Kostenlose Zuteilung im EU-ETS: Kommission verabschiedet neue Regeln

Mit einem Monat Verspätung hat die Kommission diese Woche die neuen Regeln für kostenlose Zuteilungen im EU-ETS verabschiedet. Trotz zahlreicher Eingaben im Konsultationsverfahren blieb es im Wesentlichen bei dem am 5.12.2023 veröffentlichten Entwurfstext. Lediglich die Berechnungsregel für zusätzliche kostenlose Zuteilungen für Fernwärmehersteller in einigen Ländern – Bulgarien, Tschechien, Lettland und Polen – wurde im Wortlaut etwas klarer gefasst.

Die neuen Regeln in Kürze

Die historische Aktivitätsrate (der „Produktionsoutput“ der Anlagen), anhand derer die kostenlosen Zuteilungen berechnet werden, wird nicht mehr nach dem arithmetischen Mittel, sondern – wie schon in der 3. Handelsperiode(HP) – nach dem Median berechnet. Dadurch sollen sich Produktionseinbrüche aufgrund gesamtwirtschaftlicher Schwankungen weniger negativ auf die Zuteilung auswirken.

Wegfallen wird der Kürzungsfaktor für Produktbenchmarks, bei denen eine Austauschbarkeit von Brennstoffen und Strom festgestellt wurde. Bei Anlagen, in denen emissionsintensive Prozesse durch Strom substituiert werden, können sich dadurch die Zuteilungen erhöhen. Das soll die Elektrifizierung von Produktionsprozessen anregen. Die Strompreiskompensation soll damit nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, allerdings soll auch sichergestellt werden, dass keine doppelte Entlastung für indirekte Emissionen erfolgt.

Die in vielen Sektoren schwer zu verringernden Prozessemissionen erhalten dagegen künftig weniger Zuteilungen: Der Kürzungsfaktor sinkt ab 2028 von 0,97 auf 0,91.

Darüber hinaus ändern sich die Systemgrenzen der Produktbenchmarks für Eisenerz, flüssiges Roheisen, grauen und weißen Zementklinker, Tissuepapier, Soda und Wasserstoff. Ein wichtiger Aspekt ist auch hierbei, dass für in stromgeführten Prozessen erzeugte Produkte eine Zuteilung möglich ist, so z.B. für durch Elektrolyse erzeugten Wasserstoff.

Auch die Erbringung und der Nachweis der ökologischen Gegenleistungen sind nun konkretisiert. Anlagenbetreiber, die verpflichtet sind, Energieaudits durchzuführen oder ein Energiemanagementsystem zu betreiben, müssen die Umsetzung der empfohlenen Energieeffizienzmaßnahmen mit einer Verifizierung nachweisen – es sind aber verschiedene Ausnahmen vorgesehen. Kürzungen der Zuteilung können Anlagenbetreiber wieder ausgleichen, wenn sie versäumte Energieeffizienzmaßnahmen nachträglich umsetzen.

Eine weitere Änderung ergibt sich für die Klimaneutralitätspläne (KNP). Betroffene Anlagenbetreiber müssen diese nach dem Entwurf nun zwar noch immer zum 1.5.2024 erstellen, dürfen sie aber erst mit dem Zuteilungsantrag einreichen. Die nationale Umsetzungsbehörde prüft die auf ihre Konformität mit der Durchführungsverordnung zu KNP (C(2023)7298) und veröffentlicht sie auch. Es fehlt jedoch immer noch eine finale offizielle Auflistung, ab welcher CO2-Emissionsintensität eine Anlage verpflichtet ist, einen KNP zu erstellen.

Diese Regelungen werden für Bestandsanlagen erst ab 2026, zu Beginn der zweiten Hälfte der 4. HP, angewandt. Neue Anlagen, die ab 2024 in Betrieb gehen, erhalten ihre Zuteilungen aber direkt nach den neuen Regeln.

Aus der Überarbeitung geht auch hervor, dass teilweise neue und andere Daten nachgeliefert werden müssen. Für die Einführung des CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) müssen Anlagenbetreiber künftig angeben, ob ihre Produktion von Waren oder Wärme einem der Sektoren dient, die vom CBAM umfasst sind.

Klar ist nun auch, dass es bei der Antragsfrist vom 30.5.2024 bleiben soll, welche die Mitgliedstaaten um einen Monat vorverlegen oder verlängern können.

Inkrafttreten und Vorbereitungen für das Antragsverfahren

Das Europäische Parlament und der Rat haben nun zwei Monate Zeit, um Einwände zu erheben. Spätestens dann – oder schon vorher, wenn sie auf das Erheben von Einwänden verzichten – tritt die Verordnung in Kraft.

Die Deutsche Emissionshandelsstelle hat nun auch einen ersten Leitfaden für die Antragstellung in der ersten Jahreshälfte 2024 veröffentlicht. Anlagenbetreiber sollten die erforderlichen Unterlagen prüfen und den Antrag auf die kostenlose Zuteilung vorbereiten.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow/Valentine Zheng

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