur bereits vor Inkrafttreten der TKG-Novelle in den beihilferechtlichen Grundlagen bestanden habe und nunmehr mit § 155 TKG zusätzlich ein unmittelbarer gesetzlicher Anspruch bestehe.

Umfänglicher Netzzugang

Die BNetzA hielt in ihrer Entscheidung ferner fest, dass dem den Netzzugang nachfragenden Telekommunikationsunternehmen (Zugangspetent) ein Bestimmungsrecht hinsichtlich der Art des Netzzugangs zustehe. Der Gesetzgeber habe unmissverständlich klargestellt, dass geförderte Unternehmen Interessenten „alle möglichen Arten des Netzzugangs“ anbieten müssten. Damit sind auch Bitstrom, Dark-Fiber und sonstige Zugangsprodukte vom Anspruch umfasst. Es sei aber denkbar, in Ausnahmefällen nach detailliertem Nachweis einer unbilligen Kosten-Nutzen-Relation vom umfassenden Angebot abzuweichen.

Darüber hinaus hat die BNetzA festgestellt, dass nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass wirtschaftliche Belange des Verpflichteten Auswirkungen auf den zu gewährenden offenen Netzzugang haben können. So sehe z.B. die Breitbandrichtlinie 2013 Ausnahmen ausdrücklich vor. Allerdings sei auch hier eine detaillierte Kostenberechnung als Nachweis erforderlich. Es reiche nicht aus, wenn Eigentümer oder Betreiber der gefördert errichteten Infrastruktur eine wirtschaftliche Schieflage oder ein Insolvenzrisiko als pauschale Behauptung einwendeten.

Im konkreten Fall muss die Netzbetreiberin dem Zugangspetenten nun ein Angebot auf Abschluss einer vertraglichen Zugangsvereinbarung unterbreiten und Zugang zu unbeschalteten Glasfaserpaaren gewähren, sonst droht ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 40.000 Euro (!). Eine konkrete Entgeltfestlegung ist allerdings noch nicht erforderlich gewesen, hier soll erst abgewartet werden, ob die Parteien sich einigen können.

Folgen für Betreiber und Eigentümer geförderter Breitbandnetze

Der Beschluss der BNetzA ist unmissverständlich: Ein offener Zugang zu geförderten Netzen stellt die Regel dar und Ausnahmen hiervon sind nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Dies gilt für alle Ebenen des Zugangs.

Gegen den Beschuss der BNetzA steht jedoch der Rechtsweg offen. Die Schwelle, ab der die Ablehnung eines Zugangsnachfragers zulässig ist, dürfte nach Auffassung der BNetzA relativ hoch anzusetzen sein, gleichwohl ist hier auch eine andere Einschätzung der Gerichte denkbar.

Die BNetzA nimmt schließlich Bezug auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht veröffentlichten Grundsätze zu Art, Umfang und Bedingungen des offenen Netzzugangs nach § 155 Abs. 4 TKG. Diese stellen eine Zusammenfassung des geltenden Regelungsrahmens dar und sollen dem Markt für die künftige Beihilfepraxis eine Hilfestellung zu den zentralen Punkten des offenen Netzzugangs liefern. Zwei Wochen nach Veröffentlichung des Beschlusses leitete die BNetzA eine Konsultation zu dem Entwurf der Grundsätze ein. Inhaltlich sind der Entwurf und die Entscheidung weitestgehend deckungsgleich. Die BNetzA hebt im Entwurf der Grundsätze insbesondere den Vorrang des umfassenden gesetzlichen Zugangsanspruchs aus § 155 Abs. 1 TKG – über alle Wertschöpfungsstufen – vor vertraglichen Abreden hervor. Zudem spielen für den Zugang Veränderungen bei den Eigentumsverhältnissen, der Verwaltung oder dem Betrieb der geförderten Infrastruktur keine Rolle. Stellungnahmen zu dem Entwurf sind noch bis zum 31.1.2023 möglich.

Der offene Netzzugang wird auch künftig eine Rolle spielen: Im 1. Quartal 2023 sollen wieder Fördergelder für Glasfasernetze bereitstehen, nachdem sie für 2022 ausgeschöpft waren. Damit werden Fälle wie der hier vor der BNetzA Ausgetragene, sich wiederholen.

Ansprechpartner*innen: Axel Kafka/Julien Wilmes-Horváth/Agnes Eva Müller/Robert Grützner

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