Verfahrensvereinfachungen für Anschlüsse an das Hochspannungsnetz

Hochspannungsfreileitungen mit einer Länge von bis zu 200 Metern müssen nicht mehr in einem Planfeststellungsverfahren genehmigt werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Trasse nicht in einem Natura 2000-Gebiet liegt. Gleichzeitig wurden die Vorgaben an die Umweltverträglichkeitsprüfung angepasst.

Das ist eine gute Nachricht für Betreiber größerer Erneuerbaren-Energie-Anlagen (Wind- oder Solarparks), die bisher auch für kurze Anschlussleitungen ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren (oder eine Plangenehmigung) durchlaufen mussten.

Die Vereinfachung durch das Gesetz zur Anpassung des Energiewirtschaftsrechts an unionsrechtliche Vorgaben und zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften könnte sich auch auf die Frage des Netzverknüpfungspunktes auswirken. Anlagenbetreibende werden in Zukunft nämlich entscheiden müssen, ob sich die Wahl eines gegebenenfalls teureren Netzanschlusspunktes lohnt, wenn mit einer kurzen, von der Planfeststellung „befreiten“ Anschlussleitung Zeit und Geld gespart werden kann.

Doch auch wenn das Planfeststellungsverfahren wegfällt, müssen die Anlagenbetreibenden weiterhin das maßgebliche Recht (Naturschutz, Denkmalschutz, Wasserrecht usw.) einhalten.

Verfahrensvereinfachungen für kurze Hochspannungsfreileitungen

Hochspannungsfreileitungen unterlagen bislang der Zulassung über ein Planfeststellungsverfahren, unabhängig von ihrer Länge. Alternativ war auch eine Plangenehmigung möglich (vgl. § 43b EnWG). Beide Verfahren sind recht aufwendig, zeit- und kostenintensiv. Das EnWG sieht zwar für bestimmte Fälle ein Anzeigeverfahren vor, in dem von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen werden kann (§ 43f EnWG), die Bundesländer haben diese Möglichkeit für die Zulassung kurzer Hochspannungsleitungen zum Netzanschluss von Erneuerbare-Energien-Anlagen allerdings unterschiedlich bzw. zurückhaltend genutzt. Im Ergebnis war auch für eher kurze Anschlussleitungen an das Hochspannungsnetz ein erheblicher Verfahrensaufwand erforderlich, der sich nachteilig auf die Inbetriebnahme der Erneuerbare-Energien-Anlagen ausgewirkt.

Hier hat der Gesetzgeber neu justiert: Hochspannungsfreileitungen sind nur noch dann planfeststellungspflichtig, wenn sie eine Länge ab 200 Metern haben oder in einem Natura 2000-Gebiet liegen. In gleichem Zuge wurden die entsprechenden Hochspannungsfreileitungen vom Erfordernis einer standortbezogenen Vorprüfung (§ 7 Abs. 2 UVPG) und einer etwaig daraus resultierenden Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung ausgenommen.

So werden nicht nur Anlagenbetreibende entlastet, sondern auch die Behörden haben weniger Verfahren zu bewältigen.

Neue Maßgaben für die Wahl des Netzverknüpfungspunktes?

Die Verfahrensvereinfachung könnte auch die Entscheidung für den Netzverknüpfungspunkt beeinflussen. Für den Fall, dass der gesetzliche (gesamtwirtschaftlich günstigste) Netzverknüpfungspunkt eine Anschlussleitung an das Hochspannungsnetz von 200 Metern oder mehr erfordert, könnte ein anderer Netzverknüpfungspunkt, der die Anbindung in geringerer Entfernung (aber mit höheren Kosten, zum Beispiel bei Dükerung oder ähnliches) ermöglicht, interessant werden. Denn wenn die höheren Kosten des Netzanschlusses ein gegebenenfalls langwieriges Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren vermeiden, wird es unterm Strich günstiger. Und die Erneuerbare-Energien-Anlagen kommen gegebenenfalls früher ans Netz.

Einhaltung gesetzlicher Vorgaben bleibt  

Der Entfall des Planfeststellungsverfahrens befreit die Anlagenbetreibenden nicht davon, weitere rechtliche Vorgaben zu beachten. Das können etwa naturschutz-, denkmalschutz- oder wasserrechtliche Belange sein. Es empfiehlt sich daher, in der Vorbereitung des Projekts alle Aspekte zumindest überschlägig zu bewerten und bei konkreten Anhaltspunkten die zuständige Fachbehörde vorab zu kontaktieren. Sonst droht der Beschleunigungseffekt zu verpuffen.

Ansprechpartner:innen: Andreas Große/Joshua Hansen/Christine Kliem 

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