Pariser Stadtderby geht zu Ende: „Es tut sich was auf dem Europäischen Entsorgungsmarkt“

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Sieben Monate lang hatte der französische Umweltkonzern Veolia versucht, den Konkurrenten Suez zu übernehmen. Nun endet der erbitterte Kampf um das globale Geschäft mit Müll und Leitungswasser überraschend mit einem Friedensschluss. Auch die deutsche Unternehmensgruppe Schwarz, die sich zunehmend dem Thema Recycling widmet, konnte von dem französischen Spektakel profitieren.

„Le Classique“ in Paris

Die Konzerne Veolia und Suez haben sich endlich geeinigt und damit eine spektakuläre Übernahmeschlacht beendet. Am Ende setzte sich mit Veolia der größere Konzern durch. Bereits im Oktober vergangenen Jahres gelang es dem Unternehmen, ein Drittel des Widersachers zu erwerben. Suez zwang den Rivalen allerdings zu erheblichen Zugeständnissen und so bleibt Suez als Konkurrent bestehen, ohne vollends überführt zu werden. Außerdem wird die Übernahme für Veolia kostspieliger als erwartet. So kostet die Suez-Aktie aktuell 20,50 Euro statt der ursprünglich gebotenen 18 Euro. Der Kaufwert von Suez beläuft sich demnach auf 13 Mrd. Euro, zuzüglich Schulden.

Suez bleibt in den Bereichen der Wasserversorgung und der Müllabfuhr in Frankreich bestehen und bleibt auch auf internationalen Märkten wie in Italien und Indien weiter vertreten. Veolia hingegen erwartet zukünftig einen Umsatz von etwa 37 Mrd. Euro und baut dank der Suez-Übernahme seine führende Rolle am Weltmarkt aus.

Mit der Einigung kehrt nun wieder etwas Ruhe in die französische Hauptstadt und auch die Regierung zeigt sich erleichtert. Abwehrmaßnahmen, wie ein geplanter Verkauf in Australien oder trickreiche Auslagerungen des Suez-Wassergeschäfts in eine Stiftung niederländischen Rechts, werden nun rückgängig gemacht. Doch manche Sabotagetaktiken des Suez-Managements, um die Übernahme abzuwenden, lassen sich nicht mehr umkehren. So wurden zum Teil Geschäftszweige an andere Bieter verkauft, um die Übernahme für Veolia unattraktiv zu machen. Auch die deutsche Unternehmensgruppe Schwarz profitierte dabei von den Kollateralschäden.

Der lachende Dritte

Die Schwarz-Gruppe, zu der Einzelhandelsketten wie Lidl und Kaufland gehören, drängt bereits seit längerem auf den Recyclingmarkt und ist dort über das Unternehmen PreZero als integrierter Umweltdienstleister aktiv. Nun darf sie unter Auflagen bestimmte europäische Tochtergesellschaften der französischen Suez-Gruppe aus dem Bereich der Abfallbewirtschaftung übernehmen. Die Entscheidung der EU-Kommission war kürzlich bekannt geworden. Dabei wurde die Veräußerung des Leichtverpackungs-Sortiergeschäfts (LVP-Sortiergeschäft) von Suez in den Niederlanden zur Auflage gemacht.

Untersuchung der Kommission

Bei der Fusion geht es um die Übernahme bestimmter Abfallunternehmen von Suez in Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden und Polen. Nach Ermittlungen der Kommission sind sowohl die Schwarz-Gruppe als auch Suez im LVP-Sortiergeschäft in den Niederlanden führend. Die Wettbewerbsbehörde hatte deshalb Bedenken, dass die Übernahme in ihrer ursprünglich geplanten Form den Wettbewerb auf dem Markt für LVP-Sortierung in den Niederlanden erheblich einschränken würde. Schließlich wäre das aus dem Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen mit Abstand der größte Marktteilnehmer gewesen und es wäre für die niederländischen Kunden ein unumgänglicher Handelspartner geworden. In den anderen betroffenen Ländern stellt sich die Situation laut Kommission jedoch anders dar.

Vorgeschlagene Abhilfemaßnahmen

Damit die Fusion nicht an den festgestellten Wettbewerbsproblemen in den Niederlanden scheitert, bot die Schwarz-Gruppe an, das gesamte LVP-Sortiergeschäft von Suez, einschließlich der LVP-Sortieranlage in Rotterdam, sowie aller für ihren Betrieb erforderlichen Vermögenswerte zu veräußern. So würde eine marktbeherrschende Stellung ausgeräumt und es würden damit einhergehende kartellrechtliche Probleme beseitigt. Dieser Vorschlag stieß auch bei der EU-Kommission auf Zustimmung. Sie verbindet die Genehmigung aber mit der Auflage, dass die Verpflichtungen gänzlich umgesetzt werden.

Ende gut, alles gut?

Mit dem Friedensschluss zwischen Veolia und Suez endet ein kostspieliger Unternehmensstreit, an den sich eine Kräfteneuverteilung der Teilnehmer am europäischen Entsorgungsmarkt anschließt.

Bei der Konkurrenz im Entsorgungsgeschäft verbleiben dabei zunehmend Zweifel am Erhalt wettbewerblicher Marktstrukturen. Das Zusammengehen von Veolia und Suez fügt sich nämlich in eine seit Längerem zu beobachtende Konsolidierungswelle in der Branche ein. Wenig überraschend sorgt die Einigung auch bei den Mitarbeitern von Suez für wenig Euphorie. Sie sehen ihr Unternehmen nun als Verlierer. Der Chef des Konzernbetriebsrats ging sogar weiter: „Die Führung des Unternehmens hat Verrat begangen.“

An anderen Stellen ist die Begeisterung über die jüngsten Entwicklungen verständlicherweise durchaus größer. Veolia, die französische Regierung und der Aktienmarkt freuen sich jedenfalls. Und auch die Schwarz-Gruppe dürfte durchaus zufrieden sein, ihre Schäfchen rechtzeitig erworben und ins Trockene gebracht zu haben.

Alles in allem wird sich aber aus Sicht des Marktes erst mit einigem Abstand eine abschließende Bilanz des Übernahmekampfes ziehen lassen. Klar ist aber, dass es Pariser Stadtderbys auf dem Entsorgungsmarkt vorerst nicht mehr geben wird.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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