Absage an das Dienstleistungsmodell: Der Bundesgerichtshof (BGH) zur Anerkennung von Personalzusatzkosten bei Dienstleistungsverträgen

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Personalzusatzkosten gelten als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile i.S.d. Anreizregulierungsverordnung (ARegV). Dies erkennt der Bundesgerichtshof (BGH) in ständiger Rechtsprechung an. Aber gilt das beim Netzbetreiber auch für Dienstleistungsverträge? Darüber hat der BGH am 12.11.2019 nochmals entschieden (Az. EnVR 109/18). Seine Antwort bleibt: Nein!

Zum rechtlichen Hintergrund

Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV gelten Kosten aus „betrieblichen und tarifvertraglichen Vereinbarungen zu Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen (…)“ als dnbKA. Werden diese Personalzusatzkosten (PZK) als nicht beeinflussbare Kostenanteile (dnbKA) anerkannt, senkt dies die bereinigte Kostenbasis nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ARegV, da die dnbKA von den zuvor ermittelten Gesamtkosten abgezogen werden.

Für den Effizienzvergleich geht nur diese um dnbKA bereinigte Kostenbasis in die Berechnungen ein, weshalb höhere dnbKA tendenziell zu verbesserten Effizienzwerten führen. Ferner können PZK als dnbKA jährlich (mit einem sog. t-2-Versatz) auch innerhalb einer Regulierungsperiode angepasst und in die Erlösobergrenze aufgenommen werden.

Die aktuelle Rechtsprechung des BGH betrifft alle Strom- und Gasverteilernetzbetreiber im regulären Verfahren, die Dienstleistungen von konzernverbundenen Unternehmen in Anspruch nehmen, um ihre Aufgaben als Netzbetreiber zu erfüllen.

Kosten für Dienstleistungen sind keine Personalkosten

Der BGH hat am 12.11.2019 entschieden, dass PZK, die der Verteilernetzbetreiber geltend macht und die aus der Abrechnung einer Dienstleistung entstehen, keine dnbKA darstellen. Er hob damit die erstinstanzliche Entscheidung (v. 12.09.2018, Az. VI-3 Kart 210/15 (V)) des OLG Düsseldorf auf. Das OLG Düsseldorf hatte – für die Branche durchaus überraschend – in einem Verfahren die Anerkennung der dnbKA auch auf Dienstleistungsverträge erweitert.

Der BGH bekräftigte, dass die geltend gemachten Kosten für den Netzbetreiber eigene Personalzusatzkosten darstellen müssen. Es reiche nicht aus, wenn das gezahlte Entgelt an die Erbringung von Dienstleistungen durch Dritte anknüpfe und nicht an die Überlassung oder Beschäftigung von Arbeitnehmern. Dies gelte selbst für den Fall, dass der Netzbetreiber die PZK, die beim Dienstleister entstehen, letztlich „im wirtschaftlichen Ergebnis zu tragen“ habe. Es sei – so der BGH – auch mit höherrangigem Recht vereinbar, zwischen Personalkosten und Kosten für Dienstleistungen zu differenzieren.

Unerheblich sei dabei, ob die Kosten für Dienstleistungen anhand bestimmter Tätigkeiten und Leistungen oder – wie im vorliegenden Verfahren – anhand der geleisteten Arbeitsstunden im Wege eines Vollkostenansatzes bestimmt würden.

Verbleibende Gestaltungsoptionen?

Mit dem Beschluss vom 12.11.2019 hat der BGH eindeutig entschieden, dass eine Anerkennung von PZK als dnbKA im sog. Dienstleistungsmodell grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Er stellt mit dieser Entscheidung klar, dass PZK nur dann als dnbKA bei Verteilernetzbetreibern anerkannt werden, wenn diese Kosten auch direkt (originär) als Aufwand für Lohnzusatz- oder Versorgungsleistungen beim Verteilernetzbetreiber anfallen. Damit erteilt der Kartellsenat des BGH möglichen Konstruktionen eine Absage, die dazu dienen, eine Anerkennung von PZK für durch andere Unternehmen erbrachte Dienstleistungen gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV als dnbKA allein durch entsprechende vertragliche Gestaltungen zu erlangen. Das Thema dürfte sich daher für die Branche weitgehend erledigt haben. Die Ungleichbehandlung verschiedener Konzernstrukturen im Effizienzvergleich besteht so allerdings leider fort.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Christian Theobald/Stefan Missling/Axel Kafka/Stefan Wollschläger

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