Bauzeitzinsen können auch bei den Überschusseinkünften Herstellungskosten sein
Für die Frage, ob Bauzeitzinsen die Abschreibungen erhöhen, kommt es nicht darauf an, ob man den Gewinn per Überschussrechnung oder per Bilanz errechnet. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden (Urt. v. 23.5.2012, Az. IX R 2/12) .
In dem entschiedenen Fall hatte der Eigentümer eines Grundstücks ein Mehrfamilienhaus errichtet, um es anschließend zu verkaufen. Aus diesem Grund machte er die während der sechsjährigen Bauphase entstandenen Finanzierungskosten nicht als vorab entstandene Werbungskosten geltend. Nachdem sich die Veräußerungsabsicht zerschlagen hatte, vermietete er das Gebäude aber. Bei der Errechnung der Gebäudeabschreibungen bezog er die angefallenen Bauzeitzinsen in die Berechnungsgrundlage ein.
Das Finanzamt lehnte es ab, die Abschreibungen von den um die Bauzeitzinsen erhöhten Herstellungskosten zu berücksichtigen. Dies sei zwar nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (§ 255 Abs. 3 Satz 2 HGB) zulässig, aber das gelte nur, wenn der Gewinn durch Vermögensvergleich auf der Basis von Bilanzen ermittelt wird. Bei der Ermittlung von Einkünften im Wege der Überschussrechnung durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Werbungskosten komme eine Berücksichtigung der Bauzeitzinsen nicht in Frage.
Das hat der BFH anders gesehen: Das Prinzip der Gleichheit des Totalgewinns verlange, bilanzierende und nicht bilanzierende Steuerpflichtige bei der Gesamtgewinnbetrachtung gleich zu behandeln. Dies bedeutet auch, dass Abschreibungen für den Bereich der Überschusseinkünfte nach den gleichen Grundsätzen zu errechnen sind, wie sie für Gewinneinkünfte gelten. Entscheidend sei allein, dass das Gebäude genutzt wird, um Einkünfte zu erzielen. Welchen Zweck man während der Herstellungsphase verfolgt hat, sei steuerrechtlich nicht relevant.
Ansprechpartner: Manfred Ettinger